0838 - Wo die Angst zu Hause ist
zurück und pfiff durch die Zähne. »Natürlich, Jane Collins.«
»Wieso?« fragte sie ganz unschuldig und zauberte noch einen Augenaufschlag herbei.
Ich verschluckte zunächst die Antwort, weil das Mädchen meinen Teller abräumte. »Du möchtest also mit?«
Sie zwinkerte mir zu. »Klar, John, irgendwo brennt mir der Hintern.« Den letzten Satz hatte sie nur geflüstert. »Nichts gegen Lady Sarah, sie ist lieb und unwahrscheinlich reizend. Aber in der letzten Zeit ist einfach zuwenig passiert. Ich möchte und muß mal wieder raus und Action haben.«
Das konnte ich verstehen. Jane Collins war kein Mensch, der lange im Haus blieb. Sie hatte ihren Job, nicht eben ungefährlich für eine Frau, aber daran hing sie mit jeder Faser ihres Körpers.
»Na, was sagst du?«
Ich winkte mit beiden Händen ab. »Erst einmal muß ich sehen, wie sich der Fall entwickelt.«
»Bestimmt positiv.«
Ich fragte: »Was bedeutet das?«
»Kann ich dir konkret nicht sagen.«
Über abstrakte Dinge wollte ich nicht reden. Konkret jedenfalls war mein hauchdünn geschnittener Fisch, der hervorragend schmeckte, dank seiner Sauce und dank seiner Gewürze. Jane schaute mir sogar etwas neidisch zu, bestellte sich selbst aber nichts.
»Hast du dich denn entschieden?« erkundigte sie sich, als ich mir den Mund abtupfte.
»Wofür?«
»Gegen oder für mich?«
»Himmel, Jane«, ich gab mir Mühe, ein gequältes Gesicht zu zeigen. »Es ist alles noch nicht sicher. Ich hänge in der Schwebe ebenso wie Sir James. Deshalb kann ich dir keine Antwort geben. Es ist auch möglich, daß dieser Sellnick mich geleimt hat.«
»Warum sollte er?«
»Was weiß ich? Aus persönlichen Gründen. Ablenkungsmanöver oder etwas in dieser Richtung. Das alles läuft mir verdammt quer. Deshalb brauche ich ihm allerdings nicht zu trauen.«
»Ich traue ihm auch nicht.« Jane gab mir die Antwort nickend. »Weißt du, ich kenne ihn im Gegensatz zu dir nicht persönlich, aber ich brauche mir nur seine Anzeigen ins Gedächtnis zurückzuholen, um zu ahnen, welch eine Persönlichkeit dahintersteckt. Er ist extrovertiert, er ist ein Schaumacher und er ist von sich überzeugt.«
»Bravo. Du hast hier eine tolle Ferndiagnose gestellt.«
»Habe ich nicht recht?«
»Kann ich noch nicht sagen.«
In diesem Fall wollte ich mich jetzt noch nicht so weit aus dem Fenster beugen und zunächst abwarten, ob unser Beobachtungsteam einen Erfolg erreichte. Wenn das der Fall war, könnten wir eingreifen.
Ich winkte die Bedienung herbei. Sie kam nicht, dafür der Wirt persönlich. Er strahlte uns an, besonders natürlich Jane Collins. »Nun? Hat es geschmeckt?«
»Es war hervorragend!« lobten wir wie aus einem Mund.
Der Wirt freute sich. Er wollte uns noch einen Grappa servieren. Jane lehnte ab, ich nicht.
Als Luigi mit dem Wechselgeld erschien, stellte er mir das schwere Glas auf den Tisch. »Salute«, sagte er.
»Ja, zur Gesundheit.«
Der Grappa tat gut und wärmte den Magen wieder richtig durch.
Dann wurde es für uns Zeit. Jane war schon aufgestanden. Ich half ihr in den Mantel, und sie blieb wie selbstverständlich an meiner Seite, als wir die kurze Strecke zum Yard zurückgingen. »John, ich brauche mal wieder Action. Dieses Jahr hat für mich eigentlich zu langweilig begonnen. Ein Soldat würde sagen, daß er wieder an die Front muß.«
»Hast du denn nicht genug bei Lady Sarah zu tun?«
»Ja, das schon«, dehnte sie, »aber es sind praktisch Büroarbeiten. Ein Computer mag bei manchen Menschen vieles ersetzen können, aber das wahre Leben hat damit nichts zu tun.«
Da mußte ich ihr recht geben.
Im Büro angekommen, schaute sich Jane verwundert um. »Wo steckt Glenda denn?«
»Sie hat ein paar Tage frei.«
»Deshalb bist du allein gekommen. Sonst hättest du sie doch mitgebracht, denke ich mal.«
»Kann auch sein.«
Jane durchquerte die beiden Räume. »Komisch, wenn man außer uns keine bekannten Gesichter sieht.«
»Stimmt.«
»Wann kehren Suko und Shao zurück?« Sie fragte mich das in Glendas Büro und neben der Kaffeemaschine stehend, denn sie wollte uns einige Tassen kochen.
»Keine Ahnung.«
»Wo sind sie überhaupt?«
»Auch keine Ahnung.«
Jane stellte die Maschine an. »Sind die beiden weit weg?«
Ich hob die Schultern. »Frage mich etwas Leichteres. Wie ich die beiden einschätze, haben sie die kalten Regionen jedoch verlassen. Ich kann mir vorstellen, daß sie irgendwo am Strand liegen und sich die Sonne auf die Bäuche scheinen lassen.
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