0865 - Aus Tinte geboren
Anwesenheit.
Weder baute er den wabernden Energieschirm um Zamorra auf, noch sendete er magische Schläge in Form silberner Blitze gegen den Schwarzen.
Es war, als habe jemand das Amulett abgeschaltet.
»Interessant«, stellte der Dämon fest. »Will ich haben.«
Augenblicklich sendete Zamorra das Amulett zu Nicole Duval. Er war dankbar über diese neue Funktion des Amuletts. Nicole wurde gewarnt, das eine Gefahr drohte, gleichzeitig war Merlins Stern in Sicherheit.
»Auf keinen Fall bekommst du es«, versprach er.
»Ich will es haben!«, brüllte der Schwarze. Bei seinem Zornausbruch wurde es noch düsterer in der Küche.
Madame Claire wollte die Situation ausnutzen und fliehen. Da bemerkte sie, dass sie auf einmal nur noch unter unglaublichen Schwierigkeiten atmen konnte. Sie fasste mit beiden Händen an die Brust und schnappte verzweifelt nach Luft.
Sie fuchtelte mit den Armen herum.
Die Augen wollten ihr schier aus den Höhlen treten.
Dann fiel sie auf die Knie.
Zamorra versuchte es erneut mit dem Bannzauber, obwohl er sich nicht viel davon versprach. Ihm kam es jedoch darauf an, den Schwarzen Dämon von Madame Ciaire abzulenken.
Der steigerte sich in seine Wut hinein. Er griff jetzt auch Zamorra auf die gleiche Art an.
Er verdunkelte den Raum so weit, das kaum noch etwas zu erkennen war, und versuchte auf unbegreifliche Art, die Luft zu verdicken, um seinen Feinden keine Chance zum Atmen zu geben.
Der Parapsychologe wankte zwei Schritte zurück. Er konzentrierte sich mit aller Macht auf den Bannzauber. Blitze fuhren in die Augen des Dämons und umzuckten ihn. So war er nicht in der Lage, seinen Angriff mit voller Wucht zu führen.
»Ist nicht gut! Mag ich nicht!«, schrie er außer sich vor Zorn. Es hörte sich an, als würde ein Kleinkind weinen. Zamorra ahnte nicht, dass er das im übertragenen Sinn auch war, ein Kind, dessen Geburt gerade erst erfolgt war. »Will die funkelnde Scheibe haben!«
Ciaire bekam durch Zamorras Ablenkungsmanöver wieder mehr Luft. Sie erhob sich und wollte aus der Küche verschwinden, da schlug das Wesen erneut zu.
Diesmal bedeutend kräftiger als vorher. Es bediente sich eines sogenannten mentalen Schlages. Die Atmung des getroffenen Wesens setzte kurzfristig aus, außerdem verlor es das Bewusstsein.
Die Köchin erstarrte und fiel der Länge nach zuerst gegen die Küchentür und dann auf die Fliesen.
Damit hatte sie den möglichen Fluchtweg für ihren Chef versperrt.
Zamorra hatte keine Zeit, sich um seine Bedienstete zu kümmern. Er benötigte seine ganze Konzentration zur Bekämpfung des Fremden.
»Mag nicht die Blitze!«, beklagte der sich. »Will Gedankenenergie… und die Funkelscheibe haben!«
Zamorra musste sich schnell etwas einfallen lassen, sonst bekam der überdimensionale Tintenklecks beides innerhalb kurzer Zeit.
***
Alles in Stygia verkrampfte sich. Zamorra lebte also tatsächlich noch!
Wie hatte er das gemacht? Sie hatte doch selbst gesehen, wie er starb! Bei LUZIFER, er war doch kein zweiter Robert Tendyke, der nach jedem Tod wieder zu neuem Leben erwachen konnte! Und das Wasser der Quelle des Lebens konnte ihn auch nicht vor einem gewaltsamen Tod bewahren, wie er zwangsläufig eintrat, wenn man gepfählt wurde - egal, ob man ein Vampir oder ein normaler Mensch war!
Wie auch immer - er lebte noch, und Stygia hatte verloren. Ihre Show war ungewollt zum Desaster geworden. Sie hatte sich so lächerlich gemacht wie noch nie zuvor.
Was konnte sie jetzt noch tun?
Nichts! Sie konnte sich nur noch ein Rattenloch suchen und sich darin verkriechen. Abwarten, bis genug Zeit verstrichen war, um Gras über diese Niederlage wachsen zu lassen. Aber wie lange konnte das dauern? Jahrtausende?
So lange konnte und wollte sie nicht warten. Sie wollte zurück an die Macht, an die Spitze. Sie war nicht der Typ, der so schnell aufgab. Sie war eine Kämpferin, mehr denn je. Und jetzt erst recht!
Aber was konnte sie tun, um sich zu rehabilitieren?
Sie musste Zamorra töten!
Und diesmal vor Zeugen…
***
»Bäume sind Wesen, die sehr alt werden können und viel sehen und erleben im Laufe ihres Lebens. Alte Bäume sind weise. Manche werden sogar viel älter und viel weiser als Drachen. Ich höre ihnen gern zu, wenn sie den Wind bitten, ihnen beim Erzählen zu helfen.«
Diese Worte sagte der Jungdrache Fooly stets, wenn man ihn fragte, warum er ab und zu die Gesellschaft der Menschen mied und ihnen stattdessen Bäume vorzog.
Auch heute saß er wieder an
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