088 - Die Sumpfhexe
Schäden angerichtet.
Dean beobachtete am Morgen den Sonnenaufgang, der die See in Brand zu setzen schien. Der kommende Tag schaute durch die Kabinenfenster herein, berührte mit rosenfarbenen Fingern das Mädchen, das neben Dean schlief.
Aber Dean Tait dachte nicht an seine Braut.
Seine Gedanken waren weit weg im Sumpf der Everglades bei einem schlanken, schwarzhaarigen Geschöpf mit grünen Augen.
Am Morgen erhielt Dean von Sheriff Keyes aus Key Largo über Funk die Nachricht, daß die Hubschrauber wegen des Unwetters anderweitig gebraucht würden. Die Suchaktion aus der Luft konnte somit nicht fortgesetzt werden. Da Sheriff Keyes sowieso nicht glaubte, daß Buster Tait noch lebte, wollte er die beiden Hubschrauber, die anderswo Verletzte bergen und vom Sturm obdachlos gemachte Menschen evakuieren sollten, nicht sinn- und zwecklos über dem Sumpf einsetzen.
Dean beschloß, sich allein auf den Weg zu der Insel zu machen. Er wollte Gewißheit erlangen, und – was er vor sich selbst nicht zugeben mochte – das Mädchen wiedersehen, das er vom Hubschrauber aus beobachtet hatte.
Corell versuchte, Dean diesen Plan auszureden, aber der ließ sich nicht davon abbringen.
„Also gut“, sagte Corell. „Dann gehe ich mit. Es reicht, wenn ein Tait im Sumpf verschollen ist. Und ein Walkie-Talkie nehmen wir auch mit.“
Nach kurzem Überlegen war Dean einverstanden. Er bat Hank Randers, einen der bereits entlassenen Wächter bei Ellen bleiben zu lassen.
Randers setzte Dean und Corell mit der Yacht an der Mangrovenküste ab.
„Seien Sie vorsichtig“, warnte er, als die beiden Männer von Bord gingen. „Nach dem Gewittersturm ist der Sumpf überflutet, und es wimmelt nur so von Schlangen.“
„Ich werde am Funkgerät aufpassen und auf eure Meldungen warten“, sagte Ellen Bailey.
Sie sah den beiden Männern nach, bis sie im Mangrovendickicht verschwanden.
Dean und Corell stapften derweil durch den Sumpf. Wasser quietschte unter ihren hohen Schaftstiefeln. Dean trug seine Colt-Government, Corell ein Garand-Gewehr. Weite Teile des Sumpfes standen nach dem Gewittersturm unter Wasser.
Dadurch waren die Pfade schwer zu finden, über die Buster und nach ihm der Suchtrupp Sheriff Keyes gegangen waren. Die Moskitoplage war kaum auszuhalten. Tausende der kleinen Quälgeister umschwirrten giftig sirrend die beiden Männer. Aus dem verdunstenden Wasser stieg ein modriger Hauch.
„Die ideale Fiebergegend“, sagte Corell. „Drei Tage hier im Sumpf, und ich garantiere für Malaria.“ Er schlug nach einem Moskito. „Die verdammten Biester fressen mich noch auf.“
Bald war auch Dean überall zerstochen und verschwollen.
Vorbei an Tümpeln und Seen mit Reihern und Flamingos, an bewegungslos treibenden Alligatoren, marschierten die beiden Männer. Randers hatte nicht übertrieben. Überall wimmelte es von Schlangen, von kleinsten Exemplaren bis zur armdicken Otter. Viele waren harmlos, aber der Biß der meisten konnte einen Menschen töten.
Einmal schnellte aus den niederen Schlinggewächsen neben Dean eine Mokassinschlange hervor. Ihre Giftzähne bohrten sich in das dicke, imprägnierte Leder der Schaftstiefel, konnte es aber nicht durchdringen. Dean köpfte die Schlange mit dem Haumesser.
Der Kopf flog weg. Der Rumpf zuckte konvulsivisch, krümmte sich und blieb regungslos liegen.
Kurz nach elf Uhr hatten die beiden Männer ihr Ziel fast erreicht. Enttäuscht stellten Dean und Corell fest, daß sie den Weg umsonst gemacht hatten. Der Sumpf, sonst ein grünlicher Morast mit einigen trüben Wasserlachen, stand nach dem Unwetter unter Wasser.
Die großen, bräunlichen Grasbüschel, die festen Boden bezeichneten, waren nicht mehr zu sehen. Ohne diese Orientierungsmerkmale aber war es Selbstmord, den Sumpf überqueren zu wollen.
Dean und Corell sahen auf die Wasserfläche.
„Kennst du einen Satz mit ‚X’?“ fragte der Arzt schließlich.
Dean sah ihn erstaunt an.
„Es war nix“, sagte der blonde, kräftige Mann trocken. „Wir können wieder umkehren. Ehe das Wasser nicht verdunstet ist, kommen wir nicht hinüber.“
Dean nickte und stieß einen Fluch aus, der die Sachlage treffend charakterisierte. Als die beiden Männer sich umwandten und auf den Rückweg machen wollten, blieb Dean plötzlich stehen. Er hielt Corell am Ärmel fest.
„Hör mal!“
Der Arzt lauschte. Kein Zweifel, rechts von ihnen, hinter dem undurchdringlich erscheinenden Dickicht von Zypressen, anderen Bäumen und
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