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085 - Von den Morlos gehetzt

085 - Von den Morlos gehetzt

Titel: 085 - Von den Morlos gehetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter T. Lawrence
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Reich an den Seitenwänden zu haben.
    „Ben!“ flüsterte ich und winkte meinen Freund mit einer Handbewegung herbei. „Ich glaube, wir müssen uns mehr auf den Boden konzentrieren. Wenn es das Schattenreich der Morlos tatsächlich gibt, dann liegt es tief unter der Erde. Vielleicht finden wir hier eine zweite Bodenluke.“
    Er nickte mir zu, wieder suchten und tasteten wir schweigend den Boden ab. Nirgends auch nur das kleinste Zeichen, das auf eine Luke hinwies. Keine Fugen oder Rillen, nicht die winzigste Schleifspur oder Kratzer. Nun blieb nur noch die Stelle, die von den Resten des zusammengefallenen Sarges bedeckt war.
    So leise wie möglich schoben wir die faulen Bretter mit den Füßen zur Seite – dann sah ich den Ring im Boden.
    Minutenlang standen wir dicht nebeneinander und betrachteten ihn wortlos. Hier also hatte Dr. Warren vor rund 80 Jahren den Ring entdeckt, hatte an ihm gezogen und war in das dunkle Reich der Morlos eingestiegen. Dieser kleine, verrostete Ring beseitigte nun auch die letzten hoffnungsvollen Zweifel an seiner Geschichte.
    Und jetzt standen wir davor.
    Ich bückte mich, hakte meine Finger zwischen das rauhe Eisen, spannte die Muskeln und zog langsam die Tür in die Höhe. Eine Öffnung von etwa fünfzig Zentimeter im Quadrat lag darunter. Ich klappte die Tür nun ganz zurück, bis sie mit der Oberseite auf dem Boden der
    Gruft auflag. Ein dunkler Schlund gähnte unter uns, eine schmale, vom Rost zerfressene Eisenleiter führte in die Tiefe. Nach kurzem Zögern klemmte ich das Montiereisen wie ein Schwert hinter den Gürtel, hakte die Lampe daran fest und kletterte in die Öffnung hinein.
    „Warte bis ich unten bin“, sagte ich. „Du kannst die Leiter beleuchten. Unten werde ich dir mit der Lampe ein Zeichen geben, dann kommst du nach, und ich leuchte dir.“
    Ben nickte mir zu.
    „Gut.“ Seine Stimme klang heiser, aufgeregt. „Paß auf dich auf, Rob!“
    Ich spürte den Druck seiner Hand auf meiner Schulter, dann blitzte seine Lampe auf, um mir den Weg nach unten zu erhellen. Ich kletterte los. Die Tiefe schien endlos zu sein, vom Rost angenagte Sprossen rissen mir die Handflächen auf. Ich fühlte, wie mir warm das Blut in die Ärmel lief, biß die Zähne zusammen und stieg Meter um Meter tiefer.
    Die Luft war noch stickiger, machte mir das Atmen schwer, und mehrmals mußte ich eine kurze Verschnaufpause einlegen. Längst hatte ich es aufgegeben, die unzähligen Sprossen zu zählen. Ich wußte nur, daß es tiefer und tiefer ging und dort unten das Grauen, der Tod und die schwarze, schattige Ewigkeit lauerten.
    Ich blickte nach oben. Bens Lampe war nur noch als kleiner Lichtpunkt irgendwo weit über mir auszumachen. Unmöglich, die Entfernung zu ihm zu schätzen. Ich begann nun doch die Stufen zu zählen. Als ich bei fünfundzwanzig anlangte, spürte ich endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Rasch hakte ich meine Lampe aus der Eisenstange und blinkte mehrmals zu ihm hinauf. Ben erwiderte das Zeichen, der Lichtpunkt erlosch, und auch er machte sich nun an den Abstieg, während ich die Leiter beleuchtete.
    Die Zeit verging in quälender Langsamkeit, bis Ben zu mir stieß.
    „Ist das eine Luft“, sagte er schweratmend. „Hundertvierzig Stufen hab ich gezählt. Wir befinden uns ganz schön tief unter der Erdoberfläche.“
    Ich hielt die Lampe in die Öffnung des engen Tunnels, der von hier aus mit leichter Neigung in die Tiefe führte.
    „Wir sind immer noch nicht bei ihnen“, erklärte ich. „Es geht weiter abwärts. Also los. Kriechen wir rein.“
    Ich machte wieder den Anfang, kroch auf allen vieren durch die Öffnung, und Ben schnaufte hinter mir her. Etwa fünf Minuten lang krochen wir wie Käfer durch die Röhre, als ich plötzlich verharrte und die Lampe ausknipste.
    „Was ist?“ flüsterte Ben hinter mir.
    „Pssst!“ machte ich und deutete nach vorne, wo ein fahler, leicht rötlicher Lichtschimmer das Ende des schmalen Tunnels anzeigte. Bewegungslos kauerten wir hintereinander, wagten kaum zu atmen.
    „Ich kann nichts hören“, flüsterte Ben nach einer Weile. „Nur den fahlen Schein sehe ich.“
    „Aber da war eben ein Geräusch. Ich habe es deutlich vernommen.“
    Wir rührten uns nicht und lauschten weiter in die Stille hinein. Und plötzlich erklang dasselbe Geräusch wieder. Erst sehr leise, dann etwas deutlicher. Es klang wie das Schlurfen von hundert Füßen, das von einem seltsamen, vielstimmigen Zirpen begleitet wurde.
    Ben stieß mich

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