084 - Medusenblick
nichts mehr sagen willst?« Er wurde ernst. »Wir machen ein andermal weiter, okay? Jetzt ist Phorkys wichtiger. Wenn er ausgerechnet heute in London aufkreuzt, hat das meiner Ansicht nach nur einen einzigen Grund. Man muß sofort etwas gegen diesen Höllenbastard unternehmen. Er darf erst gar nicht zum Zug kommen. War nett, daß du dir die Mühe gemacht hast, mich persönlich zu informieren. Ein Anruf hätte es aber auch getan, und das wäre schneller gegangen.«
»Wenn du denkst, mich abschieben zu können, bist du auf dem Holzweg. Ich fahre nicht wieder nach Hause. Ich komme mit. Deshalb bin ich hier.«
»Hör mal, Kleiner… äh, Cruv… Wenn Phorkys mitmischt, kann die Angelegenheit verdammt haarig werden.«
»Ich habe keine Angst vor dem Vater der Ungeheuer.«
»Dein Mut in allen Ehren, aber ich möchte nicht, daß dir etwas zustößt.«
»Ich übernehme die Verantwortung für mich selbst!« sagte Cruv entschieden. »Und nun laß uns endlich etwas unternehmen.«
»Na, meinetwegen«, sagte der Ex-Dämon. »Wir nehmen sicherheitshalber auch Boram mit. So ein erlesenes Trio wird Phorkys kaum schlagen können.«
***
Roderick Luxon stöhnte immer lauter. Mehr und mehr schwoll seine Hand an, und die Schlangenhaut breitete sich aus. Jetzt waren auch schon die Finger geschuppt. Er atmete schwer, und der Schweiß rann ihm in kleinen Bächen über das verzerrte Gesicht.
»So etwas habe ich noch nicht erlebt«, sagte der Polizeiarzt verdattert.
»Wie kann er eine Schlangenhaut kriegen?« fragte Efrem Bogarde verstört.
»Ich weiß es nicht«, sagte der Doktor.
»Es muß irgendwie mit diesem Ungeheuer zusammenhängen«, sagte Sterling Wasson.
»Doc«, gurgelte Luxon verzweifelt. »Helfen Sie mir… Diese Schmerzen… Ich halte sie nicht mehr aus… Tun Sie etwas… Irgendwas… Schneiden Sie meinetwegen die verdammte Hand ab…«
»Das… das ist unmöglich, Mr. Luxon.«
»Sie müssen mir helfen, sonst bringt es mich um… Wollen Sie schuld sein an meinem Tod?« Luxon knallte die Hand auf den Tisch. Seine Finger glichen jungen Schlangen. »Nehmen Sie ein Messer! Ein Beil! Eine Axt!«
»Liebe Güte, Sie sind hier nicht bei Holzfällern, Mann!« stieß der Inspektor konfus hervor. »Dies ist eine Polizeistation!«
»Befreien Sie mich von dieser Hand, Doktor!« brüllte Roderick Luxon.
»Das kann ich nicht.«
»Sie sind doch Arzt. Es ist Ihre Pflicht, mir zu helfen! Tun Sie's! So tun Sie's doch endlich!« Luxon sprang auf. Er stürzte sich auf den Doktor. »Du verdammter Mistkerl, ich bringe dich um, wenn du mir nicht hilfst!« Er würgte den Polizeiarzt.
»Mr. Luxon!« schrie Inspektor Bogarde. »Lassen Sie den Doktor los! Mein Gott, er bringt ihn um!«
Der vierschrötige Luxon drehte sich mit dem Polizeiarzt. Er rammte den Mann gegen die Wand. Der Doktor bekam keine Luft. Panik verzerrte seine Züge, und er wehrte sich verzweifelt, doch er hatte keine Chance.
Sterling Wasson und Efrem Bogarde eilten dem Doktor zu Hilfe. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, die Männer voneinander zu trennen, doch Roderick Luxon wurde immer rabiater. Er stieß den Fahrlehrer nieder und beförderte den Inspektor mit einem brutalen Faustschlag durch das Büro.
Efrem Bogarde knallte gegen die Tür, und Luxon ging schon wieder auf den Polizeiarzt los.
Da riß Bogarde die Tür auf und rief seine Männer herein. Diese überwältigten den kräftigen Mann mit großer Mühe. Es ging dabei einiges im Büro des Inspektors zu Bruch, und Roderick Luxon war kaum festzuhalten. Von Reue keine Spur.
»In die Ausnüchterungszelle mit ihm!« rief Bogarde mit belegter Stimme, und die Beamten schafften ihn fort.
Chaotisch sah es in Bogardes Büro aus. Er machte flüchtig Ordnung und fragte dann den Arzt: »Sind Sie okay, Doc?«
Immer noch massierte der Polizeiarzt seinen schmerzenden Hals. »Es geht schon wieder.«
»Was ist bloß in diesen Mann gefahren?« sagte der Inspektor kopfschüttelnd.
»Das fragen Sie noch?« platzte es aus Sterling Wasson heraus.
»Mit diesem Mann passiert etwas ganz Entsetzliches, Inspektor. Roderick Luxon hat nicht nur ein Ungeheuer gesehen, wenn mich nicht alles täuscht, wird er auch selbst eines!«
***
Drei Dinge gab es zu erledigen.
Einer mußte sich zur Polizeistation begeben und mit den beiden Männern reden, die das Ungeheuer gesehen hatten. Einer mußte Paddington durchkämmen und nach Phorkys suchen, und einer mußte zu Tony Ballard und Pater Severin eilen, um sie zu
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