0841 - Erst lieb ich dich, dann beiß ich dich!
Sanchez versprochen, während der Nacht bei ihm zu erscheinen. Er hatte ihr den Vorschlag gemacht, sich woanders zu treffen, sie aber hatte abgelehnt und erklärt, daß sie ihn nicht kompromittieren wollte. Er sollte sie es schon machen lassen.
Juan dachte über sie nach. Welche Frau war es?
Spanierin? Ja und nein. Cynthia Droux hieß sie. Angeblich stammte sie aus dem Baskenland, was gut möglich war. Zumindest verstand sie die Sprache, aber sie konnte sich auch in Spanisch, Französisch und Englisch unterhalten. Sie war eben ein Weltmensch, und es gab keinen Mann, auf den sie nicht großen Eindruck gemacht hätte.
Selbst Bill Conolly war von ihr begeistert gewesen, ihr zwar nicht verfallen, aber seine Blicke waren unschwer zu deuten gewesen, und in ihrer unmittelbaren Nähe fühlte sich jeder Mann wie elektrisiert. Dabei hielt sie sich nie oft mit einem Mann länger auf. Sie redete ein paar Sätze mit ihm, gab Versprechungen allein durch ihre Blicke ab und kümmerte sich um den nächsten oder wandte sich wieder ihrer Arbeit zu, die in dem großen Saal ausgestellt werden sollte.
Manchmal war sie wie ein Hauch, eine Feder oder ein Traum, der schnell vorbeihuschte und nicht festgehalten werden konnte. In dieser Nacht aber sollte sich alles ändern, und der zweiundvierzigjährige Sanchez fühlte sich wie ein Twen, der scharf auf das erste Rendezvous war.
Maria wußte nichts.
Ahnte sie etwas?
Bei dem Gedanken daran drehte sich Juan auf die linke Seite und schaute dorthin, wo sie lag.
Viel war von ihr nicht zu sehen. Sie hatte das seidige Laken der Bettdecke hoch bis zur Schulter gezogen und drehte ihrem Gatten den Rücken zu. Die tiefen Atemzüge zeugten davon, daß sie sehr ruhig und fest schlief.
Konnte sie das wirklich?
Er drehte sich wieder um. Rechts von ihm sah er eines der beiden Fenster. Die beiden Hälften der Vorhänge waren nicht ganz geschlossen, ein Spalt war geblieben, und Juan konnte durch ihn hindurchschauen. Die Nacht war nicht so dunkel, wie er angenommen hatte, denn der volle Mond stand als bleicher Kreis am Himmel.
Natürlich war der Sternenhimmel nicht so prächtig wie in den spanischen Bergen, aber man gewöhnte sich an alles, besonders dann, wenn einem eine Frau namens Cynthia durch den Kopf geisterte.
Juan Sanchez seufzte schwer auf. Manchmal überkam ihn das Heimweh, dann dachte er an seinen prächtigen Besitz in der Sierra, von dem er aus über das Tal hinweg bis zu den fernen Horizonten hin blicken konnte, und jedesmal, wenn er schaute, hatte er das Gefühl, ihm würde die ganze Welt gehören.
Seinem Vater zuliebe war er in den diplomatischen Dienst eingetreten und hatte es immerhin bis zum Stellvertreter des Botschafters gebracht. Erst vor fünf Jahren hatte er Maria geheiratet, eine Adelige, die entfernt verwandt war mit dem Königshaus. Es war keine direkte Liebesheirat gewesen, Maria war eine Frau, die sich sehr steif gab und viel Wert auf Äußerlichkeiten legte. Im Bett war sie auch kein Wunder. Er hatte sie ein paarmal gefordert und es dann aufgegeben, ihr Desinteresse zu überwinden. Er hatte Abwechslung gesucht und auch gefunden. Es gab da gewisse Agenturen, die sehr verschwiegen waren und Mädchen vermittelten. Allerdings nur in die höheren Kreise.
Der Adel, Politiker und Industrielle waren als Kunden akzeptiert. Nichts durfte nach außen dringen, gar nichts. Doch es klappte nicht mehr, seit diese Frau aufgetaucht war.
Cynthia Droux war bei den männlichen Mitgliedern des Botschaftspersonals eingeschlagen wie eine Bombe. Allerdings hatte sich niemand von den unteren Chargen an sie herangetraut. Verstohlene Blicke, das war alles gewesen.
Er nicht. Er hatte sich von dieser Person einfangen lassen, was Maria nicht verborgen geblieben war. Zuerst hatte sie nur müde gelächelt, später dann ihren Mann zur Rede gestellt und ihn darauf aufmerksam gemacht, daß mit dieser Malerin etwas nicht stimmte. Dabei hatte sie nicht mal das Aussehen oder die sexuelle Ausstrahlung mit gemeint, ihr war es um etwas anderes gegangen.
Bei einer Flasche Wein hatte sie ihrem Mann den alles entscheidenden Satz gesagt. »Mit dieser Person stimmt etwas nicht.«
Juan hatte gelacht, aber seine Frau war sehr ernst geblieben und hatte den Faden weiter gesponnen.
»Von ihr geht etwas aus. Etwas Fremdes, Kaltes - und Böses.«
Er hatte es hingenommen. Widerspruch hätte Verteidigung bedeutet und auch irgendwie eine Anerkennung, daß er sie mochte. Und Maria hatte ihn dann auf einen Bekannten
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