0869 - Leichengift
den Fersen.
Ich rappelte mich wieder hoch. Dabei schüttelte ich den Kopf. Ich mußte ihn freihaben, das verfluchte Gift sollte mich nicht behindern, und ich bemerkte sehr deutlich, daß die frische Luft für eine bessere Atmung sorgte.
Mein Kopf wurde wieder freier.
Von Suko war ebenfalls nichts mehr zu sehen. Ich lief den Luftstrom entgegen, und mit jedem Schritt, den ich zurücklegte, ging es mir wieder besser.
Die Wagentür stand weit offen.
Ich schaute hinaus in die Dunkelheit und sah meinen Freund Suko neben dem Wagen stehen.
Wo war der andere?
Suko hatte mein Kommen gehört. Er drehte sich nach links, schaute zu, wie ich den Wagen verließ.
»Er ist weg, John!«
Ich sprang auch die letzte Stufe nach unten. »Hast du nicht gesehen, wohin er gelaufen ist?« Meine Stimme klang anders. Das Reden fiel mir auch schwer.
»Nein, habe ich nicht.« Skeptisch schaute er mich an. »Was ist los mit dir?«
Ich fühle mich zwar besser, aber nicht gut. »Verdammt noch mal, dieser Typ hat etwas ausgeströmt. Hast du das denn nicht mitbekommen? Diesen… diesen Geruch?«
Suko nickte.
Die »Antwort« war mir zuwenig. »Mehr sagst du nicht dazu? Ist dir nichts weiter aufgefallen?«
»John, ich will nicht darüber nachdenken. Der hatte etwas an sich, das stimmt. Ich habe auch die Kette gesehen, die um seinem Hals hing, aber im Augenblick kommen wir beide damit nicht zurecht, und wir sollten es auch nicht. Wir müssen ihn im Moment nehmen, wie er ist. Nach den Gründen und Motiven können wir später forschen.«
Ich gab ihm innerlich recht. Aber ich hatte mich eben durch das plötzliche Verschwinden beirren lassen, und ich hatte auch nicht den Geruch vergessen, der mich dermaßen stark beeinflußt hatte.
Suko ließ mich stehen und ging dorthin, wo sich das nächste Schienenpaar abzeichnete. »Der kann nicht weit gelaufen sein«, murmelte er, »ich hätte es sehen müssen. Was meinst du, John?« Er drehte sich wieder um und erhielt von mir keine Antwort, denn ich hatte etwas gerochen. Es war genau in meine Nase gedrungen, und es schlich auch aus einer bestimmten Richtung heran.
Von unten…
Leichengift?
Ich bemerkte sofort seinen Einfluß. Es überfiel mich, es drang in meinen Kopf, um mich zu beeinflussen. Ein schrecklicher und böser Vorbote, der herankroch und mich fertigmachen wollte.
»He, was hast du?«
Ich ging zurück. Es wurde besser. Ich deutete mit dem ausgestreckten Arm schräg nach unten, damit Suko meine Gestik verstehen konnte, und er begriff sie auch.
Mein Zeigefinger zielte in die Lücke zwischen dem unteren Wagenteil und dem Schienenstrang.
»Da«, hauchte ich.
Suko hatte verstanden. Zugleich bückten wir uns und knieten uns anschließend hin, um unter den Wagen schauen zu können, wo sich die Dunkelheit ballte.
Zu erkennen war zunächst nichts.
Dafür machte uns ein anderer einen Strich durch die Rechnung. Es war Simon Rapp, der gesehen hatte, daß wir im Freien standen. Er kam auf uns zu, hatte uns aber noch nicht erreicht, als er bereits sprach. »He, haben Sie den Killer gesehen?«
»Bleiben Sie weg!« zischte ich.
Er blieb tatsächlich stehen, unruhig und unsicher, weil er nicht wußte, wie er sich verhalten sollte.
»Ich gehe auf die andere Wagenseite«, sagte Suko. Er kletterte über die Verbindung hinweg und war meinen Blicken entschwunden.
Ich kniete noch immer und schaute.
Nichts bewegte sich da unten.
Schatten lagen dort. Sie waren dicht und grau. Kompakte Gebilde, die alles hätten sein können, auch Menschen.
»Nimm die Lampe, John!«
Sukos Stimme hatte dünn geklungen, aber der Vorschlag war gut. Ich schaltete sie ein, und Suko tat auf der anderen Seite das gleiche.
Zwei Strahlen trafen ein Ziel!
Wir hörten das wütende Knurren. Wir sahen, daß sich ein Körper herumwälzte. Wie ein Stroboskopblitz huschte mein Lichtkegel über das zerfressene Gesicht hinweg, als wollte er mir beweisen, daß es noch vorhanden war.
Der Unheimliche schaute mich an. Den Mund so weit aufgerissen, daß er eine Höhle bildete. Ein finsteres Loch in seiner zerfressenen Gesichtshaut.
Arme streckten sich aus. Hände wollten nach mir greifen. Ich konnte nicht anders, ich zog meine Beretta, legte kurz an, dann drückte ich ab.
Die geweihte Silberkugel erwischte ihn. Sie hieb ein Teil von seiner linken Wange ab.
Wäre er ein normaler Zombie gewesen, dann wäre seine Existenz durch die Macht des geweihten Silbers vernichtet worden. Aber er war kein normaler Zombie, er, war eine fremd- und
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