0848 - Die letzte Bastion
dorthin zurück, wo er das Paket hatte liegen lassen, und nahm seinen Gang wieder auf.
*
Als der Summer ertönte, wandte der Posten sich zur Seite und betätigte den Öffnungsmechanismus.
Ahnungslos und beiläufig beobachtete er, wie die beiden stählernen Schotthälften sich teilten und auseinander wichen. Dann aber sah er die Menge, die auf der anderen Seite des Schottes wartete, und erstarrte vor Schreck.
Denn an der Spitze der Menge stand Yargonz, der neuernannte Offizier, und hielt seinen Blaster auf den Wachtposten gerichtet.
„Du ... bist ein Verräter!" stieß der Überrumpelte hervor.
Dabei gab er sich Mühe, die Waffe, die er in der Armbeuge trug, mit der Mündung möglichst weit nach unten zu halten.
Er hatte gegen Yargonz und die Meute der Gefangenen nicht die geringste Chance. Er wollte Yargonz zu verstehen geben, daß er dies wußte.
Der frischgebackene Offizier lächelte verächtlich.
„Beizeiten wirst du womöglich deine Meinung ändern", sagte er. „Aber dazu mußt du denken, und ich weiß nicht, ob du das kannst."
Der Posten wußte, wann der Wind aus der ändern Richtung wehte. Für ihn ging es jetzt darum, den Mann mit dem Blaster in der Hand friedlich zu stimmen.
„Probier mich aus, Offizier!" forderte er Yargonz auf. „Ich bin zwar nur ein einfacher Soldat, aber ich kann denken."
Yargonz machte die Geste der Zustimmung.
„Gut. Ich werde dich ausprobieren. Dir blieb ohnehin nur die Wahl, eingesperrt zu werden oder mit uns zu kommen. Willst du mit uns kommen? Als freier Mann? Nur dem Wohl des Reiches verpflichtet?"
„Ich will!" bestätigte der Wachtposten, und seine Augen glänzten dazu.
„So leiste einen Schwur!"
„Ich bin bereit zu schwören."
Yargonz hieb die Faust gegen die Brust, wie es bei den Überschweren Sitte war. In feierlichem Tonfall begann er: „So wahr ich den Göttern mein Leben verdanke..."
Der Posten wiederholte die Worte. In kurzen Absätzen, die sich leicht nachsagen ließen, sprach Yargonz weiter: „... will ich dieses Leben einsetzen ... zum Wohl des Reiches ... und es sofort verlieren, wenn ich an der Sache des Reiches zum Verräter werde ... und nur eines Mannes Befehle befolgen... des einzigen wahren Führers, den die Nation von Paricza je gehabt hat... Leticrons!"
Dem Posten quollen die Augen aus den Höhlen.
„Le...ti...crons", wiederholte er das letzte Wort. Dann aber sprudelte er sofort hervor: „Leticron ist tot!
Wie kann er uns Befehle geben?"
Yargonz lächelte abermals - diesmal nicht verächtlich, sondern überlegen.
„Leticron lebt!" erklärte er mit Nachdruck. „Du kommst mit uns.
Du wirst dich davon überzeugen!"
Sie zogen davon, Yargonz und Mimikar an der Spitze. Mimikar hatte dem Posten die Waffe abgenommen.
„Ich mißtraue dir nicht", hatte er dazu gesagt. „Aber es ist besser; wenn die Anführer bewaffnet sind."
Es war halbwegs finster in den Gängen und Stollen der Stahlfestung. Yargonz blickte auf das Chronometer, das er am Handgelenk trug.
„Wir haben noch fünf Stunden Zeit, bevor es hell wird", sagte er. „In dieser Zeit muß es uns gelingen, einen Weg zu finden, wie wir uns mit Leticron verständigen können."
„Wie soll das geschehen?" erkundigte sich Mimikar zweifelnd. „Wie du mir sagst, kann er sich nicht äußern. Wie soll er uns seinen Rat erteilen?"
„Er kann nicht sprechen", korrigierte Yargonz den ehemaligen Kommandanten. „Aber er kann zum Beispiel die Säule, in der er sich befindet, zum Leuchten bringen. Also kann er Lichtsignale verwenden, um sich uns verständlich zu machen."
Mimikar war noch immer nicht überzeugt.
„Das kommt mir ziemlich kompliziert vor", murmelte er.
Sie brauchten zwei Stunden, um den Hof der Säulen zu erreichen. Kaum waren sie aus der Mündung des Aufgangs hervorgetreten, da begann eine der Säulen des Hofes in dunklem Rot zu glühen.
„Siehe da!" rief Yargonz voller Begeisterung. „Leticron hat uns erkannt! Er will sich uns verständlich machen! Laßt uns eilen, damit wir ihn verstehen lernen!"
So mißdeutete er Leticrons Absicht, und es gab keinen, der ihm widersprach. Denn in Wirklichkeit wollte der Lord von Paricza nicht eine Unterhaltung eröffnen, sondern die Überschweren auf eine drohende Gefahr aufmerksam machen.
Denn er hatte gespürt, daß in der Hauptleitzentrale, mehrere Stockwerke unterhalb des Hofes der Säulen, ein Feind am Werk war, der die Stahlfestung zu vernichten drohte.
Dies aber verstand Yargonz nicht, und so geschah es
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