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084 - Medusenblick

084 - Medusenblick

Titel: 084 - Medusenblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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war überflüssig. Er regte sich ohnedies nicht.
    Ich zog den Colt Diamondback und verschwand hinter der offenen Tür. Von den Dochten der gelöschten Kerzen stiegen dünne Rauchfäden auf, die zur Tür hinausschwebten.
    Ich konzentrierte mich auf die näherkommenden Geräusche. Jemand bewegte sich zweifellos auf die Tür zu. Ich preßte mich gegen die Wand. Mein Kreislauf war gehörig auf Touren. Nichts entging mir.
    Die Schritte erreichten die Tür, verharrten einen Augenblick, gingen weiter. Ich wartete noch zwei Sekunden, dann handelte ich. Die Tür bekam von mir einen kräftigen Stoß und knallte zu.
    Ich sprang im selben Moment vor und zielte mit meiner Kanone auf… Cruv!
    ***
    Der Zauberer Angelo d'Alessandro hatte Boram, den Nessel-Vampir, geschaffen. Ursprünglich war Boram ein schwarzes Wesen und hatte gegen Tony Ballard gekämpft. Um sein Leben zu retten, hatte der Zauberer mit Hilfe eines magischen Spruchs den schwarzen in einen weißen Vampir umgewandelt, der der Ballard-Crew seither schon recht wertvolle Dienste geleistet hatte.
    Boram sah sich als Tony Ballards Diener, deshalb nannte er diesen auch häufig »Herr«, obwohl Tony das nicht wollte. Der Dämonenjäger betrachtete den Nessel-Vampir nicht als seinen Diener, sondern als seinen Freund.
    Genaugenommen besaß Boram keinen Körper. Er war lediglich eine Dampfgestalt, doch wenn es erforderlich war, konnte er den Nesseldampf so weit verdichten, daß daraus ein Körper wurde.
    Er war aber auch imstande, den Dampf so sehr auszudehnen, daß seine Gestalt so gut wie nicht zu sehen war.
    Er lebte von schwarzer Energie. Das war seine Nahrung. Er saugte sie in sich auf und wandelte sie in weiße Energie um, die ihn stärkte.
    Kam man mit ihm in Berührung, so war das nicht nur äußerlich schmerzhaft, er zog auch sofort Energie an sich und man fühlte sich gleich schwächer. Längere Kontakte konnten zur totalen Erschöpfung führen. Es war deshalb auch für einen Freund nicht ratsam, dem Nessel-Vampir jovial auf die Schulter zu klopfen.
    Aufmerksam durchstreifte der weiße Vampir das nächtliche Paddington. Er suchte Phorkys. Mr. Silver hatte ihn vor dem Vater der Ungeheuer gewarnt, aber Boram würde ihn dennoch unerschrocken angreifen.
    Er erreichte einen kleinen Park.
    Plötzlich stutzte er.
    Jemand eilte durch die Dunkelheit, eingehüllt in einen rabenschwarzen Umhang. Kein Mensch kleidete sich so.
    Das mußte Phorkys sein!
    Boram hatte den Feind gefunden!
    ***
    »Cruv!« sagte ich überrascht, entspannte mich und ließ den Colt Diamondback sinken. Als die Tür zuknallte, war der häßliche Gnom herumgefahren, hatte den Ebenholzstock gehoben und den faustgroßen Silberknauf gedreht, woraufhin unten aus dem Stock drei magisch geladene Spitzen herausgeschnellt waren.
    Jetzt zog er die Spitzen wieder ein.
    Wieder einmal hatte er bewiesen, wie blitzartig er zu reagieren vermochte, aber gegen meinen Colt wäre er trotzdem Zweiter geblieben.
    »Tony«, kam es über seine Lippen, und sein Blick huschte gespannt an mir auf und ab. Er wußte vom Marbu-Gift, und er schien nicht sicher zu sein, ob er mir trauen konnte. Deshalb blieb auch seine Hand auf dem Knauf.
    »Wieso kommst du hierher?« fragte ich den Kleinen.
    Damit er sah, daß er nichts zu befürchten hatte, steckte ich den Revolver weg, und erst jetzt stellte der Gnom den Stock auf den Boden.
    »Phorkys ist in London«, sagte der Knirps.
    »Das weiß ich, aber woher weißt es du?«
    Er informierte mich und fragte dann verblüfft: »Du weißt es?«
    Ich erzählte ihm, was geschehen war. Als ich Pater Severin erwähnte, wies ich mit dem Kopf nach ihm. Cruv drehte sich um und sah den Priester auf der Truhe sitzen.
    »Was kann man dagegen tun, Tony?« fragte er erschüttert.
    »Ich weiß es nicht, Cruv«, antwortete ich ernst. »Aber es muß eine Möglichkeit geben, ihm zu helfen. Es gibt ganz bestimmt eine, und wir werden sie finden.«
    ***
    Boram wechselte von einem Gebüsch hinter ein anderes und duckte sich zum Sprung. Wenn Phorkys die Richtung beibehielt, mußte er hier vorbeikommen.
    Der schwarze Umhang knatterte leise, und dann war Phorkys heran, ohne den Nessel-Vampir zu bemerken. Boram ließ ihn an sich vorbei, aber nur zwei Schritte, dann schnellte sich die Dampfgestalt ab.
    Mit ausgebreiteten Armen flog Boram hinter dem Vater der Ungeheuer her. Er krallte seine verdichteten Finger in den weiten Umhang und riß Phorkys zurück.
    Der Vater der Ungeheuer stieß ein überraschtes Knurren aus.

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