0846 - Im Namen des Leibhaftigen
aufzutreten. Wer war Shango? Abe Douglas hatte immer wieder über diesen Namen nachgedacht, er hatte in Büchern nachgeschlagen, um herauszufinden, ob es eine Bedeutung gab, ob der Name für etwas stand, für einen Massenmörder aus früheren Zeiten, doch die Archive, mochten sie auch noch so gut sein, hatten sich darin ausgeschwiegen.
Es war nur der Begriff.
Shango auf der einen und Woorie Cabal auf der anderen Seite. Shango war der Mann aus dem Dunkel, der, der aus dem Schatten kam. Der Blut sehen wollte, und darüber hatte Abe Douglas auch mit seinem Vorgesetzten gesprochen. Wenn er an dieses Gespräch dachte, meldete sich nicht nur der Magen, sondern auch die Galle, denn da stieg Bitternis in ihm hoch, und er war einfach sauer.
Man hatte ihn belächelt und gefragt: »Wollen Sie uns mal wieder Dämonen einreden?«
»Nein, will ich nicht«, hatte er erwidert. »Aber ich nehme die Racheschwüre durchaus ernst.«
»Das sagen viele.«
»Nicht alle sind wie Cabal.«
»Stimmt. Er hat fünf Menschen getötet. Aber das haben andere auch, mein lieber Abe.«
»Nicht so wie er. Nicht auf diese schlimme Art und Weise. Ich kenne einen Gerichtsmediziner, der ist davon überzeugt gewesen, daß Cabal nicht einmal eine Waffe bei seinen Untaten benutzt hat. Das müssen Sie sich mal vorstellen, keine Waffe!«
»Wir wissen, daß er hinter Gittern ist. Er ist gefangen, Abe.«
Douglas hatte seinen Boß angeschaut und nur geflüstert: »Ich gäbe etwas darum, wenn er tot wäre.«
»Er ist es aber nicht.«
»Leider.«
An dieses Gespräch hatte Abe des öfteren denken müssen. Er gehörte zu den Kollegen, die ein eigenes Büro hatten und nicht in irgendeiner Großraumbude herumdackelten. Abes Büro war zweckmäßig eingerichtet, und man hatte ihm sogar einen PC gegeben, an den er sich noch immer nicht gewöhnt hatte. Ihm war der Bildschirm vorgekommen, als würde er ihn anstarren wie ein böses Auge.
Keiner konnte sich der Beobachtung entziehen, und Abe hätte ihn am liebsten aus dem Fenster geworfen, mußte allerdings auch zugeben, daß er ihn des öfteren benutzte und daß ihm der Computer schon manch gute Hilfe gewesen war.
Im Namen des Leibhaftigen!
Er hatte diesen Satz sogar in den Computer eingegeben, und ihn in verschiedenen Schriftgrößen auf den Bildschirm geworfen, aber es war ihm keine Lösung durch den Kopf geflirrt, es hatte sich auch nichts abgezeichnet, er war nur in der Lage gewesen, auf die Schrift zu starren und ansonsten nichts zu tun.
Furchtbar…
Er fühlte sich gehemmt, verlassen, allein. Er war ein Mensch, der zwar nicht unbedingt die Kommunikation brauchte, der aber hin und wieder mit einem anderen Menschen über gewisse Fälle reden mußte, und so ein Mensch war John Sinclair.
Der aber saß in London und nicht in New York. Es gab auch keinen dienstlich fundierten Grund, ihn an den Hudson zu holen. Seine Vorgesetzten hätten Abe Douglas ausgelacht, sie standen seinen Ansichten sowieso skeptisch gegenüber, und deshalb fühlte sich Abe Douglas auch allein gelassen.
Er fühlte aber noch mehr.
Es konnte da ein gewisser Sinn sein, der ihm sagte, daß dieser Fall noch nicht beendet war. Da gab es noch etwas, auf das er achtgeben mußte. Er und seine Kollegen hatten wohl nichts übersehen, was das Sichern von Beweismaterial anging, aber darauf kam es auch nicht an. Abe hatte die Ausstrahlung dieses Killers genau gespürt. Sie war anders gewesen, als bei normalen Menschen.
Er hatte - ja, was hatte er an sich gehabt?
Ein Problem, mit dem sich Abe Douglas ebenfalls beschäftigt hatte. Er konnte es nicht klar ausdrücken, er konnte es nur fühlen. In dem Killer steckte etwas, das ihm auch die Verhandlung und die Verurteilung nicht hatten austreiben können. Es war etwas wahnsinniges, etwas Dämonisches, es war schlichtweg der Drang zur Zerstörung.
Brutal vernichten, Leben zerstören, sich daran erfreuen.
Aber warum?
Weshalb tötete dieser Mensch? Aus einem eigenen Antrieb heraus? War er ein Mörder nur allein um des Tötens willen? Oder wurde er von einer anderen Kraft beherrscht oder geleitet?
Abe Douglas tippte auf die letzte Möglichkeit. Nur konnte er darüber mit keinem in der Firma reden. Die Kollegen hätten ihm nicht mal zugehört. Für sie zählten andere Dinge, Realitäten, Fakten, aus denen sie letztendlich Lösungen ableiten konnten.
Abe schaute in den Becher. Er war leer. Nur ein Rest Kaffee schimmerte auf dem Boden. Er knüllte den Becher zusammen und schlenderte ihn in einen
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