0878 - Raniel und die Gerechten
Bildschirms ab. Die Spirale war verschwunden. Nichts war mehr da, das sich durch sein Gesicht drehte, keine Schatten, keine verdrehten Schlangen, er schaute uns aus seinen dunklen Augen an, und sein Gesicht hatte auch nichts Feinstoffliches oder Engelhaftes. Es war einfach das eines Menschen mit einer verhältnismäßig blassen Haut, den dunklen Augen, dem leicht Vollen Mund und dem markanten Kinn darunter sowie den dunklen Haaren, die seinen Kopf wie eine gewellte Haube bedeckten und zum Nacken hin allmählich ausflossen.
Raniel hatte eine schräge Haltung eingenommen, so daß wir ihn im Halbprofil sahen.
Und er sah uns.
Er lächelte.
Ich wußte dieses Lächeln nicht einzuschätzen. Es war weder freundlich noch bissig, man konnte es als neutral bezeichnen.
Kevin war auch noch vorhanden. Er lag auf dem Boden. Seine schmächtige Gestalt zitterte. Er hatte die Arme in die Höhe gerissen und sie um seinen Kopf gedreht, als wollte er ihn einfach zusammenpressen.
Nur nichts sehen, nur nichts mitbekommen, sich auf keinen Fall den Realitäten stellen.
Das taten wir.
Seltsamerweise hatte mich das Erscheinen des Gerechten auf dem Bildschirm beruhigt. Ich hatte auch vergessen, in welch einer Umgebung ich mich befand. Das Innere des Raumschiffes interessierte mich nicht mehr, und Suko erging es ähnlich, denn auch er hatte nur Blicke für den übergroßen Monitor.
Raniel sah uns.
Er nickte uns zu.
Eine ebenfalls neutrale Begrüßung, aber wir wußten nicht, ob er uns auch würde hören können.
»Raniel…?«
Wir kriegten keine Antwort.
»Er wird dich nicht gehört haben«, murmelte Suko. »Wer weiß, wo er sich aufhält.«
»Hast du eine Vorstellung davon?«
Suko mußte plötzlich lachen, was mich wunderte, und ich fragte nach dem Grund. »Es ist schon komisch, John, aber wäre ich ein Kind, dann hätte ich jetzt gesagt, wir sind in den Himmel geflogen, wo die Engel schweben.«
»Das können wir wohl ausschließen.«
»Richtig.«
Ob wir weiter durch das All flogen oder uns in der Nähe des Erdbodens aufhielten, war nicht festzustellen. Alle anderen Monitore waren dunkel geblieben.
Ich versuchte es noch einmal. Diesmal sprach ich ihn intensiver an, ohne jedoch eine Antwort zu erhalten. Nur seine Blicke trafen uns, doch sie waren sehr intensiv, sie bohrten sich durch uns hindurch, so daß ich damit rechnete, auf mentaler Ebene Kontakt zu bekommen.
Auch das geschah nicht.
Er blieb und schaute.
Ich schüttelte den Kopf, war ratlos. Bei Suko verhielt es sich ähnlich, auch er wußte nicht, was er zu diesem Phänomen sagen sollte, und dann war das Gesicht plötzlich verschwunden.
Weg, blitzartig, so schnell, daß wir es kaum mitbekommen konnten. Zunächst einmal schauten wir auf den leeren Schirm, in der Hoffnung, daß Raniel wieder erschien.
Er zeigte sich nicht. Sein Auftritt war vorbei, aber er hatte eine Botschaft hinterlassen, zumindest eine Botschaft der Unsicherheit, denn jetzt wußten wir überhaupt nichts mehr.
Mit einer derartigen Wende hatten wir in dem Fall nicht rechnen können, es blieb einzig und allein die Ratlosigkeit zurück, was Suko mit seiner Gestik ausdrückte, als er die Schultern hob und anfing zu sprechen, nachdem seine Haltung wieder normal geworden war. »Kannst du da einen roten Faden finden, John?«
»Nein, noch nicht.«
»Aber du spekulierst.«
»Ist das überhaupt möglich?«
»Ich weiß es nicht«, gab Suko ehrlich zu. Er schaute sich um, als hätte er vor, nach einem Sitzplatz zu forschen, aber da gab es keinen.
Ich ließ meine Blicke über die leeren Vierecke der Monitoren hinwegstreifen, und ich dachte daran, daß der Fall mit dem General begonnen hatte, der zusammen mit seiner Frau in das grelle Licht hineingeraten war. Anschließend hatte es das Pärchen erwischt. Tatsachen, die sich in London abgespielt hatten, und auch ich war in das Licht hineingeraten, wobei das Kreuz die Deformation erhalten hatte.
Wem verdankten wir das?
Raniel?
Den Außerirdischen?
Gab es eine Verbindung zwischen ihnen?
Es mußte so etwas geben, und ich glaubte daran, daß Kevin uns Auskunft geben konnte, aber er lag nach wie vor auf dem Boden wie jemand, dem die Energie aus dem Körper gezerrt worden war.
»Wer ist Raniel?« fragte Suko leise.
Mich hatten die Worte überrascht. »Warum willst du das wissen? Er ist der Gerechte. So sieht er sich selbst, und er hat den Jungen Elohim unter seiner Kontrolle.«
»Ja, das stimmt, aber wer ist er noch?«
»Sorry, das ist mir zu hoch. Ich
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