0834 - Griff nach Armakath
dem der scheinbar bodenlose Schacht lauerte, erwartete ihn bereits die wunderschöne Frau, deren leuchtendes Haar bis zum Boden reichte; wie ein Mantel hüllte die Haarpracht den Körper der Wächterin ein, ließ nur erahnen, was dem Augen verborgen blieb.
Eines konnte sie vor Laertes jedoch nicht verbergen. Ihre Augen waren der Spiegel ihrer Seele. Sie sprachen eine deutliche Sprache, und hier und jetzt sagten sie dem Vampir, wie angeschlagen die Wächterin der weißen Stadt war.
Die Stadt braucht Freunde? Laertes glaubte in diesem Augenblick eher, dass es die Wächterin selbst war, die einer dringenden Unterstützung bedurfte.
»Ich kenne die Fragen, die du mir stellen willst, Dalius Laertes. Ich kenne deine Zweifel und deine Abneigung, dich in Belange einzumischen, die nicht die deinen sind.« Das war eine seltsame, jedoch direkte Begrüßung, mit der Laertes so nicht gerechnet hatte.
»Die Belange Armakaths sind nicht die meinen, richtig. Du solltest also gute Argumente haben, wenn du meine Hilfe willst. Und die der anderen. Wo sind sie?«
Die Wächterin brachte ein bemühtes Lächeln zustande. »Ich werde sie hierher holen. Sie sind bereits in der Stadt.« Laertes bemerkte, wie stark sich die Wächterin konzentrieren musste, um den Transfer zu bewerkstelligen. Das verdeutlichte nur noch die Schwächung der schönen Frau.
Professor Zamorra, Nicole Duval und Artimus van Zant materialisierten keine fünf Meter von Laertes entfernt. In ihren Gesichtern konnte der-Vampir keine Überraschung entdecken. Sie wussten, womit sie in der weißen Stadt zu rechnen hatten.
Die Begrüßung fiel kurz aus, denn Zamorra kam sofort zum Kern der Sache. Er wandte sich direkt an die Wächterin, die seinem Blick nicht auswich.
»Ich muss dir sicher nicht sagen, dass der magische Schutz über der Stadt geschwächt ist. Was beabsichtigt die Schwarze Familie? Sie können nicht wirklich glauben, dass Armakath von diesem… Pack eingenommen wird. Oder bist du schon so geschwächt?« Ehe die Wächterin antworten konnte, schoss der Professor direkt nach. »Vor allem würden wir von dir nun gerne wissen, warum ausgerechnet wir der weißen Stadt helfen sollten? Du nennst uns Freunde, aber mit welchem Recht tust du das? Was sollte es uns interessieren, ob hier eine weiße Stadt existiert? Wir haben keine Vorteile davon. Vielleicht hältst du uns für Söldner, aber ich versichere dir-das sind wir nicht.«
Nicole sah Zamorra von der Seite her an. Harte Worte, doch sie gab ihrem Gefährten Recht. Keiner von ihnen wusste, ob die weiße Stadt für die Erde nicht zur Bedrohung werden konnte. Ein neuer Machtfaktor in den Schwefelklüften, der hier für Unordnung sorgte, sicher, doch das war auch schon alles. Die Stadt hatte sich der Seelen von Menschen bedient, als sie sich auszuweiten begann. Dabei handelte es sich ganz sicher nicht um einen Freundschaftsakt.
Die Wächterin schien zu schwanken. Ohrenbetäubende Schreie ließen die Köpfe der nicht ganz freiwilligen Besucher Armakaths in die Nacken schnellen - alle starrten zu Himmel, wo die Flugechsen mit ihren Reiterinnen ein zweites Bombardement der ganz besonderen Art auf die Stadt niedergehen ließen. Die Wächterin taumelte… und van Zant war mit zwei schnellen Schritten bei ihr, um sie aufzufangen.
Es dauerte mehrere Herzschläge lang, bis deutlich wurde, dass die magische Abschirmung auch in diesem Fall gehalten hatte. Noch hielt sie…
Die Wächterin hatte sich wieder gefangen. »Die Wurzel ist der Ursprung einer jeden weißen Stadt - das wisst ihr längst. Durch sie kann die Stadt wachsen, sich ausdehnen. Doch irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem die Wurzel die Kraft und Hilfe ihrer Hüterin ganz in Anspruch nehmen muss. Und seit Sabeth nicht mehr in der Stadt ist, bin ich die Hüterin der Wurzel.«
Ihre Blicke wanderten wieder zum Firmament. Doch dort schien im Moment alles ruhig. Dafür nahmen die Attacken auf die Mauer an Heftigkeit zu. Die Horden der Hölle gaben in ihren Bemühungen nicht nach, die Einfassung mit allem zu bewerfen, was sie nur irgendwie bewegen konnten. Die Wächterin sah ihre Gäste der Reihe nach an.
»In dieser Zeit ist die Hüterin geschwächt… nun wisst ihr, warum ich eure Hilfe so dringend eingefordert habe. Nein, Armakath bietet euch zurzeit nichts… es gibt keinen Grund, warum ihr für die Stadt einstehen solltet. Ich kann euch darum also nur bitten.« Sie blickte Artimus an. »Krieger, ich habe dir gesagt, dass du vielleicht einmal für
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