084 - Medusenblick
eingeschlossen war, und befahl der mächtigen Teufelskraft, sich auf der Stelle fortzumachen und nie zurückzukehren.
Ein solcher Ring stand Pater Severin nicht zur Verfügung, aber er zeigte mir eine geweihte Wurzel, die jener in Eleazars Ring aufs Haar glich.
Er schlug einen dicken Folianten auf, in dem die Wurzel abgebildet war, und legte die andere Wurzel neben die Zeichnung. Es hätte ein und dieselbe sein können.
»Bist du bereit?« fragte mich Pater Severin ernst. »Kann ich mit der Austreibung des Bösen unter Anrufung des einen Gottes beginnen?«
Ich nickte.
»Dann lege dich hier auf den Boden.«
Ich kam der Aufforderung des Priesters nach. Ein lästiges Kribbeln ging durch meine Glieder. Marbu war gegen das, was passierte, aber noch hatte ich Oberwasser und ich entschied mich gegen Marbu !
Ich mußte Arme und Beine abspreizen, und Pater Severin rückte die Messingkerzenständer näher heran. Ich sah, wie er sich bekreuzigte, und er verlangte das gleiche von mir.
Meine Hand wollte nicht gehorchen.
Marbu!
Aber ich zwang mich dazu, und das Kreuz, das ich schlug, schmerzte mich tief im Innern.
Pater Severin sprach ein Gebet. Er redete so leise, daß ich kein Wort verstehen konnte. Es hörte sich für mich wie ein sinnloses Gebrabbel an.
Während des Gebets steckte der Priester eine Kerze nach der anderen an. Bald brannten sie alle, und ihr unruhig flackernder Schein tanzte auf mir.
Das war mir unangenehm, und die Unruhe der Kerzenflammen ging auf mich über. Wenn mich das schon beunruhigte, wie würde es erst werden, wenn Pater Severin mit der eigentlichen Teufelsaustreibung begann?
Ich konzentrierte mich auf den Priester.
In mir war eine merkwürdige Angst. Ich kam mir vor wie ein Patient, den man in den Operationssaal gefahren hat und der noch bei vollem Bewußtsein ist. Er kriegt mit, was um ihn herum passiert und kann nichts weiter tun, als sich fürchten und hoffen, daß alles gutgehen wird.
Pater Severin erhob seine Stimme, doch ich verstand die Worte, die aus seinem Mund kamen, nicht. Ich lief Gefahr, der Wirklichkeit zu entrücken.
Und es geschah ohne mein Zutun. Marbu zeichnete dafür verantwortlich. Mir kam vor, als wollte sich die schwarze Kraft in mir gegen das Bevorstehende schützen.
War es ihr möglich, die Teufelsaustreibung abzublocken? Konnte sie mich mit einem Panzer versehen, den kein Gebet, keine Formel, kein Spruch zu durchdringen vermochte?
Ich kämpfte dagegen an, wollte keine Abwehrmaßnahme zulassen. Schweiß brach aus meinen Poren, als ich erkannte, daß alle meine Anstrengungen ins Leere stießen.
Marbu und mein Wille bewegten sich anscheinend auf zwei verschiedenen Ebenen, deshalb konnte ich die schwarze Kraft nicht beeinflussen. Ich wollte Pater Severin über meinen Zustand informieren, doch kein Wort kam über meine Lippen.
Stumm lag ich auf dem Boden und konnte nur geschehen lassen, was passierte. Ein trüber Schleier legte sich auf meine Augen. Ich sah Pater Severin verschwommen, zerfließend.
Er wechselte immer wieder die Position. Mal sprach er mit gefalteten Händen, dann streckte er diese vor, so daß die Handflächen nach unten wiesen, und ich hörte unverständliche Worte.
Vielleicht hätten sie mich beeinflussen sollen, aber ihr Sinn kam nicht zu mir durch.
Marbu schien mich blind und taub machen zu wollen, und es schien keinen Sinn zu haben, dagegen anzukämpfen. Ich tat es trotzdem, und ich wollte Pater Severin bitten, die Zeremonie zu unterbrechen, aber ich brachte kein Wort heraus.
Sah der Priester denn nicht, daß ich ihm etwas sagen wollte? Konnte er nicht etwas tun, damit mir meine Zunge wieder gehorchte? Vielleicht hätte es genützt, mir eine geweihte Hostie zwischen die Zähne zu schieben, doch ich konnte das nicht verlangen, und Pater Severin tat es nicht von selbst.
Er setzte den Exorzismus fort, und mir war, als würde ich mehr und mehr in Trance verfallen.
Das bewirkte nicht Pater Severin.
Dahinter steckte zweifelsohne Marbu.
Mein Geist sollte nicht fähig sein, den Exorzismus aufzunehmen und zu verarbeiten. Nichts von dem, was Pater Severin tat, sollte fruchten.
Deshalb versetzte mich Marbu in Trance, und mein Gedächtnis hakte aus…
***
Phorkys setzte seine Kraft überall für die Hölle ein, ob in der Feuerwelt, im Reich der grünen Schatten, auf Protoc, der Affenwelt, auf der Prä-Welt Coor oder sonstwo… Überall hatte der Vater der Ungeheuer schon sein Unwesen getrieben. Jede Dimension, jede Welt war ihm für seine
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