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085 - Von den Morlos gehetzt

085 - Von den Morlos gehetzt

Titel: 085 - Von den Morlos gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter T. Lawrence
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Road. Die Freiheit.
    Dann erstarrte sie mitten im Lauf.
    Drei, vier kleine Gestalten erschienen plötzlich in der Nähe des Tores. Zwei weitere Schatten lösten sich aus dem Dunkel eines Strauches, traten auf den Weg und kamen ihr mit wiegender Bewegung entgegen. Sie sah gehetzt nach hinten. Sechs oder sieben mußten es sein, die sich von dort näherten. Überall hing plötzlich das helle Fiepen in der Luft. Es klang, als veranstalteten hundert Grillen ein Konzert für sie. Von allen Seiten kamen die plumpen, untersetzten Gestalten auf sie zu. Der Friedhof begann zu leben. Überall war Bewegung. Überall das Scharren ihrer kleinen Füße. Laura wartete mit hängenden Armen, sie wußte, daß nun das Ende kam.
     

     

„Es hat keinen Sinn mehr, Rob!“ Ben riß mich herum, als ich erneut in einem der Gänge verschwinden wollte, um Laura zu suchen. „Du hast doch gehört, was die Alte gesagt hat! Diese Wesen, egal wer und was sie nun sind, haben sie fortgeschleppt! Wahrscheinlich sind sie längst aus dem Kanal heraus.“
    „Laura!“ rief ich verzweifelt. „Warum ausgerechnet sie? Es gibt doch hunderttausend andere in dieser Stadt. Warum Laura?“
    Ben ließ meinen Arm los.
    „Wir müssen vernünftig sein, Rob. Ich bin fest davon überzeugt, daß wir Laura hier bestimmt nicht mehr finden. Laß uns jetzt wieder hinaufgehen.“
    Eine Weile stand ich still da, betrachtete meine verdreckten Schuhe, auf die das Licht meiner Lampe fiel. Ich sagte mit einer Stimme, die mir selbst fremd und tot vorkam: „Du hast recht, Ben. Entschuldige.“
    Er klopfte mir fast väterlich auf die Schulter, drehte sich um und schlug den Rückweg ein. Wir gingen schweigend weiter, stiegen nach ein paar Minuten wortlos über die am Boden liegende Alte, und erreichten fünf Minuten später die Eisenleiter, über die wir in den Kanal hinuntergeklettert waren.
    Erst jetzt, da wir wieder im Parkhaus standen, merkte ich, wie sehr doch die Luft unten in den Gängen von dem Abwassergas verpestet war. Ein paar Leute im Schlafanzug standen um den offenen Kanaldeckel herum und traten naserümpfend zurück, als wir unsere Utensilien im Kofferraum von Bens Wagen verstauten. Der Hausmeister schien in der Zwischenzeit portionsweise Vernunft gelöffelt zu haben. Er reichte mir die Lampe und fragte besorgt: „Haben Sie Miss Henders gefunden, Sir?“
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Nein, aber da unten liegt eine tote, alte Frau im Hauptgang. Vielleicht sollten Sie ihretwegen die Polizei benachrichtigen.“
    Er sah mich bedrückt an.
    „Gut, Sir. Und – das von eben tut mir leid. Aber Sie müssen verstehen, schon im Interesse der Mieter kann ich nicht einfach eine Wohnungstür aufschließen.“
    Ich schlug den Kofferraumdeckel zu. Ben ging um den Wagen herum und stieg ein. Ich nickte dem Hausmeister zu, folgte meinem Freund und nahm ächzend Platz.
    „Fahr los“, sagte ich rauh. „Und mach die Fenster auf. Wir beide stinken entsetzlich.“
    Minuten später rasten wir schon wieder durch die Stadt. Ben trat das Gaspedal bis zum Boden durch, und wir schafften die Strecke zum Friedhof in einer knappen halben Stunde. Schweigend räumten wir den Kofferraum aus, verstauten die Pistolen in den Jacken und stopften uns die Hosentaschen mit Feuerwerkskörpern voll. Jeder nahm eine Metallstange und einen Scheinwerfer in die Hand, dann marschierten wir los.
    „Die alten Gräber liegen weiter rechts“, sagte ich, als wir durch das hohe Tor die stille Welt der Toten betraten. „Nach etwa hundert Metern dann wieder nach links. Da irgendwo müssen wir mit dem Suchen beginnen.“
    Der Mond schien hell, und so brauchten wir unsere Lampen nur einige Male aufblitzen zu lassen, wenn wir eine neue Richtung einschlugen. Schweigend gingen wir durch die Nacht.
    „Es könnte ein schöner Sonnenaufgang werden“, meinte Ben.
    „Ja“, antwortete ich verbittert. „Wenn es keine Morlos gäbe.“
    „Dort die Gräber sehen schon alt aus“, sagte Ben und leuchtete mit der Lampe ein paar Hügel an. „Ich glaube, hier können wir beginnen. Nimmst du die rechte Seite?“
    „Ja“, sagte ich. „Viel Glück.“
    Wir trennten uns. Auf meiner Seite standen meist Familiengräber mit mehreren Hügeln, zuweilen bedeckte eine einzige große Marmorplatte den mit dunklen Ketten abgegrenzten Kiesboden. Nach fünf Minuten hatten wir beide Seiten des Weges kontrolliert, ohne eine Gruft mit eigenem Eingang entdeckt zu haben. Blaß schimmerte der Morgen am Himmel, als wir uns am Ende des

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