0834 - Shaos Ende?
deshalb hatte erkennen können. Ja, es waren die veränderten Augen, die ihm klarmachten, daß er keiner Täuschung erlegen war. Alles lief genau in diese Richtung, denn Shao hatte mit ihm Kontakt aufnehmen wollen. Alles andere konnte er vergessen.
Er mußte sich beruhigen. Er mußte einfach Luft holen. Er mußte wieder normal werden und sich damit abfinden, daß sich doch etwas verändert hatte.
Shao bewegte sich nicht. Sie war zu einer Puppe degradiert worden.
Suko wollte die Entfernung zwischen ihnen nicht zu groß halten, deshalb gab er sich einen Ruck, hob die Beine langsam an und schlurfte auf die Gefangene zu.
Vor ihr blieb er stehen.
Wieder einmal…
Er schaute zu ihr hoch.
Noch immer hielt sie die Augen halb geschlossen, und Suko konnte nicht erkennen, ob sie ihn anschaute oder nicht. Sie blinzelte auch nicht, ihre Pupillen waren starr, als bestünden sie aus Eis.
»Shao…?« hauchte er den Namen seiner Partnerin.
Keine Reaktion. Nicht mal ein müdes Lächeln. Sie reagierte nicht.
Mühsam hob Suko die rechte Hand. Die andere machte die Bewegung zwangsläufig mit, auch wenn sie etwas tiefer blieb als ihr Gegenüber. Suko hoffte einfach darauf, durch die körperliche Berührung seiner Partnerin eine Reaktion zu erhalten.
Zitternd fuhren die Fingerkuppen über ihr kaltes Gesicht. Das Ergebnis war diesmal anders als bei den ersten Versuchen.
Shao reagierte.
Nur ein leichtes, kaum wahrnehmbares Zucken, aber sie hatte sich geregt. Ein Anfang war gemacht.
Später würde sie bestimmt reden können, und Suko war so aufgeregt, daß er seinen Herzschlag doppelt spürte.
»Shao… Shao…« Er kam sich vor, als hätte er sie von den Toten zurückgeholt.
»Suko…«
Wieder sackte ihm der Stein vom Herzen. Da war es wieder gewesen, dieses eine Wort nur, die vier Buchstaben, mit denen sie seinen Namen ausgesprochen hatte.
»Ich bin hier.« Suko merkte, wie seine Stimme bei der Antwort zitterte.
»Ich… ich bin tatsächlich hier. Meine Güte, ich habe dich gefunden. Du brauchst jetzt keine Angst mehr zu haben. Ich bleibe bei dir, Shao.«
Sie gab keine normale Antwort, sondern stöhnte nur auf, und dieses Stöhnen durchdrang Suko wie ein Messerstich. Es tat ihm so verdammt weh. Wahrscheinlich hatte Shao festgestellt, wie stark ihre Bewegungsfähigkeit eingeschränkt war, und sie kam damit bestimmt nicht zurecht.
Suko hatte sich auf ihre jetzt offenen Augen konzentriert. Längst war die Leere daraus verschwunden, sie hatten einen völlig anderen Ausdruck bekommen, als wäre Shao dabei, allmählich ihre Erinnerung zurückzugewinnen.
Es dauerte Suko alles zu lange. Endlich hatte er die Chance, mit Shao zu reden, da versagte sie oder konnte nicht. Er wußte auch, daß es keinen Sinn hatte, sie zu drängen. Sie würde ihren Mund nicht öffnen, wenn sie nicht konnte.
Als sie ihre Lippen verzog, wußte Suko sofort, daß sie es wegen der Schmerzen getan hatte, die durch ihre Arme zuckten. Die verdammte Haltung war schon mit einer Folter zu vergleichen.
»Ich… ich… kann dich nicht befreien, Shao. Du mußt schon so bleiben. Aber ich verspreche dir, daß ich es bald schaffen werde. Du kommst hier raus, glaube mir. Ich werde es packen. Ich hole dich hier weg, dann wirst du für immer bei mir bleiben. Du wirst nicht mehr gehen, du wirst das Reich der Sonnengöttin nicht betreten. Du hast ja erlebt, wie wenig sicher es ist. Was haben Sie nur aus dir gemacht? wo ist deine Halbmaske, wo deine Waffe…?«
»Weg…«
Suko redete nicht mehr weiter, als er Shaos Antwort vernahm. Plötzlich wußte er, daß ihre Erinnerung zurückkehren würde und sie sich bereits auf der Schiene befand, die Suko ebenfalls eingeschlagen hatte. Deshalb blieb er auch weiterhin stumm und schaute sie nur starr und auffordernd an.
Sie bewegte ihren Mund und suchte nach Worten, sie formte sie mit der Zunge, aber es fiel ihr schwer, sie auch auszusprechen. Immer wieder schnappte sie nach Luft. Erlittene Qualen zeichneten ihr Gesicht, und Suko flüsterte ihr zu, nichts zu sagen, wenn es ihr zu schwer fiel.
»Doch, ich werde reden, ich muß… die… die… Wand ist aufgebrochen worden.«
»Welche denn?«
»Die mich schützte. Meine Welt…«
»Jemand drang ein, nicht wahr?«
»So ist es gewesen, Suko, genau so.«
»Wer?« Obwohl Suko die Antwort kannte, wollte er es doch mit hundertprozentiger Sicherheit wissen.
»Eine Frau. Eine schöne Frau. Schwarze Haare, ein interessantes Gesicht. Ich ließ mich nicht täuschen. Da war etwas
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