085 - Von den Morlos gehetzt
vorsichtig an.
„Vorwärts, Rob! Laß uns aus dieser verdammten Röhre rauskriechen. Da vorne scheint es etwas geräumiger zu werden.“
Ich kroch weiter. Immer näher kamen wir nun den Geräuschen, drei, vier Meter noch, dann lag das Ende des Ganges vor uns.
Ich kauerte mich dicht auf den Boden, wand mich die letzten Meter wie eine Schlange auf den Ausgang zu und staunte, als ich die Weite des Gewölbes erblickte, das sich plötzlich vor mir ausdehnte.
Der Ausgang unseres Tunnels, selbst winzig klein in dieser gewaltigen Größe, lag etwa zwanzig Meter über dem Steinboden eines riesigen, hallenartigen Ganges. Auch hier führten wieder schmale Eisenstiegen in die Tiefe. Das obere Ende dieser mächtigen Grotte war von hier aus nicht zu erkennen, da das gesamte Gewölbe nur durch fahles, rötliches Licht erhellt wurde, das gerade noch stark genug war, die nächste Umgebung erkennen zu lassen.
Ben schob sich an mir vorbei, wenig später verschwand sein Oberkörper hinter dem Rand der Öffnung. Ich wartete kurz, dann kroch auch ich aus der Öffnung. Die Metallleiter vibrierte leicht unter meinen zerschundenen Handflächen, und je tiefer ich hinabstieg, um so klarer wurde mir, daß ich mit jeder Sprosse unserem Ziel näher kam. Etwa drei Meter trennten mich noch von jener Welt, auf die Ben soeben seine Füße gesetzt hatte. Ein letztes Mal blickte ich in die Höhe – dorthin, wo ein winzig kleines Loch im Fels zum einzigen, uns bekannten Weg nach draußen führte.
„Oben bleiben!“ rief Ben warnend. Keine drei Meter neben ihm traten plötzlich vier kleine, plumpe Gestalten aus dem Dunkel eines Ganges. Das Schlurfen vieler Füße war zu hören, begleitet von dem monotonen, zirpenden Sing-sang, den wir schon eben im Tunnel vernommen hatten.
Andere Leiber folgten den vier Kreaturen. Mehr und mehr kamen aus dem Dunkel, quollen wie eine wogende, lebende Masse Fleisch hervor. Sie gingen geordnet. Immer vier Gestalten nebeneinander – ein langer, kriechender Wurm, der sich an dem entsetzten Ben vorbei durch das hohe Gewölbe bewegte.
Niemand schien uns zu bemerken. Ben stand immer noch wie angenagelt am Fuße der Leiter. Zwei Meter darüber hing ich an den Sprossen, gelähmt vor Entsetzen.
Irgendwann riß der Strom der hervorquellenden Wesen ab. Das Schlurfen entfernte sich. Wir waren wieder von Stille umgeben. Langsam, unendlich langsam kletterte ich die restlichen Stufen hinunter, und als ich endlich neben meinem Freund auf dem Boden des hohen Gewölbes stand, fühlte ich mich so erschöpft wie nie zuvor. Ben sah immer noch dorthin, wo die Wesen verschwunden waren. Er nahm mich gar nicht wahr.
„Ben!“
Verwirrt sah er mich an, ohne recht zu begreifen, wo er sich augenblicklich befand.
„Verdammt, so komm doch endlich zu dir!“ rief ich. „Sie sind weg.“
Sein Blick wurde etwas klarer. Er nickte mechanisch.
„Weg“, flüsterte er. „Mein Gott, Rob, hast du gesehen? Eine ganze Prozession war das. Zweihundert dieser Kreaturen, eher mehr.“
Ich musterte ihn prüfend, aber er hatte sich schon wieder gefangen. Trotzdem, auch mir steckte der Schreck noch in den Gliedern. Diese erste Begegnung war zu plötzlich, zu rasch gekommen.
„Sie sind wie taub und blind an uns vorübergezogen“, sagte ich mit kratziger Stimme. „Hast du sie denn vorher nicht kommen hören, Ben?“
Er hob die Schultern.
„Ich hörte zwar das näherkommende Geräusch, aber ich konnte nicht erkennen, woher es genau kam. Erst auf dem Boden merkte ich, daß diese seltsamen Geräusche direkt aus dem Gang da kamen. Aber da war’s schon zu spät.“
Ich sah hinüber zu der Öffnung, welche die Wesen so unvermittelt ausgespuckt hatte.
„Daß sie uns nicht bemerkt haben“, sagte ich verwundert.
„Wie Roboter auf dem Weg zu ihrem Herrn!“ sagte Ben erschaudernd. „Im ersten Augenblick glaubte ich, vor Schreck tot umfallen zu müssen.“
„Wo gehen wir jetzt hin? In den Gang hinein oder in die Richtung, in der sie verschwunden sind?“
„Hinterher, würde ich vorschlagen,
da haben wir sie vor uns und erfahren vielleicht, welche Kraft sie so nach vorne getrieben hat.“
Wir gingen dicht nebeneinander an der Felswand entlang. Ben hatte seine Pistole gezogen, ich hielt eine Feuerwerksrakete in der Hand, deren Reibfläche sich gut an der Wand entzünden ließ. Immer wieder blieben wir stehen, horchten in die einmündenden Gänge hinein und setzten dann wieder zögernd unseren schweigenden Marsch fort.
Fast gleichzeitig
Weitere Kostenlose Bücher