0863 - Die Sirene von Atlantis
begebe.«
Nach diesen Worten legte sie sich auf den Rücken, hob die Beine an und streckte sie aus.
Myxin schaute auf sie nieder.
Kara blickte in seine Augen, die noch normal waren und ihr auch so vertraut erschienen. Er schenkte ihr das Lächeln mit den Augen und mit seinem Mund, dann aber ließ er sich auf der Bettkante nieder, strich Karas Haare rechts und links des Gesichts zur Seite und nahm ihre Hand. »Ich werde sie festhalten, so daß du immer den Halt verspürst. Ist das gut so?«
»Ich vertraue dir!«
»Gut.«
Er wartete noch einen Moment, dann sah Kara, wie sich der Ausdruck in Myxins Augen änderte. Sie verloren ihren natürlichen Glanz, sie bohrten sich in ihre Pupillen, sie wurden groß, immer größer, und Kara spürte das Rieseln, das durch ihren Körper zog.
Für einen Moment stemmte sie sich gegen diese magische Hypnose an, als wäre ihr plötzlich eine gewaltige Gefahr bewußt geworden, die auf sie zukam.
Das ging vorbei.
Myxin war stärker.
Sie hörte noch seine Stimme. »Alles wird gut, Kara, alles wird gut werden. Du mußt mir nur vertrauen…«
Die Welt der Blockhütte versank. Eine andere tauchte auf, eine, die sie sich nicht erklären konnte. Eine Welt, die es nicht mehr gab, nur noch in ihrer Erinnerung, aber die wurde durch Myxins magische Hypnose hervorgeholt, auch wenn sie mehr als zehntausend Jahre zurücklag…
***
»Das ist Karas Schwert!« Suko hatte diesen kurzen Satz gesprochen.
Also hatte ich mich nicht geirrt. Die Blonde besaß das Schwert mit der goldenen Klinge, und wenn ich darüber nachdachte, konnte mir beinahe schwindlig werden.
Ich wußte ja, wie sehr Kara an dieser Waffe hing, die das letzte Geschenk ihres Vaters gewesen war. Freiwillig hätte sie das Schwert nie abgegeben! Hatte es einen Kampf gegeben?
Und wie war der zu Ende geführt worden? Lebte Kara noch? Oder war sie nur verletzt?
Ich wußte auch nicht, aus welchem Grunde die Blonde ausgerechnet hier in Stonehenge erschienen war. Zwar sagte man den Steinen eine alte Verbindung zu Atlantis nach, aber sicher war das nicht.
Wahrscheinlich zählte nur die Magie, die es trotz aller Skepsis hier gab.
Ich wartete.
Sie wartete, und wir wußten beide nicht, auf was wir da lauerten.
Natürlich konnten Suko und ich davon ausgehen, daß sie auch uns töten wollte, und mein Freund fing damit an, erste Gegenmaßnahmen zu ergreifen, denn er zog mit einer vorsichtigen Bewegung die Dämonenpeitsche aus dem Hosenbund.
Die Blonde rührte sich nicht. Im Vertrauen auf ihre eigene Kraft ließ sie Suko gewähren, der mich ansprach, ohne großartig die Lippen zu bewegen. Es sollte auch nur eine gemurmelte Frage werden.
»John, wird sie die Waffe auch anheben können?«
»Das ist die Frage.«
»Und deine Antwort?«
»Sollen wir es testen?«
»Es könnte ins Auge gehen. Zumindest eines der beiden Schwerter beherrscht sie perfekt.«
»Okay, wir versuchen es.«
Mehr brauchte ich nicht zu sagen. Suko bewegte sich etwas von mir weg, blieb aber auf gleicher Höhe und geriet in den Schatten eines Steins. Er ging so, daß er von der linken Seite auf die Frau zukommen konnte, ließ sie dabei nicht aus den Augen, und ich war ebenfalls nicht auf dem Fleck stehengeblieben, denn ich wollte von der anderen Seite an sie heran.
Die Blonde tat nichts. Sie traf überhaupt keine Anstalten, sich zu wehren, aber sie öffnete den Mund. Einen Moment später strömte wieder der Gesang über ihre Lippen, der ablief wie eine ausgeleierte Schallplatte.
Warum sie sang, wußten wir beide nicht. Möglicherweise wollte sie sich Mut machen, und sie hob nicht mal die Waffen an. Die Spitzen berührten den Boden.
Ich dachte an den Film. Ich sah die Szene genau vor mir, als die Mörderin so plötzlich reagiert hatte. Ohne es anzukünden, so rasend schnell hatte sie ihre Waffe hochgerissen und erst den einen, dann den anderen Mann getötet.
Darauf waren auch wir gefaßt.
Aber sie tat es nicht.
Es blieb einzig und allein bei diesem sirenenhaften Gesang. Dann schaute sie uns an, ihr Gesicht war starr und wies trotzdem ein kaltes und wissendes Lächeln auf.
Wir waren stehengeblieben.
Die Umgebung hatte sich plötzlich verändert. Die Steine traten zurück, sie sahen für uns aus, als würden sie von gewaltigen Händen zur Seite geschoben.
Immer weiter drängten sie sich nach hinten. Ihre Umrisse verloren an Schärfe, die Schatten nahmen zu, und aus dem Hintergrund schob, sich etwas anderes heran.
Ich kam mit dieser Veränderung nicht zurecht
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