0864 - Karas grausame Schwester
sich auf.
Gerade rechtzeitig genug, um Roya erkennen zu lassen, in welch einer Lage sie sich befand.
Sie drehte sich halb nach rechts.
Genau dort stand die Schöne aus dem Totenreich und schaute sie aus ihren dunklen Augen an. Kara sagte nichts, aber auch Roya hatte ihren Schock rasch überwunden. »Grüß dich, Schwester«, flüsterte sie.
Kara schüttelte den Kopf. »Du weißt genau, daß ich nicht deine Schwester bin.«
»Man hat uns dafür gehalten.«
»Das ist vorbei. Es gibt unser Land nicht mehr. Es ist untergegangen, im Meer versunken. Aber es gibt und gab andere, die überlebt haben, und nicht alle sind gut, du Mörderin.«
Roya lachte sie aus. Sie nahm von Myxin und dem Eisernen Engel keine Notiz, für sie gab es einzig und allein nur die angebliche Schwester. »Immer noch so moralisch? Immer noch die Gute?«
»Und die werde ich auch bleiben.«
»Nein, das wirst du nicht, denn diese Begegnung hier wirst du nicht überleben.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Ja, auch wenn du dir Helfer mitgebracht hast, ich bin trotzdem stärker, darauf kannst du dich verlassen.«
»Wir sollten es darauf ankommen lassen.«
»Das werden wir auch.«
Kara nickte. »Sehr richtig, nur wir beide, Roya, nur wir beide. Wie schon einmal.« Kara schüttelte ihr Haar zurück. »Du hast mir etwas genommen, was ich von meinem Vater als Erbe bekam. Es ist das Schwert mit der goldenen Klinge, das sich nur in meiner Hand befinden darf. Auch wenn du damit umgehen kannst, ich werde es wieder an mich nehmen und dich endgültig ins Reich der Toten schicken.«
»Versuche es.«
»Sicher!«
Kara bewegte sich einen Schritt nach hinten. Sie schlug einen Bogen, als sie ging, und ich wußte auch, wen sie sich als Ziel ausgesucht hatte, nämlich mich.
Ich hatte mich innerlich schon auf einen Kampf gegen Roya vorbereitet.
Dazu würde es wohl nicht mehr kommen, denn Kara, das gab ich ehrlich zu, besaß die älteren Rechte, und ich würde ihr die Herausgabe des Schwertes nicht verweigern, wenn sie es wollte.
Alle anderen schauten zu, als sie vor mir stehenblieb, dabei lächelte und sagte: »Ich danke dir schon jetzt, John.«
»Wofür?«
»Daß du es geholt hast.«
»Zufall, Kara, reiner Zufall.«
»Gibt es den bei dir?«
Ich hob die Schultern und reichte ihr das Schwert, nachdem sie bereits die rechte Hand ausgestreckt hatte. Als sie mit ihren Fingern den Griff umschloß, durchlief ein Zucken ihren Körper, und ich hörte ihr leises Aufstöhnen.
»Es tut gut, nicht wahr?«
»Ja, ich kann es dir kaum beschreiben.«
Ich trat zurück. Kara schaute die Klinge an, als wäre sie völlig neu für sie, dann drehte sie sich.
Myxin und der Eiserne Engel waren zurückgetreten. Sie kannten die Regeln, sie würden die beiden Kämpfenden nicht behindern, und Kara nickte ihrer angeblichen Schwester zu. »Ich bin bereit.«
»Ich auch, Schwesterherz!« Mit einer heftigen Bewegung schleuderte Roya ihren Mantel zurück.
Der letzte Kampf der beiden begann!
***
Sie waren vorsichtig. Sie rannten nicht aufeinander zu. Sie taktierten, denn jede wußte genau um die Stärke der anderen. Ein paar Finten schlugen sie schon, doch die Klingen berührten sich nicht einmal, so weit hielten sie die Abstände.
Myxin und der Eiserne hatten die beiden Toten zur Seite geräumt. Sie sollten nicht ins Kampfgetümmel geraten.
Es war Roya, die blitzartig ihre Klinge gegen Kara stemmte und sie beinahe mit einem Stoß überrascht hätte. Doch Kara drehte ab, die Klinge passierte sie, dann schlug sie zu und erwischte die Waffe ihrer Feindin. Das Schwert mit der goldenen Klinge wuchtete die normale Waffe nach unten.
Sie kratzte über den Boden, und plötzlich brach Roya in die Knie, ohne daß ihr etwas passiert wäre.
Sie hatte nur das eigene Schwert verloren, schon beim ersten Zusammenprall, im Prinzip lächerlich, aber nicht, wenn man die Waffe genauer kannte.
Kara war dermaßen überrascht, daß sie zunächst zurücktrat und einfach nichts tat. Sie verfolgte wie wir, wie sich der Mantel über den fast nackten Körper der Frau senkte.
»War das alles?« fragte Myxin.
Kara, abwartend, aber noch immer kampfbereit, hob die Schultern. »Ich weiß es nicht.«
»Es ist dein Schwert, nicht?«
»Kann schon sein.« Sie lächelte.
Wir alle gaben Roya eine gewisse Zeit, um sich zu erholen. Ihre Waffe lag flach auf dem Boden, und sie traf auch keine Anstalten, nach dem Griff zu greifen.
Sie hockte auf dem Boden wie ein halbrundes, dunkles Bündel. Sie sprach nicht,
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