0879 - Henker-Dämmerung
Horde aus klaren Augen drohend an. Die weinselige Benommenheit war von ihm abgefallen.
Der Hüne lachte und wog seine Streitaxt in der Hand.
»Du kommst auch noch an die Reihe, schmächtiges Söldnerlein! Warum sollten wir uns von dir etwas sagen lassen?«
»Deshalb!«
Simoor schob seinen linken Ärmel hoch. Eine kunstvolle bunte Tätowierung in der Armbeuge wurde sichtbar. Außerdem drehte er sein Schwert so, dass die Halunken die verschlungenen Schriftzeichen auf der Klinge sehen konnten.
Und nun geschah etwas, das sich weder Zamorra noch Nicole vor einigen Augenblicken hätten vorstellen können.
Die Kerle fielen auf die Knie!
Sie legten ihre Waffen zur Seite und falteten die Hände vor der Brust. Simoor hielt sich nun so grade, als ob er einen Stock verschluckt hätte. Er steckte sein Schwert weg und ging leise murmelnd zwischen den wilden Gesellen hin und her. Er legte jedem von ihnen für Momente seine rechte Hand auf den Kopf.
Offenbar segnete er sie!
Zamorra und Nicole verharrten staunend. Simoor gab der ganzen Bande seinen Segen.
»Die Gefahr ist vorbei. Ihr könnt eure Waffen wegstecken.« Simoor sprach ruhig und gemessen. Dabei schaute er die Dämonenjäger an. »Wenn ihr wollt, kann ich euch auch segnen, Zamorra und Nicole. Aber dann müsst ihr von dem Tisch runterkommen und vor mir knien.«
»Später vielleicht«, sagte Zamorra. Er wusste nicht recht, ob er sich ärgern sollte oder nicht. Auf jeden Fall sprang er erst einmal vom Tisch. »Jetzt möchte ich aber wissen, was hier gespielt wird!«
»Ich weiß es auch nicht so genau.« Simoor wandte sich an den Hünen, der offenbar der Anführer der Gruppe war. »Sprich, mein Sohn!«
Zamorra und Nicole schmunzelten innerlich darüber, dass der höchstens zwanzig Jahre alte Simoor den fünfzigjährigen Haudegen mit dem graubraunen Bart als seinen Sohn bezeichnete. Aber der Angesprochene blickte den jungen Mönch ehrfurchtsvoll an, als er nun seine Futterluke öffnete.
»Mein Name ist Kathwa, ehrwürdiger Mönch. Ich befehlige diese Bande von Freigeistern. Na ja, wir sind Räuber. Das kann ich nicht beschönigen. Messerstecher und Herzensbrecher. Wir leben hier im Wald und machen mit dem Wirt des Gasthauses gemeinsame Sache. Wenn bei ihm Gäste erscheinen, die erleichtert werden wollen, schickt er einen Knecht nach uns… Wir konnten ja nicht ahnen, dass sich ein heiliger Schwert-Mönch in der Uniform unserer Feinde verbergen würde!«
»Ihr seid also keine Anhänger des Dunklen Herrschers geworden«, forschte Zamorra.
»Niemals!« Kathwas breites Gesicht verzerrte sich grimmig. »Wir sind ehrliches Verbrechergesindel, aber keine Dämonenknechte! Und wir glauben immer noch an die Geister der Natur, auch wenn die Horden des Henkers alle ihre Statuen vernichten und die Tempel niederbrennen. Schließlich leben wir da draußen im Wald als Teil der Natur!«
»Ihr tut aber nicht gerade Gutes«, warf Nicole frech ein.
»Mag sein. Aber auch in der Natur gibt es Raubtiere, nicht wahr? Und außerdem werde ich jetzt etwas Gutes tun, freche fremde Frau!«
Mit diesen Worten zog Kathwa unter seinem Fellwams eine Art Talisman hervor, den er an einem Band um den Hals getragen hatte. Er legte Nicole, die im Kampf ihren Helm verloren hatte und nun deutlich sichtbar als Frau zu erkennen war, die Schnur mit einer feierlichen Geste um den Nacken.
»Nimm dieses Geschenk von einem Räuberhauptmann, der seine Freiheit liebt.«
Die Dämonenjägerin schaute den Talisman genauer an. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein Geduldsspiel. Er bestand aus mehreren Kugeln, die auf seltsame Weise miteinander verbunden waren. Die steinernen Bälle hatten eine glatte Oberfläche. Sie waren aus keinem Material, das Nicole kannte.
»Wo hast du das her?«, fragte Simoor scharf.
»Ich weiß, was ihr jetzt denkt, ehrwürdiger Mönch. Aber ich schwöre bei meiner Verbrecherehre, dass ich den Mondtalisman keinem deiner Klosterbrüder geraubt habe. Vielmehr fand ich ihn in der Tasche eines Henker-Soldaten, den ich gestern im Wald kaltgemacht habe. Wahrscheinlich hat er das Kleinod aus den Trümmern des Klosters. Ich habe gehört, dass es völlig zerstört wurde.«
»Leider ist es wahr. Nun, Kathwa, der Mondtalisman ist offenbar deine Räuberbeute. Also will ich nichts dagegen sagen, wenn du ihn Nicole schenkst. Hauptsache, er kommt wieder in gute Hände.«
»Was ist das für ein Talisman?«, wollte die Dämonenjägerin wissen.
»Oh, er hat starke magische Kräfte. Das werde ich
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