0869 - Leichengift
Mensch. Eine furchtbare Haut, übersät von Rissen und dunklen Flecken, die aussahen wie breitgetretene Geschwüre. Ein lebendes Etwas, getrieben von einem Drang, alles andere zu vernichten, was normal aussah.
Er stampfte näher. Sein Kopf pendelte. Die Augen waren sehr groß, lagen aber tief in den Höhlen und wirkten wie hineingedrückte und gefärbte Bälle.
»Du kannst ihn dir nehmen, Jimmy Boy«, sagte die Frau. »Aber zuerst den Chinesen, danach hole dir den anderen, der ist dann wirklich schwach genug.«
Sie hatte ihren Spaß, auch Rico Valdez freute sich. Suko wollte nicht erst darüber nachdenken, mit welchen Menschen er es hier zu tun hatte, wahrscheinlich sahen sie nur menschlich aus, handelten aber so schrecklich wie Monster.
Jimmy-Boy gehorchte.
Suko ließ ihn kommen. Noch ein Blick zu John. Der lehnte an der Wand und versuchte immer wieder, die Hände um die Kette zu klemmen, um diese über den Kopf zu streifen.
Es gelang ihm leider nicht, die Arme waren so schwer wie Bleistangen geworden.
Jim Little streckte den Arm aus. Noch immer klebte das Blut des letzten Opfers an seinen rissigen Lippen, und die graue Zunge bewegte sich mit seinen Beinen im gleichen Takt.
Er griff zu.
Suko tat nichts. Er spielte denjenigen Menschen vor, der in Angst erstarrt war. Die Krallenhand mit den langen Fingernägeln wühlte sich in seine Kleidung hinein, die leider nicht dick genug war, um die scharfen Nägel abzuhalten. Suko spürte, wie sie seine Haut trafen und aufritzten. Aber er tat nichts, er ließ sich zurückdrängen, sorgte aber durch eine eigene Bewegung dafür, daß sich Jimmy-Boy vor ihm befand und sich so zwischen die Schrotflinte und seinen Körper gestellt hatte.
Auch die andere Hand griff zu. Schwer legte sie sich auf Sukos linke Schulter, um ihn in die Knie zu drücken. Auch das ließ Suko mit sich Geschehen, begleitet von Zitas Lachen und deren Kommentar, wie schwach die Bullen letztendlich waren.
Bei Suko hatte sie sich geirrt.
Mit der rechten Hand griff er zu.
Sein Stab war wichtig.
Eine Berührung nur, dann das Wort laut und deutlich gerufen. »Topar!«
***
Nun war er an der Reihe. Lange genug hatte er einstecken müssen. Fünf Sekunden blieben ihm, um die Wende herbeizuführen, damit er anschließend aufräumen konnte.
Alle, Jimmy-Boy eingeschlossen, waren erstarrt. Nur er konnte sich bewegen, und der Untote bekam dies zuerst zu spüren. Ein harter Stoß wuchtete ihn quer durch den Laden. Er prallte gegen einen der Särge wurden von ihm und der Wand gestoppt, bevor er quer über der Totenkiste liegenblieb.
Suko war bereits auf dem Weg zu Zita.
Die beiden Läufe der Schrotflinte zielten an ihm vorbei, dann riß der die Waffe der Frau aus den Händen. Er hätte gern weitergewirbelt, plötzlich aber war die Zeit um.
Zita bewegte sich wieder.
Sie konnte es nicht fassen. Erstaunen und Entsetzen traten in ihre Augen, und dann bekam sie den Hammer mit, der sie in das Land der Träume schickte.
Auf der wippenden Sitzfläche des Schreibtischstuhls blieb sie zunächst liegen, bevor sie nach unten rutschte.
Suko wirbelte weiter.
Rico Valdez kam ihm entgegen. Der Inspektor hebelte ihn mit einem weiteren Hieb zu Boden, war dann bei seinem Freund John Sinclair, der zusammengesunken auf dem Boden hockte, und er riß ihm mit einer einzigen Bewegung die Kette weg.
Hinter sich hörte er Tritte.
Aus der geduckten Haltung schraubte sich Suko in die Höhe. Die Waffe machte den Schwung mit, und beide Laufmündungen glotzten wie Augen gegen die Horror-Gestalt.
Suko drückte ab.
Die Ladung »rotzte« aus dem Lauf. Das Schrot fegte die Gestalt zurück, sie klatschte wieder gegen die Wand, der Körper war noch mehr zerstört und diesmal zusätzlich gespickt worden.
Aber nicht vernichtet.
Am Kopf fehlten einige Stücke. Dennoch kroch das verdammte Wesen wieder hoch.
Suko schleuderte die Schrotflinte weg. Was jetzt folgte, war eine Sache der Magie.
Er zog die Peitsche.
Der Kreis!
Drei Riemen rutschten hervor und wurden wieder in die Höhe geschwungen, bevor sie noch den Boden berührten.
Jimmy-Boy ahnte nichts. In seinem Gehirn gab es nur den Begriff der Unbesiegbarkeit. Besser zu sein als die normalen Menschen, die er als Opfer ansah.
Suko schlug.
Leicht und locker sah sie aus. Er hatte von unten nach oben gehalten, und die drei Riemen wehten der Gestalt entgegen wie armlange Fahnenstücke.
Sie trafen!
Diesmal überstand Jimmy-Boy nichts mehr. Auf der Stelle brach er zusammen, umgeben von
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