0870 - Tabitas Trauerhalle
Hoffnung. »Ja, Sie haben recht. Diesen Rover mit der Lady darin habe ich tatsächlich gesehen.« Sie erklärte mir, wo er stand, und ich fragte sie, ob ihr etwas aufgefallen wäre.
»Nein, ich sah nur, daß die Fahrerin startete.«
»Wissen Sie noch die Richtung?«
Martha überlegte. Eine Augenbraue hatte sie dabei in die Höhe gezogen. »Tja, wenn mich nicht alles täuscht, ist sie nach links gefahren. Das kann nur heißen, daß sie den Ort verlassen hat.«
»Gibt es da irgendein Ziel, das sie hätte ansteuern können?«
»Nein, nichts. Viel Gegend, mal, ein einsames Gehöft, aber nichts, was einen groß interessieren könnte.«
»Danke«, sagte ich und jubelte nicht eben, als ich den Markt verließ. Jane hatte, davon ging ich aus, die Verfolgung aus eigenem Antrieb aufgenommen. Es war nicht mehr die Zeit gewesen, mir Bescheid zu sagen. Ich konnte diese Tabita nicht einschätzen, ich hatte sie nie zu Gesicht bekommen, aber ich hielt sie für sehr gefährlich und für eine Person, die auch über Leichen ging, das hatte sie bewiesen.
Ich brauchte einen Wagen. Mit diesem Gedanken verließ ich den Marktplatz, und es war mir plötzlich, als würde sich die Welt öffnen und mir das Schicksal die Hand reichen.
Aus einem Lokal kamen zwei Männer. Zumindest einen von ihnen kannte ich. Wir hatten schon einmal miteinander zu tun gehabt. Dieser Mann gehörte einer Sondertruppe an, die sich auch aus Yard-Leuten rekrutierte. Sie erhielten eine Antiterror-Ausbildung und wurden zu den heißen Einsätzen geschickt.
Nicht nur ich sah den Mann, er mich auch. »John Sinclair!« Er kam auf mich zu und lachte. »Das ist aber eine Überraschung. Oder soll ich sagen, daß es keine Überraschung ist.«
»Das bleibt Ihnen überlassen.« Genau in diesem Moment fiel mir der Name des ehemaligen Kollegen wieder ein. Er hieß Peter Cody, und ich hoffte, bei ihm Verständnis für meine Probleme zu finden. Er sah mir an, daß ich unter Druck stand. Mit einer Hand strich er über sein dunkelbraunes Kurzhaar und lächelte. »Da stimmt doch einiges nicht, wenn ich Sie hier treffe, John.«
»Richtig.«
»Sie mischen mit?«
Er sprach nicht darüber, um welchen Fall es ging. Das hörte er dann von mir.
»Wir sind unterwegs, um den Bombenleger zu finden, sage ich mal ganz locker. Wir werden die Leute hier befragen, ob ihnen etwas aufgefallen ist. Man hat sich zu einer Ringfahndung entschlossen.«
»Sie bleiben hier im Ort?«
»Vorerst.«
»Dann brauchen Sie Ihren Dienstwagen nicht, denke ich.«
»So ist es, John«, sagte er und fügte spaßeshalber hinzu. »Wollen Sie ihn haben?«
»Ja, ich möchte ihn mir ausleihen.«
Sein Gesicht verschloß sich. »Sind Sie ohne…?«
»Im Augenblick ja. Bitte, es geht möglicherweise um alles. Ich brauche ein Fahrzeug.«
Cody lächelte mich an. »Wenn ich Sie ja nicht kennen würde, John, hätte ich glatt nein gesagt.« Er griff in die Tasche und gab mir den Schlüssel. »Es ist der graue Omega.«
»Danke.«
»Viel Glück dann.«
Mir war ein Stein vom Herzen gefallen, und ich würde mich bei dem Kollegen irgendwann revanchieren, das hatte ich mir fest vorgenommen. Es ging endlich voran, endlich fühlte ich mich nicht mehr eingesperrt oder außen vorgelassen.
Ich schloß die Tür des Fahrzeugs auf. Es roch nach Zigarettenrauch und einem Männerparfüm. Der Wagen war mit einem Telefon ausgerüstet. Sicherlich verbarg sich in ihm noch eine andere Elektronik, die aber ließ mich kalt.
Der Motor schnurrte seidenweich. Zum Glück wußte ich, in welche Richtung Jane Collins den Ort verlassen hatte, und über diese Straße rollte ich ebenfalls, mehr als konzentriert, wobei ich gleichzeitig den Druck im Magen nicht vertreiben konnte.
Es war wieder der berühmte Kloß, der mir weismachen wollte, daß es auch schiefgehen konnte.
Ich mußte Jane finden. Ich mußte auch diese Tabita und den verdammten Caravan finden. Und ich wollte Jane gegenüberstehen, wenn sie noch am Leben war.
Durch die geöffnete Scheibe fuhr der Wind. Er brachte einen ländlichen Geruch mit, anders als der Mief der Großstadt. Freuen konnte ich mich darüber nicht, zu schwer lasteten die Sorgen auf mir.
Vor mir lag eine gerade Straße. Mal von Bäumen flankiert, dann wieder von dünnem Strauchwerk, und es blieben an den Seiten die beiden Straßengräben.
Ein leeres Land. Hin und wieder ein Zaun, auch ein Gebäude, etwa hügelig, ziemlich weit.
War der Weg richtig?
Ich wußte es nicht, meine Hoffnung aber sank zusammen. Es
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