0834 - Shaos Ende?
zugehört. Es sah so aus, als wollte sie an ihrer eigenen Wut ersticken. Sie bewegte den Mund und die Wangen, und plötzlich spie sie mich an.
Ich war durch die Gesichtsbewegungen gewarnt worden, zuckte zur Seite, so daß mich der Speichel verfehlte. Mein Grinsen machte sie wütend. Sie zerrte an ihrer Fessel und trampelte ein paarmal mit den Füßen. »Es lohnt sich nicht«, erklärte ich ihr. »In dieser Wohnung habe ich die Herrschaft. So wie Suko lasse ich mich nicht überraschen.«
»Du kannst nicht gewinnen.«
»Es kommt ganz allein auf Tatjana an.«
»Sie wird sich rächen.«
»Für Yannah - wie?«
»Ja.«
»Himmel, wie oft soll ich dir noch sagen, daß sie den falschen Weg gegangen ist?«
»Sie lebt nicht mehr.«
»Bist du sicher?«
Die Frau lief rot an. »Ja, sie ist tot. Warum sollte uns Tatjana belügen? Warum? Es hat keinen Sinn. Yannah war gut, sie hätte zu Tatjana gepaßt. Beide wären ein Tandem geworden, aber ihr habt sie umgebracht.«
»Nicht wir.«
»Sie ist tot!« brüllte Clara, als hing davon ihr Wohl ab. »Sie ist tot, tot, tot…!«
Ich sagte dazu nichts, denn ich wußte ja, daß sie recht hatte. Mein Bluff hatte nicht gewirkt. Daß Yannah gestorben war, hatte sie sich letztendlich selbst zuzuschreiben, denn sie hätte sich auf keinen Fall mit Mystic, dem Maniac, verbünden sollen. Aber sie hatte nicht verkraftet, daß ihr die Kräfte genommen worden waren, und auch Suko, der noch an ihrer Seite geblieben war, hatte sie von diesem Weg einfach nicht abbringen können. Er war in sie verliebt gewesen, denn die Hexe hatte meinen Freund fasziniert, aber er hatte nicht akzeptieren können, daß Yannah sich mit Dingen beschäftigte, die er auf keinen Fall akzeptieren konnte.
Shao, Suko und ich hatten gegen den Maniac und letztendlich auch sie gekämpft, und es war uns nicht gelungen, sie zurückzuholen, denn sie hatte sich selbst umgebracht.
Clara hatte sich wieder gefangen. Sie atmete heftig und bewegte bei jedem Atemzug ihren Körper.
Die hölzerne Sessellehne hatte einige Kratzer abbekommen, weil die Stahlfessel vor- und zurückgezerrt worden war.
Ich war froh, noch die alten Dinger zu besitzen. Das war noch Qualität. Wie es weiterging, wußte ich nicht, aber meine Ausgangsposition war nicht die schlechteste. Zweimal waren Tatjanas Pläne fehlgeschlagen. Das Feuer hatte mich nicht vernichtet, der direkte Angriff ihrer Freundinnen ebenfalls nicht.
Sie würde einen dritten Anlauf starten müssen, wenn sie etwas erreichen wollte. Darauf wartete ich, und ich brauchte bestimmt nicht lange zu warten, denn in der Nähe des Hauses hatte sie sich ja schon aufgehalten. Sie mußte was machen.
Um die beiden anderen Frauen brauchte ich mich nicht zu kümmern. Sie würden noch eine Weile in ihrem Zustand verharren, jetzt war Tatjana wichtiger. Ich wußte auch noch immer nicht, wohin man Suko gebracht hatte.
Wieder ging ich zum Fenster. Der Nachmittag näherte sich seinem Ende. Oft genug gibt es im Dezember trotz weihnachtlicher Straßenbeleuchtung sehr trübe Tage. Und dieser Tag zählte dazu. Es war eigentlich nie so richtig hell geworden, und nun, bei Anbruch der Dämmerung, zog sich der Himmel noch stärker zu.
Ein gewisses Zwielicht entstand. Beleuchtung, die gleichzeitig Schutz und Deckung geben konnte.
Besonders für eine Person wie Tatjana, die sich hoch über dem Erdboden bewegte.
Sie auszuschalten, war wichtig. Nur mußte ich dabei behutsam zu Werke gehen, denn sie war gleichzeitig die einzige Verbindung zu meinem Freund Suko. Nur sie wußte über ihn Bescheid, alles andere konnte ich vergessen. Die drei Gefangenen waren nur Mitläufer und sicherlich nicht in die wichtigen Dinge eingeweiht worden.
Ich stand am Fenster und drehte der Wohnung nicht den Rücken zu. Ich hatte mich schräg hingestellt, so daß ich nur in eine bestimmte Richtung schauen konnte.
Am Himmel bewegte sich nichts. Es blieb düster und ruhig. Der Wind war auch nicht aufgefrischt, und so wirkten die Wolken über der Stadt wie kompakte Berge.
»Wartest du, Sinclair?«
»Sicher.«
»Sie wird auch kommen, verdammt!«
»Das hoffe ich.«
»Dann wird sie dich zerreißen.«
Ich warf ihr einen Blick zu und grinste nur. »Nein, sie wird mich nicht zerreißen. Sie weiß genau, daß es unentschieden steht. Bis zum Sieg ist es noch weit.«
»Denkst du denn nicht an deinen Freund?«
»Immer.«
»Er ist bestimmt schon tot!«
Sie versuchte, mich aus der Reserve zu locken und durch ihre Worte an meinen Nerven zu
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