0841 - Erst lieb ich dich, dann beiß ich dich!
Nicht zu spät.«
»Wann beginnt die Feier?«
»Die genaue Uhrzeit weiß ich nicht. Es ist auch zwanglos, wie ich hörte. Da wird irgendeine Ausstellung eingeweiht. Bilder spanischer Künstler der Avantgarde.«
»Also keinen Smoking.«
»Wo denkst du hin!« Sie schaute auf die Uhr. »So ich glaube, ich muß weiter.«
»Ist Bill im Haus?«
»Kann sein. Er wollte noch etwas schreiben.«
»Worüber?«
Sie verzog die Mundwinkel. »Was interessiert ihn wohl in der letzten Zeit? Spanien. Er will etwas darüber schreiben. Einen Artikel, aber frage mich nicht nach dem Inhalt. Möglicherweise bereitet er die unheimliche oder seltsame Geschichte auch auf. Aber das kannst du ihn alles selbst fragen.«
»Werde ich auch.« Da sich die Kellnerin in unserer Nähe aufhielt, winkte ich ihr. Sie hatte Zeit, kassierte ab und erhielt von mir noch ein Trinkgeld.
»Danke für die Einladung, John«, sagte Sheila, als ich dabei war, ihr in den Mantel zu helfen.
»Hör auf.«
Wir konnten das Café nur durch den Vordereingang verlassen. Es war in dem Raum sehr warm gewesen, draußen empfing uns ein böiger Februarwind, der auch dicke Wolken wie flüchtende Hunde über den Himmel trieb.
Sheila hatte auf dem Parkplatz eine Stelle für ihren Wagen gefunden. Wir verabschiedeten uns und sie hauchte mir einen Kuß auf die Wange. Ich spürte dabei ihr Zittern und beruhigte sie noch einmal.
Sie stieg ein. Dabei hielt sie den Kopf hoch. »Frauen spüren so etwas«, sagte sie nur.
»Wir werden sehen.«
Ich blieb stehen und sah ihr zu, wie sie aus der Parktasche rollte, dann nach links fuhr und mir anschließend die Rückleuchten zeigte. Ich schaute ihr so lange nach, bis ich den Wagen nicht mehr sah, dann drehte ich mich um und ging.
Meinen Wagen hatte ich an einem anderen Ort abgestellt. Es war gut, wenn ich einige Schritte zu Fuß ging, denn so konnte ich mich meinen Gedanken hingeben.
Es gab einiges zu überlegen.
Was war mit Bill los? In welches Wespennest hatte mein Freund da gestochen? Gab es diese geheimnisvolle Frau tatsächlich, von der Sheila beinahe schon überzeugt gewesen war?
Keine Ahnung.
Eines spürte ich.
Da lief etwas, da war etwas im Busch, und ich würde herausfinden, was es war…
***
Mitternacht war längst vorüber. Die vierte Morgenstunde war angebrochen, und noch hing die Dunkelheit über der Stadt.
Im Schlafzimmer, das in seinen Ausmaßen an einen kleinen Saal erinnerte, brannte Licht. Das große Himmelbett paßte zu den antiken Möbeln, dem Spiegel über der Kommode, den beiden breiten Schränken aus der Zeit des Barock und den hohen Fenstern.
Das Bett war belegt.
Zwei Menschen lagen darin. Die Frau schlief. Der Mann lag wach, starrte zur holzgetäfelten Decke, als könnte er dort irgendwelche Bilder erkennen.
Juan Sanchez atmete tief durch. Es glich schon einem Seufzen, und seine Lippen bewegten sich zuckend, als er daran dachte, was ihm die blonde Cynthia versprochen hatte.
Sie würde ihn besuchen.
In dieser Nacht, ganz bestimmt. Es war kein Bluff, sie würde kommen, nur zu ihm.
Er hatte sie ausgelacht und sie daran erinnert, daß Maria, seine Frau neben ihm lag, doch dieses blonde Vollweib hatte nur den Kopf geschüttelt und ihm erklärt, daß sie es schon irgendwie machen würde. Er sollte sich nur überraschen lassen.
Auf diese Überraschung wartete Sanchez noch immer. Er war erst kurz vor Mitternacht zu Bett gegangen und hatte sich noch in seinem Arbeitszimmer aufgehalten. Die Botschaftsräume waren großzügig geschnitten, das Haus brauchte den Vergleich mit einem kleinen Schloß kaum zu scheuen, auch in Bezug auf Komfort und Luxus. Er hatte kaum schlafen können, im Gegensatz zu der neben ihm liegenden Maria, die sofort eingeschlafen war.
Kurz vor dem Zubettgehen hatte sie noch mit diesem Bill Conolly gesprochen. Sehr intensiv und flüsternd, was Juan überhaupt nicht gefallen hatte, aber er durfte sich keinen Vorwurf machen.
Schließlich war er es gewesen, der den Mann ins Haus geholt hatte, weil einige Dinge nicht stimmten.
Morgen würde die Ausstellung eröffnet, und morgen würde auch SIE dabei sein.
SIE, die Frau, das Weib! Diese herrliche Person, die Künstlerin, die trotz ihrer Jugend erfolgreich war und eine irrsinnig weibliche Ausstrahlung hatte, die natürlich auf einen Mann wie Juan einen starken Eindruck ausübte.
Sie war die Person, um die sich in den letzten Tagen alles gedreht hatte.
Sie wohnte in der Botschaft, nur eben in einem anderen Flügel, aber sie hatte
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