0863 - Die Sirene von Atlantis
wieder. »Ausgerechnet dort, wo ich… nun ja, wo ich mich stets so sicher gefühlt habe. Da ist es dann passiert, und ich kann nicht an sie heran. Ich kann es nicht.« Sie schaute den Eisernen und auch Myxin an, weil sie von ihnen eine Bestätigung erhalten wollte.
Keiner stimmte ihr so recht zu. Myxin schaute zu Boden, das Gesicht des mächtigen Engels sollte ein Lächeln zeigen, doch es wurde nur mehr eine Grimasse. Trotzdem rückte er mit einem Vorschlag heraus. »Soll ich es versuchen und die Verfolgung aufnehmen?«
»Nein, das wird keinen Sinn haben. Danke, es war nett von dir, aber das muß ich allein durchstehen. Es ist mein Problem.«
»Stimmt«, sagte auch Myxin.
»Wie meinst du das? Deine Stimme hat so ungewöhnlich hart geklungen.«
Der kleine Magier zeigte ein Lächeln. »Muß ich dir das wirklich erklären, Kara?«
»Nein.«
»Dann entscheide dich endlich. Einmal hast du dich erinnert. Du mußt wieder versuchen, einen Schwachpunkt bei deiner angeblichen Schwester zu finden.«
»Und wenn es keinen gibt?«
»Es wird einen geben!« erklärte Myxin überzeugt. »Niemand ist perfekt oder allmächtig. Es wird in der Tat einen Schwachpunkt geben. Den mußt du herausfinden.«
»Dabei weiß ich nicht mal, was ich alles mit ihr erlebt habe«, murmelte sie. »Es ist in Vergessenheit geraten. Ich habe nur…«
»Laß mich nur machen!«
Kara faßte nach seiner Hand. »Es ist schon gut, Myxin. Ich weiß, daß du es positiv meinst. Aber hatten wir uns nicht vorgenommen, auch mit John Sinclair Kontakt aufzunehmen?«
»Das können wir später erledigen. Auch John wird froh sein, wenn er weiß, wo er hingreifen kann und nicht immer ins Leere faßt.«
»Ja? Das ist möglich.«
»Du versuchst es also?«
»Ich muß es doch.«
»Dann komm!«
»Wo willst du hingehen?«
Myxin deutete auf die Blockhütte. »Dort wirst du dich hinlegen. Es ist besser, wenn du Platz auf einem Lager findest. Da bleibst du dann in einer gewohnten Umgebung liegen und gibst dich einzig und allein dem hin, was auf dich einstürmt. Wenn du dich allein zwischen die Steine stellst, kann das ohne Waffe gefährlich werden. Sie… sie … können dich ebenfalls verschwinden lassen wie das Schwert …«
»Dann wäre ich möglicherweise bei ihr.«
»Und verloren.«
Kara gab Myxin nicht gern recht, in diesem Fall jedoch konnte sie nicht anders. »Außerdem bin ich nicht allein«, fuhr er fort. »Auch der Eiserne Engel wird bei dir wachen. Das kommt alles hinzu, Kara, und wenn du vergleichst, ist mein Vorschlag am besten.«
Für einen Moment stierte sie ins Leere. Dann gab sie sich einen Ruck und stand auf. »Laß uns gehen.«
Sie betraten hintereinander die Hütte. Der Eiserne Engel blieb wie ein Wächter draußen stehen. Myxin drückte die Tür nicht zu, er wollte die dritte Person nicht ausschließen.
Als Kara auf der Bettkante saß, faßte sie wieder nach Myxins Hand. »Ich habe Angst«, flüsterte sie. »Kannst du dir das vorstellen? Ich, Kara, habe plötzlich Angst.«
»Das brauchst du nicht. Ich wüßte auch nicht, wovor du Angst haben solltest.«
Kara hob die Schultern. »Ich weiß es auch nicht genau. Es sind möglicherweise die Umstände, und es ist auch die Furcht davor, daß diese Roya alles vernichten will, was sich ihr in den Weg stellt. Ich frage mich, weshalb sie gekommen ist.«
»Moment mal. Noch wissen wir nichts. Du weißt nicht, ob sie da ist und durch die Welt spaziert. Bisher bist du ihr nur in deinen Erinnerungen begegnet und in dem anderen, nahezu wehrlosen Zustand zwischen den Steinen. Alles andere sind Vermutungen.«
»Aber sie hat sich mein Schwert geholt. Sie wird es bestimmt einsetzen wollen. Sie wird damit töten und…«
»Kann sie es?«
»Ja.«
»Wie kommst du darauf?«
»Sie war lange bei uns.«
»Auch dann noch, als dir dein Vater das Schwert mit der goldenen Klinge als Erbstück überließ?«
Karas Antwort kam spontan. »Nein, da nicht mehr. Da hatte sie längst ihren eigenen Weg beschritten. Aber sie wird vieles von dem behalten haben, was sie bei uns hörte. Und sie hat ihren Gesang nicht vergessen. Dieses sirenenhafte Geheul, das ich ebenfalls hörte, als ich mich bei den Steinen aufhielt. Roya hat viel, sehr viel dazugelernt, und nicht nur Gutes, das kannst du mir glauben.«
Myxin sprach ihr weiterhin Mut zu. »Trotzdem solltest du nicht aufgeben, meine Liebe. Du mußt weitermachen und auch auf deine eigene Stärke vertrauen.«
»Ich versuche es, indem ich mich unter deinen Einfluß
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