088 - Die Sumpfhexe
Schlingpflanzen, sang eine Frauenstimme ein Lied. Teile der Melodie wehten herüber.
„Komm, wir sehen mal nach“, sagte Dean.
Sie bahnten sich einen Weg durch den üppigen Unterwuchs. Als sie das Gestrüpp durchdrungen hatten, bot sich den beiden Männern ein Bild, das ihnen den Atem stocken ließ.
Vor ihnen erstreckte sich ein Teich, aus dessen Mitte sich eine Insel erhob. Auf dieser Insel saß ein nacktes, dunkelhaariges Mädchen zwischen Alligatoren und Kaimanen. Es war fressen.
„Ach was. Er wollte nur spielen, und du hast ihn umgebracht.“
„Schönes Spiel, wenn hinterher ein Arm oder ein Bein fehlt“, sagte Corell. „Sie sollten sich einen anderen Badeplatz suchen, Miß.“
„Ich bade schon immer hier, und mir ist noch nie etwas passiert. Gooth war ein guter Freund von mir.“ Sie wandte sich Dean zu. „Und du hast ihn umgebracht.“
Das Blut und das schmerzvolle Zucken des verwundeten Alligators lockte seine Artgenossen an. Sie fielen über das verletzte Tier her und rissen es in Stücke. Ein wütender Kampf um die Beute begann, bei dem einige schwächere Reptilien verletzt wurden.
Auch sie wurden das Opfer der Stärkeren. In dem trüben Teich brodelte die Hölle. Dean wandte sich ab.
„Du gibst den Biestern Namen?“ fragte er Samantha.
„Nicht allen. Nur einigen, die ich gut kenne. Gooth war so verspielt wie ein Jungtier, obwohl er schon ein mächtiger alter Brocken mit bemoostem Rücken war.“
Von der glatten, braungebrannten Haut des Mädchens perlte das Wasser. Samantha hatte einen vollendeten Körper. Eine wilde, animalische Schönheit und Vitalität ging von ihr aus, wie Dean sie noch bei keiner Frau je empfunden hatte.
Ohne Eile drehte Samantha sich um. Sie trocknete sich vor den Augen der beiden Männer ab.
Corell stieß einen bewundernden Pfiff aus.
„Mann, was für ein Weib! Ich glaube, in diese Sumpfgegend komme ich öfter.“
„Ich denke, seit deiner Scheidung hast du von allen Frauen die Nase voll!“
„Ach was!“
Das sagte ich aus Zorn und Verbitterung, weil die Abfindung und die Unterhaltszahlungen so hoch ausgefallen sind. Sieh doch nur, diese Brüste, diese Schenkel, Samantha. Sie trällerte noch immer und hatte die linke Hand auf den platten Rachen eines riesigen Alligators gelegt, während ihre Rechte mit einem jungen Kaiman spielte, den sie auf den Rücken wälzte und am schuppigen Bauch kraulte.
„Das gibt es doch nicht!“ sagte Corell. „Ich träume.“
Am Ufer des Teiches lagen die Kleider des Mädchens. Neben Samantha klappte ein Alligator den Rachen auf und zeigte die spitzen, fingerlangen Zahnreihen. Mit einem Geräusch, als schlügen zwei Holzbretter aufeinander, krachten die harten Kiefer wieder zusammen.
„Sie muß hinübergeschwommen sein“, sagte Dean. „Durch das Wasser, das von Reptilien und Schlangen wimmelt.“
Er nahm das Garand-Gewehr und entsicherte es.
„Hallo, Miß“, rief er hinüber. „Passen Sie auf, daß Ihre geschuppten Freunde Sie nicht zum Mittagessen verspeisen.“
Samantha hörte auf zu singen. Sie erhob sich, nackt und unbefangen.
„Du brauchst keine Angst zu haben, die Tiere des Sumpfes tun mir nichts. Ich komme hinüber.“
Sie lief zum Wasser, hechtete hinein und schwamm durch den Teich. Eine der reglosen, wie Baumstämme wirkenden Bestien erwachte aus ihrer Teilnahmslosigkeit, als Samantha vorüberschwamm. Ein zahnbewehrter Rachen klappte auf.
Dean stellte das Gewehr auf Dauerfeuer. Er zielte kurz, wie er es bei der Army gelernt hatte, und drückte ab. Der Feuerstoß traf in den Schlund des Alligators. Die Echse bäumte sich im Wasser auf. Ihr schuppiger Schwanz peitschte die trübe Brühe.
Samantha erreichte das Ufer. Ohne auf ihre Nacktheit Rücksicht zu nehmen, lief sie auf Dean zu und schlug den Gewehrlauf zur Seite.
„Warum hast du geschossen?“
„Das Biest wollte Sie … dich … diese Beine und diese Figur. Einer von uns beiden ist hier zuviel, Dean.“
„In dir erwacht wieder der alte Draufgänger, was? Warten wir ab, für wen von uns beiden sich Samantha entscheidet. Fairplay und gleiche Chancen für beide.“
Corell bedachte Dean mit einem Blick, der verriet, daß er in ihm einen ernsthaften Rivalen sah.
Samantha streifte ihre Kleider über. Sie trug verwaschene, ausgebleichte Jean und ein hautenges T-Shirt, durch dessen dünnen Stoff ihre Brustwarzen hindurchschimmerten.
„Weshalb seid ihr hergekommen?“ fragte sie dann.
„Wir suchen meinen Onkel, Buster Tait. Er war vor drei
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