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0869 - Leichengift

0869 - Leichengift

Titel: 0869 - Leichengift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gegen die Gestalt. »Irgendwo habe ich das Gefühl, daß uns diesmal die Wissenschaft weiterhelfen kann…«
    ***
    Morgendämmerung - Morgenröte! Im Osten sah der Himmel aus, als hätte ein gewaltiger Container eine Menge flüssiges Eisen als rotglühende Ladung in die Wolken gekippt. Es war ein faszinierendes, schon romantisches Bild, aber zumindest derjenige der sich zu dieser Zeit auf dem Weg befand, hatte keinen einzigen Blick dafür.
    Es war ihm egal.
    Seine Sorgen waren andere. Sie hatten ihn erwischt, obwohl er sich hatte aus dem Sarg befreien können. Er lebte, ja, er lebte, aber die Erinnerung kehrte scheibchenweise zurück.
    Sie begann mit einer Frage.
    Wer bin ich, dachte Little?
    Es war wie ein Brandmal, das sich in sein Gehirn hineindrückte. Er kam mit diesen Worten nicht zurecht. Immer wieder dachte er daran, wer er war, und er sah es als einen Vorteil an, daß er sich zumindest an seinen Namen erinnern konnte.
    Ich heiße Jim Little!
    Immer wieder hämmerte er sich diesen einen Satz ein, aber er wollte bei dieser Tatsache einfach nicht stehenbleiben und trieb seine Gedanken weiterhin in bohrende Fragen hinein.
    Ich bin Jim Little, aber ich weiß nicht, wo ich herkomme. Wer sind meine Eltern gewesen? Wer hat mich aufgezogen? Wo habe ich gewohnt? Wo habe ich gearbeitet?
    Wichtige Dinge für einen Menschen, der aus einem tiefen Tal herausdrängen wollte. So oft er sich die Fragen auch stellte, es gelang ihm einfach nicht, eine Antwort zu finden.
    Alles war so anders geworden. Er war jemand, der existierte, der durch eine Welt lief, der sie auch sah, der sich aber trotzdem vorkam, als würde er durch ein Nichts tappen.
    Hinzu addierte sich das zweite Problem.
    Er hatte in den Spiegel schauen können und sich selbst gesehen. Das war einfach grauenvoll gewesen. Dieser Anblick hatte ihm einfach die Sprache verschlagen, und es hatte sehr, sehr lange gedauert, sich mit diesem Anblick abzufinden.
    Das war er! Er persönlich. Er sah so aus, er mußte es akzeptieren. Und er konnte sich nicht daran erinnern, anders ausgesehen zu haben. War er demnach immer als ein so schreckliches Monstrum durch die Welt gelaufen, um schließlich in einen Sarg gesteckt worden zu sein? Außerdem baumelte etwas an seinem Hals. Es war eine seltsame Kette. Er hatte sie einige Male schon angefaßt, sich aber nicht getraut, sie über den Kopf zu streifen, aus Furcht, endgültig etwas zu verlieren. Seine Ahnung sagte ihm, daß diese Kette und er selbst in einem unmittelbaren Zusammenhang standen. Wenn er sie jetzt abnahm oder zerstörte, war alles aus, dann würde es auch ihn nicht mehr geben.
    Jim wollte bleiben, obwohl er so fürchterlich aussah. Er wollte ergründen wo seine Wurzeln lagen, die es ja einfach geben mußte, denn jedes Lebewesen hatte sie.
    Dann gab es da noch etwas, mit dem er nicht zurechtkam. Zwar fühlte er sich als Mensch, aber er funktionierte nicht so. Er hatte kein Herz. Er ging als Maschine, als Roboter, als seelenloses Geschöpf, und trotzdem konnte er denken. Zumindest in einfachen Kategorien.
    Er brauchte nicht zu atmen und verspürte auch keinen Hunger. Nur einmal war ihm der Gedanke gekommen, daß er irgend etwas tun mußte, er aber nicht wußte, was.
    Gab es für ihn eine Heimat?
    Jim verzog die zerfressenen Lippen. Diese Frage peinigte ihn, und er blieb nahe einer Plakatsäule stehen, gegen die er sich lehnte. Er preßte sich mit dem Rücken vor das Rund, den Blick in den Himmel gerichtet, wo die Röte allmählich zunahm, und er dachte daran, daß diese Umgebung hier seine Heimat sein mußte.
    Alles was er sah, mußte dazugehören. Auch das Gelände auf der gegenüberliegenden Seite der Straße. Erst dahinter zeichneten sich die Umrisse mehrerer und unterschiedlich hoher Häuser ab, wo andere Menschen lebten und wo einige wenige erleuchtete Fenster ihm die Vorstellung von Leben zeigten.
    Er war unruhig. Seine Hände spielten miteinander, obwohl er es eigentlich nicht wollte. Er kratzte sich mit seinen spitzen Fingernägeln und schaute erstaunt auf, als er kleine Hautfetzen flattrig unter den Nägeln hervorschauen sah.
    Seltsamerweise erschreckte ihn das. Nicht, weil er sich die Haut abgekratzt hatte, das hatte er gar nicht gespürt, nein, er dachte daran, daß ihn die anderen Menschen so sehen konnten, und das wollte er auf keinen Fall.
    Keiner sollte ihn so zu Gesicht bekommen, wie er tatsächlich aussah, deshalb mußte er dagegen etwas unternehmen, und er zermarterte sich das Gehirn, was das wohl sein

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