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0855 - Geisel der Finsternis

0855 - Geisel der Finsternis

Titel: 0855 - Geisel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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des Praetors gebohrt hatte, bewegte sich! Nach und nach trat er hervor, bis er keinen Halt mehr fand und mit einem Klirren auf dem Felsboden aufschlug.
    Doch das war erst Teil eins des Spieles. Teil zwei folgte - und er übertraf seinen Vorgänger um Längen.
    Der Mund des Praetors hatte sich geschlossen, war zu einem schmalen Schlitz geworden. Jetzt spitzte das Wesen aus einer anderen Welt die Lippen. Van Zant glaubte nicht, was er sah, aber es gab keinen Zweifel. Auch der zweite Armbrustpfeil kam zum Vorschein, steckte ganz vorne im Mund des Praetors. Der Brustkorb des Riesen wölbte sich kurz, als hole er Atem, dann sauste der Metallbolzen wie von einem Katapult abgefeuert zwischen den Lippen hervor.
    Einen Herzschlag lang geschah nichts, doch dann griff sich Iriga mit der linken Hand an die Stirn. Ein dünnes Rinnsal hatte sich dort gebildet. Es war kein Angstschweiß, es war das Blut der Kriegerin. Van Zant musste genau hinsehen, um das Bolzenende zu erkennen, das aus Irigas Stirnplatte ragte…
    Die Amazone öffnete den Mund, als wolle sie etwas sagen, doch dann versagte ihr Körper. Sie war längst tot, als sie auf dem Felsgrund aufschlug. Getötet durch ihr eigenes Geschoss, das sich auf so makabere Weise gegen sie gerichtet hatte.
    Leises Gemurmel wurde hörbar. Die Kriegerinnen hatten die Hinrichtung ihrer Anführerin mit Entsetzen erlebt. Das Murmeln wurde lauter, steigerte sich zu ersten wilden Flüchen und Schreien.
    »Iriga… er hat sie einfach so…«
    »Bei der Urmutter…«
    »Fort hier - er ist uns über!«
    »Schnell, flieht, Schwestern, sonst sterben wir alle!«
    Der erste Flugdrachen erhob sich in die Lüfte, und seine Reiterin schoss wütend ihre Armbrüste ab, die sie mit sich führte. Die Bolzen verfehlten ihr Ziel, hätten jedoch um ein Haar den Physiker getroffen, der den Praetor als Deckung nutzte.
    Sie werden ihm nicht entkommen. Artimus hatte gesehen, wie schnell und hart die Kreatur mit den Echsen verfahren war. Doch zuvor werden sie ihn unter Dauerbeschuss setzen.
    Ein böses Brummen huschte an van Zants Kopf vorbei. Die Kriegerinnen schossen, was ihre Armbrüste hergaben.
    Und ich stehe mitten im Zielpunkt…
    Nichts und niemand konnte ihm hier noch beistehen. Van Zant hatte nur noch einen Wunsch - woanders sein… weit, weit fort von hier! Am besten auf einer ganz anderen Welt.
    Der Praetor wischte die Armbrustpfeile mit kreiselnden Armbewegungen fort, als wären sie lästige Stechmücken. Dann öffnete sich abermals sein Mund, weitete sich zu ungeahnten Ausmaßen. Die Kriegerinnen hatten es nicht anders gewollt. Nun würde er sie eben vernichten müssen.
    Was hinter ihm geschah, das registrierte die Wesenheit nicht…
    ***
    Es geschah vollkommen übergangslos. So, wie es ja bereits schon einmal passiert war - damals, nach dem Rockkonzert, das Artimus mit Professor Zamorra und Nicole Duval besucht hatte.
    Dass es nun erneut geschah, das mochte Zufall sein. Oder?
    Ein Zufall…? Exakt in diesem Augenblick, der Artimus in so großer Todesnähe sah? In dem Moment, der in ihm den Wunsch nach einer Flucht so intensiv hatte werden lassen?
    Wirklich ein Zufall?
    Sein letzter Eindruck von der Welt der Schwefelklüfte waren auf ihn zuhuschende Punkte, die sich wohl als Stahlbolzen entpuppt hätten, wenn sie bei ihrem Ziel angekommen wären. Und dieses Ziel war neben dem Praetor er!
    Hätte… wäre…
    Die Worte kreiselten in seinem Bewusstsein umher. Artimus van Zant versuchte, sich zu konzentrieren. Was er sah, kannte er bereits von seinem ersten Aufenthalt in… ja… wo eigentlich?
    Wieder war es diese enge Röhre, in der er steckte. Wohin er sich aufwandte - überall sah er die Schwärze des Alls, gespickt mit winzigen Nadelspitzen, dem Sternenmeer; darin die Galaxien, Inseln in unendlichen Weiten, die sich rotierend aufeinander zu - voneinander fortbewegten. So wundervoll dieser Anblick auch war, dieses Mal trieb er ihm Angstschweiß auf die Stirn.
    Etwas war anders als damals.
    Die Sterne… die bewegen sich zu schnell, zu unkoordiniert. Das ist ganz einfach falsch.
    Bei seinem ersten Aufenthalt in diesem Raum - wenn man ihn denn so nennen konnte -, hatte Artimus Gesichter zwischen den Galaxien auftauchen und wieder verschwinden sehen. Wesen, so verschieden in ihrem Aussehen, wie sie nur sein konnten. Eines von ihnen war sogar in Kontakt zu dem Südstaatler getreten. Heute jedoch erschien nicht ein einziges Antlitz. Van Zant schloss für Sekunden die Augen. Die rasenden Sterne ließen

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