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0851 - Der Kult der Shada-Gor

0851 - Der Kult der Shada-Gor

Titel: 0851 - Der Kult der Shada-Gor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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Flüstern - direkt in seinem Kopf. Die geheimnisvolle Stimme sprach in einer fremdartigen Sprache zu ihm, doch mit jedem Wort verstand er ihre Bedeutung mehr.
    Die Botschaft war ganz einfach. Sie lautete: Willkommen zu Hause, Kind von Shada-Gor!
    ***
    Hongkong
    Der mit erlesenen Möbeln und teuren Antiquitäten äußerst stilvoll eingerichtete Raum war nichts, was man in dem äußerlich völlig heruntergekommenen Lagerhaus im Stadtteil Lai Chi Kok erwartet hätte. Und genau das war auch die Absicht der Betreiber dieses illegalen Auktionshauses. Denn nichts, was hier für Unsummen unter den Hammer kam, war legal ausgegraben, gekauft oder ins Land geschafft worden.
    Die potenziellen Käufer waren Wirtschaftsführer, Politikgrößen oder hochrangige Vertreter des organisierten Verbrechens. Zu sagen, dass Rupert Jenkins ein besonders gern gesehener Gast in dieser illustren Runde gewesen wäre, hätte kaum der Wahrheit entsprochen. Der große, schlaksige Brite war stets unpassend gekleidet, benahm sich schlecht und war in der Regel so pleite, dass er nicht mal eine antike Schnupftabakdose hätte ersteigern können. Von den kostbaren Gemälden oder Schmuckstücken, die hier regelmäßig über den Tisch gingen, ganz zu schweigen.
    Doch die Bruderschaft der Neun Drachen hatte den Betreibern deutlich zu verstehen gegeben, dass sie es nicht schätzen würde, wenn Mr. Jenkins von den monatlichen Auktionen ausgeschlossen würde. Und einen Wunsch der Neun Drachen lehnte niemand ab, der noch einigermaßen Herr seiner Sinne war Schließlich kontrollierte die vor über tausend Jahren gegründete Geheimorganisation das gesamte organisierte Verbrechen in der ehemaligen Kronkolonie und darüber hinaus weite Teile der Politik und des Wirtschaftslebens.
    Und so saß Rupert Jenkins auch an diesem Abend auf seinem Stammplatz in der dritten Reihe. Er trug khakifarbene Shorts, ein Daffy-Duck-T-Shirt, eine rot geränderte Sonnenbrille und eine blaue Baseball-Kappe mit der Aufschrift Harvard, eine Universität, die der schlacksige Brite mit Sicherheit nie auch nur aus der Ferne gesehen hatte.
    Träge beobachtete Jenkins unter halb gesenkten Augenlidern das Geschehen und gab ab und zu einen lauten Schnarcher von sich, während die Umsitzenden indigniert versuchten, ihn so gut wie möglich zu ignorieren. Kein zufälliger Beobachter hätte wohl geahnt, dass der Brite mit dem blonden Magnum-Schnauzer in Wirklichkeit hell wach war und jeden der Anwesenden genau im Blick hatte.
    Jenkins hatte an seinem Image als leicht debiler Clown so lange gearbeitet, dass es ihm inzwischen zur zweiten Natur geworden war. In der guten alten Zeit der britischen Kolonialherrschaft war er ein untergeordneter Agent beim Auslandsgeheimdienst MI-6 gewesen, jetzt diente er der Bruderschaft als Informant, Kurier und Mann für spezielle Aufträge.
    Der Versteigerung zu folgen, war für ihn kein Problem. Im Gegensatz zu den meisten in Hongkong lebenden Ausländern sprach Jenkins fließend Kantonesisch. Doch bisher war nichts unter den Hammer gekommen, was seine Aufmerksamkeit erregt hätte.
    Was ihn dagegen äußerst beunruhigte, war der seltsam unförmig wirkende Mann, der am rechten Rand der hintersten Reihe Platz genommen hatte. Obwohl die Klimaanlage auf Hochtouren arbeitete, trug er einen Trenchcoat und einen dicken Schal und hatte einen altmodischen Hut tief ins Gesicht gezogen. Es war ein Wunder, dass die Wachen den vermummten Mann überhaupt eingelassen hatten. Vielleicht ein Verkäufer; der anonym bleiben will, dachte Jenkins. Doch er nahm sich vor, die groteske Gestalt weiter im Blick zu behalten.
    »Und jetzt kommen wir zu einem besonders seltenen Stück«, sagte der Auktionator, ein verhutzelt wirkendes, kahlköpfiges Männlein, das die 50 schon weit überschritten hatte.
    Ein Gehilfe stellte ein bizarr geformtes Objekt auf den Auktionstisch, das allen Gesetzen der Geometrie zu widersprechen schien. Es glich entfernt einer hohen Schale, doch alles an ihr schien leicht verzerrt zu sein. Die Rundungen gingen nahtlos in glatte Flächen über, die sich jedoch beim Anblick zu verkrümmen und zu dehnen schienen.
    Eine optische Täuschung, wie in einem dieser Bilder von diesem verfluchten Escher , dachte Jenkins.
    Doch eine innere Stimme sagte ihm, dass diese einfache Erklärung nicht stimmte. Beschriftet war das Gefäß mit archaischen Zeichen, die keiner Schrift entsprachen, die der Ex-Agent je gesehen hatte. Doch das war noch nicht alles. Ein spitzer Schmerz bohrte

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