085 - Hexensabbat
ihr der Ritus der »silbernen Hexe«
vollzogen worden. Eine silbrige Flüssigkeit war ihr auf den Körper gepinselt
worden.
Während des Trockungsvorgangs bildet diese Flüssigkeit auf der Haut
eine luftundurchlässige Schicht, so daß die Poren nicht mehr atmen können.
Gleichzeitig entwickelt das Präparat konservierende Eigenschaften.
Der Körper
der verräterischen Hexe, wie der Meister sich ausgedrückt hatte, sollte wie
eine Porzellanpuppe im Innern des Gewölbes aufgestellt werden und der
Abschreckung dienen.
Morna ließ
den Lichtstrahl über den Altar gleiten und entdeckte den dunklen Durchlaß,
durch den der Meister mehrmals gekommen war. Führte hier ein geheimer Weg ins
Haus, direkt zu einem Ort, wo dieses Ungeheuer in Menschengestalt, dessen
wahres Gesicht niemand kannte, in diesem Moment ahnungslos schlief?
Morna ging zu
dem Durchlaß und inspizierte den Gang im Schein der Taschenlampe. Das rohe
Gemäuer sah nicht aus, als wären hier verborgene Todesfällen angebracht, aber
dieser Eindruck täuschte. Morna preßte die Lippen zusammen. Die eine Falle war
wirksam geworden, weil der Meister selbst den Mechanismus ausgelöst hatte. Man
mußte die Anlage manuell bedienen, um die tödlichen Pfähle einsetzen zu können.
Das war ihre Überlegung. Aber X-GIRL-C wußte nicht, ob sie richtig war.
Sie passierte
den Durchlaß, wo der spitze Pfahl aus der Wand geschnellt war und Peggy Whyller die tödliche Verletzung beibrachte. Morna
Ulbrandson konnte die Stelle überschreiten, nachdem sie vorsichtig Zentimeter
für Zentimeter der Wand abgetastet hatte. Nichts ereignete sich.
Der Tunnel
führte kerzengerade zu einer Treppe. Von hier aus zweigte ein zweiter Gang ab,
in den sie neugierigerweise ebenfalls einen Blick
warf. Im Schein der Taschenlampe entdeckte sie die etwas in eine Nische
zurückgebaute Zelle, die von massiven Eisenstäben begrenzt wurde und der etwas
Gefängnismäßiges anhaftete.
Im Innern der
Zelle stand ein flaches, hartes Bett. Ohne Matratze. Darauf ein menschlicher
Körper, mit einem schmutzigen Laken zugedeckt. Der Mensch darunter atmete kaum
und lag völlig bewegungslos.
Der weiße
Lichtstrahl erfaßte die Hand, die unter dem Laken hervorgerutscht war und
schlaff auf dem Bettrahmen hing.
Mornas Atem
stockte.
Im Licht
schimmerte golden der PSA-Ring.
Der Mann auf
dem Bett - Larry Brent!
●
Vergessen war
die Absicht, das Haus und dessen Bewohner unter die Lupe zu nehmen. Anderes war
in den Vordergrund getreten: Larry Brent brauchte Hilfe. Vorausgesetzt, daß
diese überhaupt noch möglich war. Morna Ulbrandson handelte schnell,
entschlossen und überlegt, ohne etwas zu übereilen.
Das öffnen des Schlosses war mit dem Universalschlüssel der
Agentin eine Kleinigkeit. Allerdings ging die Operation nicht ganz lautlos
vonstatten. Es klickte, und das gläserne, harte Geräusch pflanzte sich durch
die Stille des nachtdunklen Tunnels.
Morna ging in
die Zelle und zog Larry das schmutzige Laken vom Gesicht. Sein Atem ging flach,
sein Pulsschlag war erhöht. Man hatte ihm irgend etwas gegeben. War er bereits
als neues Opfer vorgesehen und hatte man erkannt, welche Mission er durchführen
sollte?
Die Schwedin
schüttelte den Agenten, rief leise und monoton ständig seinen Namen. Immer
wieder lauschte sie dann in die dunkle Stille hinter sich. Was sie hier tat,
war nicht ganz ungefährlich. Sie wußte nichts von irgendwelchen Alarmanlagen,
nichts über die Lebensgewohnheiten des Hausbesitzers. Und sie wußte nicht, wie
weit man diese Geräusche hier unten hören konnte. Aber das alles mußte ihr in
diesen Minuten egal sein. Es ging darum, Larry Brent wieder auf die Beine zu
bekommen.
Für Morna gab
es kaum einen Zweifel daran, wer der Gegner von X-RAY-3 gewesen war. Larry
hatte die entscheidende Spur gefunden. Es war kein Zufall, daß er ausgerechnet
an dem Ort auftauchte, an den auch sie geraten war.
»Larry!
Larry! Wach auf !«
Sein Körper
war schlaff, seine Wangen eingefallen, und die Haare hingen ihm in die Stirn.
Daß man davon abgesehen hatte, ihn anzubinden, bewies nur die Wirkungsstärke
des Präparates. Man hielt es nicht für notwendig, den Schlafenden auch noch
anderweitig zu fesseln. Morna Ulbrandson bewegt die Arme Larry Brents wie bei
einem Ertrunkenen auf und nieder, um die Atmung anzuregen. Wenn sie eine Pause
einlegte, schlug sie ihm gegen die Backen und rief monoton seinen Namen.
Zwanzig
Minuten lang regte sich gar nichts. Dann bewegte X-RAY-3 einmal die Lippen
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