0849 - Schattengesicht
und ich, der Herr der Legenden, hin eine solche geistige Macht.«
Sarahs Blick flackerte. Sie schaute mich dabei an. Zwar lagen ihre Fragen auf der Zunge, doch sie sah aus wie ein Mensch, der nichts, auch nicht das kleinste Wort hervorbrachte. Ihr war dieser Zauber über den Kopf gewachsen.
Ich hatte den Arm etwas zu lange steif gehalten, was mir gar nicht gefiel.
Deshalb drehte ich die Hand, so daß ich mit den eigenen Augen das Gesicht anschauen konnte.
Ja, da hatte sich nichts verändert. Natürlich sah Zacharias anders aus als in der Wolke, aber ich hatte sein Gesicht beim ersten Kontakt so erlebt.
»Ich habe deine Worte begriffen«, sagte ich zu ihm.
»Ja, das weiß ich. Du bist eben anders als diese Frau. Ich habe mich mit dir beschäftigt. Ich habe mit dir telefoniert. Ich bediente mich bewußt der modernen Methoden, aber du hast mich so tief, so allertiefst enttäuscht. Ich will nicht abstreiten, daß du dir keine Mühe gegeben hast, aber du hast es nicht geschafft, meine Tochter Erica zu retten. Erica Saleri, die in den Tod ging.«
Ich bemerkte wie nebenbei, daß Sarah Goldwyn zusammenzuckte. Es war dort passiert, als das Gesicht den Namen seiner Tochter aussprach. Da war sie so erschreckt.
Für mich ein Zeichen, daß ihr dieser Name zumindest nicht unbekannt war. Mehr gab sie nicht preis. Ich würde sie auch später darauf ansprechen.
»Warum hast du dir dann keinen anderen Helfer an deine Seite geholt?« fragte ich Zacharias.
»Man hielt dich für gut.«
»Wer?«
»Es soll ein Freund gewesen sein. Einer, der sich in der geistigen Welt auskennt. Auf seinen Reisen hat er des öfteren den Kontakt mit dir gesucht.«
»Ich will den Namen wissen.«
»Du kennst ihn. Es ist Zebulon, der Schattenkrieger.«
Ich war kaum überrascht. Der Name Zebulon war mit tatsächlich ein Begriff. Ich kannte den Mann mit den beiden Namen. Tatsächlich hieß er Barry F. Bracht. Er arbeitete als Lektor in einem Verlag, aber er konnte, wenn er schlief und dabei in tiefe Träume fiel, eine andere Persönlichkeit annehmen.
Dann war er in der Lage, als Zebulon, der Schattenkrieger, Grenzen zu überwinden, die sonst nicht zu überwinden waren. Da konnte er eintauchen in die Dimensionen und andere Welten erkunden.
Zebulon also hatte dem Herrn der Legenden einen Tip gegeben. Er hatte mich empfohlen, ein Irrtum, wie sich wohl herausgestellt hatte. Ich war mit Zacharias nicht zurechtgekommen, und seine Tochter hatte ich nicht retten können.
»Es ist kein guter Rat gewesen«, sagte ich, »wirklich nicht. Nein, darauf hättest du verzichten können.«
»Jetzt weiß ich es«, flüsterte die Hand. »Damals nicht. Und so habe ich, mich an dich gewandt.«
»Obwohl du selbst so mächtig bist?«
»Ja.«
»Warum hast du nicht selbst eingegriffen und deine Tochter befreit? Warum nicht?«
»Ich wollte es nicht!«
Mein Grinsen fiel hart aus. Lady Sarah schaute uns bei diesem Dialog zu. Sie kam damit noch immer nicht zurecht und schüttelte nur den Kopf. Es ging im Moment über ihr Begriffsvermögen. Dabei war sie schon eine Person, die vieles akzeptierte, die auch genau Bescheid wußte, in diesen Momenten aber überfragt war und nur, dort sitzen und die Schultern heben konnte.
Es klappte nichts mehr. Es war einfach zuviel für sie gewesen. Hier kamen Dinge ins Gespräch, die sie nicht überriß, und auch ich hatte meine Probleme damit.
»Du hast es nicht geschafft, Zacharias. Du bist einfach nicht in der Lage gewesen, deine Tochter zu retten. So und nicht anders sieht es doch aus.«
»Ja.«
»Wo sind deine Grenzen?«
»Bei meiner Tochter.«
»Ist sie überhaupt deine Tochter? Du hast immer von ihr gesprochen, aber ich kann mir nicht vorstellen, daß sie es wirklich ist. Ich glaube es einfach nicht.«
»Es ist meine Tochter!«
»Und wer ist die Mutter?«
»Vergiß es!« zischelte die Antwort aus meiner Hand. »Du sollst es vergessen!«
»Nein, das kann ich nicht. Denn ich habe deine Tochter in der Höhle im Sarg liegen sehen. Sie war es doch - oder?«
»Ja, sie ist es gewesen!«
»Warum lag sie in diesem Glassarg? Wer hat sie aus dem Wasser gezogen, wo sie doch angeblich ertrunken ist.«
»Es waren meine Zwerge.«
»Aha.«
»Sie mußten es tun. Sie mußten sie aus dem Wasser ziehen. Ich wollte sie bei mir haben. Ich wollte sie sehen. Ich wollte ihr ins Gesicht und auf den Körper schauen können.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Ich hätte es gern anders getan, aber du hast sie nicht retten können. So mußte ich nun
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