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0848 - Der alte Mann verfluchte mich

0848 - Der alte Mann verfluchte mich

Titel: 0848 - Der alte Mann verfluchte mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Reste der Glut leuchteten, und eine Schlafstelle. Auf einer Pritsche waren Felle und Decken ausgebreitet. Zwei schmale Holztüren führten zu anderen Räumen. Während würziger Tabakgeruch mein Gesicht umwedelte, schnitt ich Brot und Speck ab.
    Der Schäfer stand noch einmal auf, um Gläser zu holen. Er brachte aber auch zwei Dosen Bier mit.
    »Das schmeckt besser zu Speck und Brot. Dann rutscht es.«
    Es zischte, als wir die Dosen öffneten und uns zuprosteten. Calvin sagte nichts. Er schaute zu, wie ich aß und war zufrieden, daß es mir schmeckte.
    Mir gefiel die Atmosphäre in seiner gemütlichen Hütte. Der Schäfer saß entspannt am Tisch, hatte die Beine ausgestreckt und lächelte versonnen vor sich hin. Ich aß das nächste Stück Speck, das gut gesalzen war, trank zwischendurch Bier und lauschte den Worten des Mannes.
    »Wenn man so einsam lebt und der Natur sehr nahe ist, kann man schon Dinge erleben, über die man früher gelacht hat, und die man jetzt mit anderen Augen sieht.«
    »Was meinst du damit?« fragte ich kauend.
    Er verzog den Mund, und sein Bart bewegte sich dabei. »Eigentlich alles, wenn ich ehrlich sein soll. Den Boden, den Himmel, das Wasser, die Luft, die vier Elemente. Da gerät man schnell wieder an die Grundmuster der alten Philosophen.«
    »Das kann ich mir denken.« Ich schob Speck und Brot zur Seite und bedankte mich mit einem Nicken.
    »Hat es dir nicht geschmeckt?« fragte er.
    »Doch, aber ich bin jetzt satt.«
    »Du bist ein Stadtmensch.«
    »Ja.«
    »Dann ist es verständlich. Als Stadtmensch hat man eben nicht den Blick und das Gefühl für gewisse Dinge, die sich immer wieder öffnen.«
    Er sprach sehr allgemein und auch in Rätseln. Ich wollte konkret werden und sagte: »Weißt du, daß ich bewußt nach dir gesucht habe, Cal?«
    »Ich konnte es mir denken.«
    »Warum?«
    »Du wolltest hoch zum Haus. Du wirst wahrscheinlich keinen Erfolg gehabt haben, denke ich.«
    »So ist es. Ich konnte sie nicht retten.«
    Mit dieser Antwort hatte ich den Mann überrascht. »Sie nicht retten?« fragte er.
    »Richtig.«
    »Wenn du sie sagst, dann hast du möglicherweise eine Frau gemeint oder auch mehrere Personen.«
    »Eine Frau.«
    »Im Haus oben.«
    Ich nickte.
    Cal stopfte seine Pfeife nach, er saugte daran, die Rauchwolken nahmen an Dicke zu, und sein Gesicht verschwamm dahinter wie bei einem plötzlichen Nebelstoß. »Wolltest du sie denn retten?«
    »Deshalb kam ich her.«
    »Von London?« wunderte er sich.
    »Man rief mich an. Ihr Vater, ein gewisser Zacharias, bat mich, herzukommen und seine Tochter zu retten. Ich habe es nicht geschafft, sie war schneller, sie brachte sich um. Erica, so hieß sie, ist in den Tod gesprungen, indem sie sich von der Klippe herab in den Abgrund stürzte. So sieht es aus. Ich habe das Nachsehen gehabt und komme mir wie ein Versager vor.«
    Cal sagte nichts. Er griff nach dem Messer und schnitt eine Scheibe Speck ab. Dann legte er die Pfeife zur Seite, schob den Speck zwischen seine Lippen und kaute. Nachdenklich blickte er gegen eines der kleinen Fenster. Er aß wieder. Ich wollte ihn nicht stören. Cal hob die Dose an, trank Bier, dann stellte er die Dose wieder auf den Tisch. »Die Landschaft, diese Gegend muß man akzeptieren, John. Mit all ihren Vor- und Nachteilen.«
    »Was bedeutet das?«
    »Daß man sich auch mit Tatsachen abfinden muß.«
    »Auch mit einem Selbstmord?«
    Er hob die Schultern. »Der Tod gehört zum Kreislauf der Natur wie das Leben.«
    »Richtig, doch ich weigere mich nur, den Freitod zu akzeptieren und besonders den, den ich noch miterleben muß. Das ist mein Problem.«
    »Du kannst es nicht ändern.«
    »Stimmt.« Ich nickte. »Aber ich würde gern dafür sorgen, daß es sich nicht mehr wiederholt.«
    Er stellte eine Frage, auf die ich keine Antwort wußte. »Besteht denn die Gefahr, daß es sich wiederholt?«
    »Ich weiß es nicht. Du bist anders als ich, Cal. Du denkst anders, denn du bist über vieles informiert, was sich in dieser Gegend etabliert hat. Ich habe den Tod dieser Frau erlebt, aber es ist nicht alles gewesen. Später durchsuchte ich das Haus. Ich fand es leer, und als ich wieder gehen wollte, wurde ich erwartet. Vor der Tür stand ein kleiner Mensch, ein Zwerg, der mit einer Machete bewaffnet war und ziemlich böse aussah…«
    Ich berichtete Calvin Crichton, was ich erlebt hatte, bis zu der Minute, als ich ihn wieder getroffen hatte. »So, und nun möchte ich deine Meinung hören.«
    Er lächelte.
    Mir dauerte

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