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0863 - Auf den Schwingen des Todes

0863 - Auf den Schwingen des Todes

Titel: 0863 - Auf den Schwingen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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könnte, den Sie dort beerdigt haben? Wie hieß er noch mal? Winghart?«
    »Ja, Solomon Winghart, in der Tat.« Der Father stopfte sich den neunzehnten Donut in den Mund. Nicole wusste es genau, sie zählte mit. Rempel kaute mit vollen Backen, während er berichtete. Er schien wenig privaten Umgang mit Menschen zu haben, da er so eklatant gegen die Benimmregeln verstieß. »Nun, Professor, Miss Duval, ich weiß es nicht. Ich meine, vielleicht ist dieses Gebäude, ich wage das Wort Kirche in diesem Zusammenhang gar nicht in den Mund zu nehmen, vielleicht ist also dieses Gebäude mit den Dämonischen schon früher dort materialisiert. Das könnte durchaus sein, da es sich um einen abgelegenen Teil des Friedhofs handelt, wo es bis vor dem Wingharts noch keine Gräber gab. Und nachts sind sowieso nur wenige Menschen auf dem Friedhof unterwegs. Der Sicherheitsdienst patrouilliert immer wieder, um Grabschändungen vorzubeugen, aber nur da, wo Gräber sind. Und ich bin ja auch nur durch Zufall zum Grab zurück, wie Sie wissen.«
    »Wissen wir«, unterbrach Nicole den Redefluss des Geistlichen. »Sagen Sie, Father, was war dieser Winghart für ein Mensch?«
    »Solomon Winghart? Oh, ein äußerst ehrenwerter Mensch und eine hochgeachtete Persönlichkeit. Er gehörte lange Jahre dem Stadtrat an. Dann setzte er sich für die Armen und Schwachen ein und machte sich als Gründer mehrerer Suppenküchen für Obdachlose im ganzen Stadtgebiet einen Namen. Es handelte sich zudem um einen grundgütigen Menschen, voller Wärme und Herzlichkeit. Ich hatte das Vergnügen, Winghart zu dessen Lebzeiten ein paar Mal begegnen zu dürfen. Ein feiner Mensch.«
    Nicole schnappte sich den siebten Donut, ohne jegliche Absicht allerdings, den Father einholen zu wollen. »Wie ist Winghart gestorben?«
    »Dem Herrgott gefiel es, ihn durch einen Herzinfarkt an seinem Schreibtisch abzuberufen.«
    »Gut«, erwiderte Zamorra. »Mit Winghart scheint das Ganze also nichts zu tun zu haben. Wahrscheinlich handelt es sich tatsächlich um einen Zufall. Ich schlage vor, wir gehen hin und Sie zeigen uns die betreffende Stelle, Father.«
    Nathan Rempel nickte. »Natürlich, Professor. Aber sollten wir nicht warten, bis es dunkel ist? Ich meine…«
    »Lassen Sie uns trotzdem nachschauen, Father. Wer sagt denn, dass diese Kirche tatsächlich nur nachts erscheint? Vielleicht ist sie ja auch tagsüber da.«
    Rempel schaute Zamorra mit offenem Mund an. »Aber nein, dann müsste man sie ja sehen. Ich habe sie doch auch…«
    »Nicht unbedingt, Father. Wenn Magie im Spiel ist, haben die Naturgesetze öfters mal Pause.«
    »Nett gesagt. Nun, vielleicht haben Sie Recht, Miss Duval. Also, gehen wir.«
    »Und vergessen Sie Ihr Kreuz nicht, Father«, mahnte ihn Nicole. »Es liegt dort drüben auf dem Schreibtisch.«
    »Wie? Ach ja, natürlich.«
    »Zudem haben wir so unsere Methoden«, ergänzte Zamorra.
    »Ich erinnere mich.« Rempel legte die Stirn in Falten. »Erwähnten Sie bei Ihren Vorlesungen an der Columbia nicht etwas von einem Amulett, Professor?«
    »Richtig. Merlins Stern.«
    »Wo haben Sie ihn denn?«
    Zamorra legte das Amulett frei, das er bisher unter dem Hemd getragen hatte.
    Der Father musterte es einen Moment lang misstrauisch und wandte sich dann ab. Er schien es für Teufelswerk zu halten.
    Sie gingen hinüber zum Greenwood Cemetery und betraten den Friedhof durch eine kleine Seitenpforte.
    Die Sonne schien auf riesige Grabfelder aus weißen Statuen, Grabsteinen und Mausoleen. Vereinzelte, versteckt gelegene Grabstätten, die aus Büschen lugten, gab es ebenso. Eine Friedhofsführung kreuzte ihren Weg. Nicole hörte, dass es sich um eine Gruppe deutscher Touristen handelte. Eine Frau wollte unbedingt zum Grab des deutschstämmigen Frederick Augustus Otto Schwarz, der das größte New Yorker Spielwarengeschäft FAO Schwarz gegründet hatte.
    »Die spinnen, die Amis«, murmelte Nicole, als sie eine Familie sah, die sich zum Picknicken neben einem von Steinlöwen bewachten griechischen Mausoleum niedergelassen hatte. Wo sonst auf der Welt wurde ein Friedhof von den Menschen gleichzeitig als Freizeitpark genutzt?
    Schließlich erreichten sie das Grab Solomon Wingharts. Einsam lag es im Sonnenschein, inmitten einer großen, gepflegten Rasenfläche. Berge von Blumen und Kränzen bedeckten es.
    Der Meister des Übersinnlichen hakte Merlins Stern von der Kette und stellte sich damit an Wingharts Grab.
    »Nichts«, stellte er fest. »Das Amulett reagiert nicht.

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