0834 - Shaos Ende?
Verliererstraße befand, und deshalb brachte sie sich um.«
Die Hexe schwieg. Daß sie innerlich aufgewühlt war, sah ich an den Zuckungen ihrer Haut über den Wangenknochen, und auch ihr Blick flackerte. Sie konnte es nicht einsehen, nicht fassen, und die nächste Frage drang flüsternd über ihre Lippen. »Wie, Sinclair? Wie soll sich Yannah umgebracht haben?«
»Dazu muß ich sagen, daß sie sich verändert hatte. Sie war nicht mehr die Person wie zuvor. Der Geist des Maniac war für sie einfach zu stark. Sie wurde eben äußerlich eine andere, ein Monstrum, das auch entsprechend aussah.«
»Wie?«
»Sie rammte sich die eigene Hand in die Kehle. Es war nicht mehr ihre normale Hand, ich hatte dir doch gesagt, daß sie durch Maniac verändert worden ist. Es war eine Krallenhand mit sehr spitzen und auch sehr scharfen Nägeln. Sie brauchte nur den Arm anzuheben, und in Halshöhe stieß sie ihre Kralle nach vorn. Genau in den Hals. Blut floß aus der Wunde, ich sehe es heute noch, wie damals.«
Tatjana war noch bleicher geworden. Sie zitterte, und dieses Zittern übertrug sich auch auf den Besen. »Du… du… warst dabei?« keuchte sie laut.
»Ja.«
»Und du hast nicht eingegriffen?«
»Warum sollte ich?«
»Du hast sie sterben lassen? Einfach sterben lassen? Vor deinen Augen verbluten?«
»Richtig!«
»Warum, verdammt noch mal? Warum denn? Was ist in dich gefahren? Du hättest sie retten können! Du hast doch gesagt, daß sie einen Weg gegangen ist, der…«
»Es gab keine andere Möglichkeit. Außerdem hat sie sich verändert. Sie ist nicht mehr die Weiße Hexe gewesen, die sie einmal war und deren Weg sie eingeschlagen hat. Bei ihr ist es etwas anderes geworden. Sie wollte nicht mehr, sie konnte nicht verkraften, daß sich die anderen Kräfte gegen sie gestellt hatten. Ihr war die Macht genommen worden, an die sie stark geglaubt hatte. Das konnte sie nicht überwinden, und deshalb war es eben der für sie einzige Weg.«
»Das erzählst du mir.«
»Weil es stimmt.«
»Was würde mir Yannah wohl antworten, wenn ich sie fragen würde?«
»Kann ich dir nicht sagen, weil es rein hypothetisch ist. Es gibt sie nicht mehr, aber so ist es gewesen.«
»Wer war noch dabei?«
»Das weißt du doch.«
»Ach ja? Dieser Suko, diese Shao…?«
»Oh, gratuliere. Du hast dich gut informiert. In der Tat waren sie dabei.«
»Ja, auch Shao.«
»So ist es…« Mir gefiel ihr Lächeln nicht. Tatjana hatte es erst aufgesetzt, als ich den Namen Shao erwähnte, und dieses Lächeln sagte mir mehr als Worte. Sie war durch meine Worte auf etwas gestoßen, mit dem sie wohl zurechtkam, das sie irgendwie sogar erwartet hatte, und das machte mich mißtrauisch.
»Ich habe ihn.«
»Suko?«
»Ja.«
»Sieh dich um. Deinen Freundinnen geht es auch nicht gerade gut. Zwei von ihnen haben mich töten wollen. Ich weiß nicht, wer ihnen den Befehl gab, aber sie haben es nicht geschafft. Im Gegenteil, ich hätte sie vernichten können, ließ es bleiben, denn ich will kein unnötiges Aufschaukeln, ich will den Haß und die Fronten nicht noch mehr verstärken. Was ich will, ist ganz einfach.«
»Was denn?«
»Einen Kompromiß.«
Tatjana mußte damit gerechnet haben, trotzdem tat sie sehr überrascht. Sie schaute mich an, als hätte sie einen völlig Fremden vor sich, der ihr etwas Unanständiges mitgeteilt hatte. Es war von Todfeinden gesprochen worden, doch zwischen Todfeinden konnte es keine Kompromisse geben, wenigstens nicht in ihrem Sinn, und ich las die Frage praktisch von ihrem Gesicht ab. Dann sprach sie die Worte trotzdem aus. »Wie hast du dir das denn vorgestellt?«
»Ganz einfach. Es ist der Austausch.«
»Wieso?«
»Du läßt Suko frei, und als Gegenleistung bekommst du deine drei Helferinnen zurück.«
Tatjana schwieg. Überlegte sie, überlegte sie nicht? Ließ sie sich gewisse Dinge durch den Kopf gehen? Von der Einstellung her war es nicht ihre Art, auf Kompromisse einzugehen. Das war sie nicht gewohnt, denn jemand wie sie sah sich immer als Siegerin an. Und Sieger opferten. In diesem Fall würden es ihre Freundinnen sein. So zumindest schätzte ich sie ein und war gespannt, ob ich damit recht behielt.
Tatjana rang sich zu einem Lächeln durch. Ich wußte genau, daß es nicht echt war. Sie zuckte dabei auch mit den Augen und hob sogar die Schultern. »Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, Sinclair. Ich sitze am längeren Hebel.«
»Meinst du?«
»Ja.« Dreimal zuckte ihr Arm vor. Dabei deutete ihr
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