088 - Die Sumpfhexe
reckte sich.
„Ich bin nicht Frankie DeMille oder Art Dumbow“, entschlüpfte es ihm.
Er hatte einen Fehler gemacht.
Samanthas grüne Augen schienen Blitze zu sprühen.
„Die alte Doreen und ich wollen hier in Frieden leben“, fuhr sie Dean an. „Für das, was draußen geschieht, sind wir nicht verantwortlich. Verschwindet, alle beide, ich will euch nicht mehr sehen!“
Sie drehte sich um und verschwand in den Mangroven. Dean sah ihr nach, wie vom Donner gerührt. Eine so heftige Reaktion hatte er nicht erwartet.
Corell war befriedigt, denn er war selbst an Samantha interessiert und gönnte Dean die Abfuhr. „Du hättest dir denken können, wie sauer Samantha auf die Erwähnung ihrer Liebhaber reagiert, die im Sumpf geblieben sind und deren Verschwinden sie in übles Gerede gebracht hat. Zudem fällt man nicht gleich mit der Tür ins Haus.“
„So, meinst du, Doc? Soll ich vielleicht warten, bis ich Samantha auf einer Cocktailparty vorgestellt werde?“
„Bist du eigentlich hergekommen, um Aufklärung über den Toten im Sarg auf dem Meeresgrund zu fordern, oder um mit dem Mädchen zu flirten?“
„Sie hat doch gesagt, daß sie von nichts weiß. Und zu der Alten können wir nicht. Hätte ich Doreen vielleicht im dritten Grad verhören sollen?“
„Reg dich ab. Komm, gehen wir zurück. Wir wollen sehen, ob dein geheimnisvoller Fremder, der sich in eine Fledermaus verwandeln kann, sich noch einmal zeigt.“
Schweigend marschierten die Männer durch den feuchtheißen, modrigen Sumpf zurück. Die dumpfe, stickige Treibhausluft legte sich schwer auf ihre Lungen. Tiere und Vögel schrien im undurchdringlich verwachsenen Unterholz. Moskitos sirrten um Dean und Corell.
Als sie die Küste fast erreicht hatten, sagte Dean: „Wir werden von jetzt an nachts abwechselnd auf der Yacht Wache halten. Mir scheint, als wäre mit dem Tod meines Vaters und dem Verschwinden meines Onkels die Sache noch lange nicht vorüber.“
„Vielleicht sollten wir aus dieser Gegend verschwinden“, meinte Corell.
„Nein. Ich laufe nicht weg. Ich stehe die Sache durch, koste es, was es wolle.“
Hätte Dean in diesem Moment gewußt, welchen Preis er würde entrichten müssen, er wäre in eine Gegend der Erde geflohen, die von der Florida Bay so weit wie möglich entfernt war.
Als Fergus McCann vom Schatzfund in der Florida Bay gehört hatte, hatte er sofort seinen rostigen Kutter seeklar gemacht und war von Pigeon Key mit seinem Schwager Hubie Keith zusammen in See gestochen. Die beiden Männer ankerten vor Deer Key, in der Nähe von Norman Taits Yacht. Sie begannen ebenfalls mit der Schatzsuche, aber sie hatten kein Glück und kehrten schließlich wieder an ihren alten Ankerplatz zurück. Sie machten nur noch einen oder zwei Tauchgänge am Tag und verbrachten die restliche Zeit damit, Schnaps zu trinken und über das unverschämte Glück der Taits zu reden.
An diesem Abend saßen sie wieder an Deck und ließen die Rumflasche kreisen. McCann war ein Mann, der keinen Handschlag mehr tat, als er mußte, und sein Schwager war vom gleichen Schrot und Korn. Sie hatten gehofft, reiche Beute zu machen und einem Leben ohne Arbeit mit Schnaps, Weibern und Pokerpartien entgegenzugehen.
Leider waren ihre Träume zerstört worden. Nun wußten sie nicht recht, ob sie es noch eine Zeitlang versuchen oder nach Pigeon Key zurückkehren sollten, wo die Frau, ein Rudel Kinder und einige Abzahlungsverpflichtungen auf sie warteten.
Im Mondlicht konnten sie vom Deck aus das Grab Norman Taits am Abhang der Insel sehen. Eine dreiviertel Meile nordöstlich davon leuchteten die Positionslichter der „Guinea“.
McCann nahm einen großen Schluck aus der Rumflasche, wischte sich mit dem Handrücken das stoppelbärtige Kinn, rülpste gedämpft und begann zu seinem Schwager zu sprechen.
„Wir haben wieder einmal das dreckige Ende vom Stock in der Hand, Hubie. Die Taits haben Erfolg gehabt, und wir gehen leer aus.“
Hubie Keith, ein schwabbliger Mann um die Dreißig mit vorstehenden Zähnen, schielte nach der Flasche. McCann, fünf Jahre älter als Keith, mit einer lederartigen Gesichtshaut, groß, knochig und von stupider Wesensart, wurde immer gesprächig, wenn er getrunken hatte. Hubie war aber weit mehr an dem Rum, als an McCanns Seelenergüssen interessiert.
„Kannst du mir ’nen kleinen Schluck geben, Fergus?“
McCann reichte ihm die Flasche. Er steckte sich eine Zigarette in den Mund, riß das Streichholz an seinem
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