0875 - Der Psionen-Strahler
zu wiegen. „Es kann ja nicht ewig dauern."
Wirklich nicht? fragte ihn eine innere Stimme. Weißt du es so genau? Gefahren lauern überall.
„Das Leben ist ein lebensgefährlicher Zustand", murmelte Torboros in einem Anflug von Sarkasmus. Irgendwo hatte er diesen Spruch aufgeschnappt.
Er fing Sternfeuers irritierten Blick auf und lächelte mühsam.
„Keine Bange. Wir schaffen es schon. Jetzt müssen wir erst mal dafür sorgen, daß wir aus diesem Park herauskommen. Nachts dürfte es hier bedeutend kühler sein. Das da sind nämlich keine Tropenpflanzen."
Sternfeuer hatte Angst. Gräßliche Angst sogar. Sie suchte nach einer Möglichkeit, dem alten Mann die Wahrheit zu verschweigen.
„Warum bleibst du sitzen?" fragte Torboros, nun schon etwas ungeduldig. „Die nächste Sprechzelle ..."
Er sah Sternfeuers Beine. Sie waren kleiner geworden, kürzer und dünner, und die Haut wirkte wie verbrannt.
„Es tut nicht weh", schluchzte das Mädchen. „Es tut wirklich nicht weh. Aber ich kann mich nicht mehr bewegen!"
5.
Das Wesen, das fast den gesamten Planeten umspannte, war uralt. Und es war vermut-lich einzigartig im ganzen Universum.
Es hatte sich nicht aus irgend etwas entwickelt, sondern es war spontan zur gleichen Zeit entstanden, in der alles Leben auf TEST II seinen Anfang nahm. Und es hatte vom ersten Augenblick an eine Eigenart, die es von allen anderen Lebensformen, die sich spä-ter hier entwickeln sollten, unterschied: Es sandte Psionen aus.
Es gab niemanden auf TEST II, den das jemals gestört hätte. Auch das Wesen selbst war sich seiner Besonderheit in keiner Weise bewußt - es reagierte ohnehin nur instinktgerichtet auf Reize aller Art.
Die Art dieser Reize und der dadurch hervorgerufenen Reaktionen hatte sich seit der Entstehung des Wesens ebenfalls kaum verändert. Es ging stets nur darum, zu überleben, zu wachsen und sich selbst zu reproduzieren, um die eigene Existenz über jede Ka-tastrophe, die unweigerlich im Laufe der Zeit den Planeten heimsuchte, hinwegzuretten.
Das Wesen bestand aus dünnen, blassen Fäden, die - zusammengenommen - etliche Millionen Kilometer lang waren. Es lebte im Boden, wo es sich nach der Art eines lockeren Pilzmyzels nach allen Seiten ausbreitete. Es brauchte zu seinem Gedeihen lediglich Was-ser und eine Reihe von Mineralien. Je reicher sich alles andere Leben auf TEST II entwi-ckelte, desto lockerer wurde der Boden, und desto mehr Feuchtigkeit gelangte sowohl in die Tiefe als auch an die Oberfläche. In Gegenden, die bis dahin für den Psionen-Strahler zu trocken gewesen waren, bohrten sich kräftige Wurzeln bis an tiefe, wasserführende Schichten hinab. Dort existierten die blassen Fäden nach Schmarotzerart, indem sie die Wurzeln anzapften. An anderen Stellen machten sie sich andere Lebensformen zunutze, indem sie die zum weiteren Wachstum nötigen Mineralien den leicht aufspaltbaren Aus-scheidungen entzogen. Bei alledem verfolgte der Psionen-Strahler jedoch keinerlei feind-liche Absichten. Seine Bedürfnisse waren außerdem viel zu gering, um andere Lebens-formen in ihrer Existenz zu gefährden.
So existierte das Wesen still vor sich hin. Es störte niemanden und wurde auch nicht ge-stört, es sei denn, ein Lavastrom verbrannte den Boden, oder ein anderes Naturereignis zerstörte einen kleinen Teil der Fäden. Da jede einzelne Zelle den anderen ebenbürtig war, bildeten solche Vorfälle keine übermächtige Gefahr. Kein Abschnitt dieses Wesens hatte jemals Tendenzen zur Entwicklung von Bewußtsein oder gar Intelligenz gezeigt.
Bescheiden und praktisch unsichtbar durchzog es den Boden seiner Welt.
Und dabei sandte es Psionen aus.
Die Tiere und Pflanzen nahmen diese Strahlung überhaupt nicht wahr. „Normale" Men-schen konnten sich ihr ganzes Leben lang auf TEST II aufhalten, ohne jemals auf die Idee zu kommen, daß es auf diesem Planeten etwas Ungewöhnliches gab, denn ein „norma-les" Gehirn konnte mit dieser Strahlung gar nichts anfangen. Psionen bewegen sich schneller als das Licht. Sie gehören dem Hyperraum an, in dem sie auch meistens ver-schwinden, ohne vorher etwas ausgelöst zu haben.
Nicht nur das Wesen auf TEST II verstrahlte Psionen. Nahezu jedes höher entwickelte organische Gehirn erzeugt diese Teilchen. Aber nur selten findet man jemanden, der etwas mit derartigen Sendungen anstellen kann. Solche seltenen Ausnahmen nennt man „Mutanten".
Irmina Kotschistowa war keine Telepathin.
Als solche hätte sie vielleicht sogar
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