0871 - Zwischen den Wassern
tauchtest du schon hier auf.«
Nicole sah sich um. Sie entdeckte den Rolls-Royce wie einen Schatten in der Nacht. Die Sache mit dem Zeitring hatte also funktioniert.
Sie streckte die Hand aus und zeigte Zamorra den Ring. »Der Erbfolger ist mit mir wieder hoch zum Ufer, aber scheinbar in seiner Zeit. Er heißt übrigens Coryn, falls euch das interessiert.«
»Und warum bist du mit dem Zeitring hierhergekommen?«, wollte Zamorra wissen.
»Ich wollte das Amulett holen«, sagte sie. »Durch die Zeit kann ich es ja nicht rufen, also musste ich mich selbst darum kümmern.« Sie schlang die Arme um den Oberkörper. »Kalt ist es hier«, sagte sie.
»Das Amulett«, murmelte Zamorra. »Wozu brauchst du es?«
»Um Nessie zu einer Reaktion zu zwingen«, erklärte Nicole. »Sie verhält sich sehr abweisend und sogar feindlich, und sie beantwortet keine Fragen. Sie ist ganz anders, als wir sie in Erinnerung haben.«
»Wir können durch ein Weltentor direkt zu ihr«, schlug Zamorra vor.
»Dann bleibt das Chaos mit dem Zeitring«, warnte Nicole.
»Darum kümmern wir uns später«, sagte Zamorra. »Also was sagst du? Ist mein Vorschlag durchführbar?«
»Wahrscheinlich«, sagte sie. »Einen Versuch ist es wohl wert. Aber mir ist immer noch kalt.«
Er nahm sie in die Arme und presste sie eng an sich. Dabei drehte er sich und nahm Nicole aus dem kalten Herbstwind. Seine Hände glitten streichelnd über ihre Haut.
»Besser?«, fragte er.
»Etwas.«
»Du könntest dich ja auch wieder anziehen.«
»Nein«, protestierte sie. »Da unten geht's ins Wasser. Es reicht, wenn ich nass werde. Ich will nicht, dass meine Sachen und ich nass werden. Du solltest dich übrigens auch ausziehen, vorsichtshalber.«
Zamorra schüttelte den Kopf. »Erst mal sehe ich mir die Sache an.« Er wandte sich dem Druiden zu. »Kommst du mit?«
»Nein«, erwiderte Gryf. »Ich bleibe hier und genieße die Wolken am Nichthammel - sorry, am Nachthimmel. Ihr werdet auch ohne mich euren Spaß haben. Außerdem, wenn ihr das Schutzfeld des Amuletts braucht, bin ich ohnehin einer zu viel.«
Er hatte Recht, fand Zamorra.
Als er sich jetzt darauf konzentrierte, ein Weltentor zu erzeugen, verzichtete er erst mal auf das Schutzfeld. Nicole berührte ihn für die mentale Verbindung und gab gedanklich das Ziel an. Dann erfolgte der Übergang.
Von einem Moment zum anderen fanden sie sich zwischen den Wassern wieder…
***
Nicole sah sich um. »Genau hier ist es«, sagte sie. »Es hat also funktoniert. Da drüben ist die Nische, in der ich die Tauchausrüstung untergebracht habe.«
»Oder was dir als solche verkauft wurde«, murmelte Zamorra. Staunend betrachtete er die Umgebung. Direkt vor ihnen eine Wasseroberfläche, durch die es noch tiefer hinabging - vermutlich dorthin, wo Nessie ihren Unterschlupf hatte. Und über ihnen erneut eine Oberfläche… war das, worin sie sich befanden, jetzt auch Wasser? Es sah danach aus, aber wieso konnten sie hier atmen und sich widerstandslos bewegen? Das ging über seinen Verstand.
»Hast du eine Erklärung für das hier?«, fragte er.
Nicole schüttelte den Kopf. »Leider war Coryn auch nicht sehr gesprächig, was diese Sache angeht. Allerdings schien sie ihm nicht fremd zu sein. Er nannte diesen Bereich hier Zwischen den Wassern.«
»Seltsame Bezeichnung. Aber irgendwie treffend. Nächste Frage: Wo ist Nessie?«
Nicole deutete auf die Wasserfläche vor ihnen. »Irgendwo da unten wohl. Jetzt scheint sie sich aber zurückgezogen zu haben. Vielleicht hat sie gerade wieder mit ihrem geheimnisvollen Feind zu tun, dessentwegen sie ja den Erbfolger gerufen hat, um ihr zu helfen. Aber als wir vorhin hier waren, wollte sie nichts mit ihm zu tun haben und griff uns beide an. Ich verstehe das nicht.«
»Nessie ist eben weiblich«, sagte Zamorra trocken. »Und Frauen kann nun mal niemand verstehen.«
Nicole knurrte ihn grimmig an. »Das 12. Gebot lautet: Du sollst nicht lästern.«
»Wenn du dich da mal selbst dran halten würdest…«
»Komm du noch mal, um aus der Toilette zu trinken - ich klappe den Deckel 'runter!«, drohte sie.
Im nächsten Moment war es mit dem Geplänkel vorbei.
Nessie erschien…
***
Als die nackte Zauberin verschwand, erschien Sir Rhett aus dem Nichts heraus direkt neben Sir Coryn. Verblüfft sah Coryn ihn an. Er selbst war ein erwachsener Mann, Rhett ein Junge - Coryn schätzte ihn auf dreizehn bis fünfzehn Jahre. Dennoch erkannte er ihn sofort. Er erinnerte sich, mit Rhett zusammen
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