0861 - Manege der Hölle
gelernt hatte.
Die tödlichste aller animalischen Kräfte ließ sich nun nicht mehr steuern. Sie schrie in der Tigerin - töten, töten… Mord!
Der rechte Vorderlauf senkte sich… und erstarrte mitten in der Luft. Kraftlos fiel Nicole Duval zu Boden, landete direkt neben der vor Furcht regelrecht erstarrten Löwin. Nach Luft ringend starrte die Französin auf den kleinen Mann, der hinter dem Gitter stand, die nun wieder matt schimmernde Kugel noch in der Hand.
»Siehst du, Tigerfrau«, sagte er. »Hier bestimmt nur der, der die Kraft beherrscht. Du solltest dich fügen. Ruh dich aus, denn nicht mehr lange, dann beginnt auch für dich das Training. Der alte P.T. wird sich so lange noch ein wenig auf die faule Haut legen.«
Er wandte sich zum Gehen, doch Nicoles Stimme stoppte ihn abrupt.
»P.T.? Ich kenne dich. Phineas Taylor Barnum, nicht wahr? Der große amerikanische Zirkuspionier, dessen Methoden die Menschen nicht immer so einfach zu billigen bereit waren. Barnum…« Nicole fühlte sich zu müde, um auch noch ein einziges Wort zu sagen, doch sie riss sich zusammen - vielleicht konnte sie den Mann irgendwie emotional packen. »Barnum, der Sensationenmann… Das also ist aus dir geworden? Sklave und Stallknecht!«
PT. ruckte herum, hielt die Kugel erneut in die Höhe. Sein Körper vibrierte vor Wut. Doch dann besann er sich, verschwand mit langen Schritten.
Wie konnte das Tigerweib ihn nur erkennen?
Nicole versuchte so etwas wie ein müdes Lächeln zustande zu bringen, doch es misslang ihr. Die Raubtiermimik machte ihr einen Strich durch die Rechnung.
Dann fielen ihr die Augen zu. Die Anstrengung war einfach zu groß gewesen.
Doch nun wusste sie zumindest um die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage. Dieser Stein… diese Kugel… konnte ihr menschliches Bewusstsein herunterfahren, bis nahezu auf den Nullpunkt. Das war die Macht, die ein Entfliehen unmöglich erscheinen ließ.
Unmöglich. Nicole hatte dieses Wort nie in seiner Bedeutung akzeptieren können…
***
Zamorra konnte Schmerzen ertragen.
Das jedoch machte sie deshalb nicht angenehmer. Wie auch immer - an die körperliche Pein, die ein Sprung mit Dalius Laertes mit sich brachte, wollte er sich ganz sicher nicht gewöhnen. In diesem Fall jedoch nahm er sie schweigend hin.
Der Parapsychologe sah sich um. So hatte die Vision ausgesehen, die Vassago ihm gezeigt hatte. Er verließ sich auf das Können des Vampirs an seiner Seite, einen visuell erfassten Ort auch präzise zu erreichen. Mit absoluter Sicherheit hätte Zamorra ihren Ankunftsort in den Schwefelklüften nämlich nicht identifizieren können. So wie hier… nun, so mochte es an Dutzenden Plätzen in der Hölle aussehen. Steinwüste, ganz gleich wohin man sich auch wandte.
»Bist du dir wirklich sicher…«
Zamorra ließ Laertes den Satz nicht vollenden, denn er kannte die noch fehlenden Worte ja bereits.
»Sicher? Was ist schon sicher? Einem Dämon traue ich keinen Jota weit über den Weg. Doch Vassago schien auch überrascht, als er diesen Ort hier ausgemacht hatte. Da steckt kein Trick hinter der Sache. Ich frage mich allerdings, wo wir hier etwas suchen, geschweige denn finden sollen?«
Dalius Laertes entfernte sich schweigend von Zamorra. Wirklich hektisch hatte der Professor den Vampir noch nie erlebt. Trotz aller Ungewissheit über seine Vergangenheit, die nun einmal in Laertes brodelte, ruhte der Hagere irgendwie fest in sich. Zamorra bewunderte die Ruhe des Uskugen, auch wenn er längst nicht immer sicher war, dass sie echt war.
Er selbst hingegen war derzeit sehr unruhig. Er machte sich die größten Sorgen um Nicole. Und es verdross ihn, dass sie scheinbar wirklich nie für einige Zeit Ruhe fanden. Nach der Auseinandersetzung mit dem Erzdämon Astaroth, der Werwölfe und Spinnen genetisch manipuliert und auf die Menschen losgelassen hatte, wollte er Nicole und sich ein wenig Ruhe gönnen - Urlaub gewissermaßen. Sie waren nach Venedig gereist, einer Stadt, in der Zamorra nicht mehr mit schwarzmagischen Aktivitäten rechnete. Immerhin hatte er hier bei einigen seiner früheren Besuche kräftig aufgeräumt.
Aber er irrte.
Eine Vampirsippe griff dort nach der Macht. Vampire, die es schon seit Jahrhunderten in der Stadt gab, die ihm aber bislang nie aufgefallen waren, weil sie sich immer zurückgehalten hatten und ihr Versteck in einer Dimension neben der Welt hatten. Dort hatte er sie niemals spüren können.
Doch nun waren sie da. Und es kam zu einer gefährlichen
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