088 - Elfentanz und Hexenfluch
redete weiter auf ihn ein, um ihm Mut zu machen und um ihm die Zuversicht zu geben, die er brauchte, um nicht durchzudrehen.
Sagen kann man viel, denken noch mehr… Ich war froh, daß Al meine Gedanken nicht lesen konnte, denn dann hätte er erfahren, daß ich weit weniger optimistisch war, als ich mir den Anschein gab.
Ich befürchtete insgeheim, daß wir Denise Perkins und Wendell Aldrich verloren hatten, und ich klammerte mich verzweifelt an die Hoffnung, den beiden doch noch das Leben retten zu können.
Marty Kanter blieb plötzlich stehen. Auch Ruana ging nicht weiter. Marty bedeutete uns, still zu sein. Er wies mit der Hand nach vorn, und wir sahen runde Holzhütten, die mit Schilf gedeckt waren.
»Das Dorf der Hexen!« raunte uns Ruana zu.
»Wie viele sind es?« wollte ich wissen.
Die Elfe wußte es nicht. Sie sagte nur, es wären ziemlich viele.
»Wir müssen herausfinden, wo sich Denise und Aldrich befinden«, sagte Al Owen nervös.
»Man hält sie bestimmt in einer der Hütten gefangen«, bemerkte Marty Kanter. »Vielleicht getrennt. Ich schlage vor, daß wir uns ebenfalls trennen und die Lage erst mal auskundschaften.«
»Wenn wir nicht beisammen bleiben, haben die Hexen leichtes Spiel mit uns«, gab Ruana zu bedenken.
Ich wollte wissen, wozu die Hexen imstande waren, doch auch darauf konnte mir Ruana keine erschöpfende Antwort geben.
Sie war in der glücklichen Lage, noch nie mit den häßlichen, klapperdürren Weibern zu tun gehabt zu haben.
Sie wußte lediglich, daß es lebensgefährlich war, den Hexen in die Hände zu fallen.
»Was werden sie mit Denise und Aldrich tun?« fragte Al Owen krächzend.
Ruana zuckte mit den Schultern und schwieg, aber mir kam vor, als wüßte sie's.
Wir trennten uns nicht, pirschten uns an das Hexendorf heran und beobachteten die schrecklichen Weiber.
Die Elfe befand sich neben mir. Sie hatte die schönen Flügel zusammengefaltet und blickte gespannt nach vorn.
Ich warf ihr einen kurzen Blick zu. »Ich habe mich noch nicht bedankt, Ruana.«
»Das ist nicht nötig. Ich habe mich nur revanchiert.«
»Du bist das außergewöhnlichste Mädchen, dem ich je begegnete.«
Was ich sagte, gefiel ihr. Sie schenkte mir ein freundliches warmes Lächeln.
»Und du bist ein außergewöhnlicher Mann, Tony Ballard. Du wirst den Berg der Kristallschmetterlinge erreichen. Du bist stark und mutig genug, um mit allen Gefahren fertigzuwerden.«
Das waren eine Menge Vorschußlorbeeren. Ich würde sie mir erst verdienen müssen.
Mir kam vor, als hätte es Ruana begrüßt, wenn ich mich entschlossen hätte, in ihrer Welt zu bleiben, an ihrer Seite.
Aber ich mußte zurück - zu Vicky. Ich hoffte, Ruana würde das einsehen. Ich würde es ihr so schonend wie möglich erklären, denn ich wollte diesem wunderbaren Geschöpf nicht wehtun.
Wir konzentrierten uns wieder auf die Hexen, robbten näher an die Hütten heran.
Ein Schrei gellte auf. Der Schrei eines Mannes.
Wendell Aldrich!
Hexen brachen in ein schallendes Gelächter aus, dann hörten wir Peitschen knallen, und Aldrich schrie wieder.
Nun wußten wir, in welcher Hütte sich der Zeitungszar befand. Denise Perkins schien sich nicht bei ihm zu befinden.
In welcher Hütte war sie? Ich wollte es herausfinden. Als ich mich von Ruana, Al und Marty entfernte, begleiteten mich deren beste Wünsche.
***
Sie hatten Denise völlig entkleidet. Splitterfasernackt war das rothaarige Mädchen, und das störte sie sehr. Sie war nicht wie Ruana, die nichts dabei fand, nackt zu sein. Sie war anders erzogen worden. Es gefiel ihr nicht, daß alle sie hüllenlos sehen konnten, selbst wenn es sich nur um alte Weiber handelte.
Denise lag auf dem sandigen Boden, war an dicke Holzpflöcke gebunden und wurde von zwei Hexen bewacht.
»Warum habt ihr mich ausgezogen?« wollte das rothaarige Mädchen wissen. »Was habt ihr mit mir vor?«
»Sei nicht neugierig«, sagte eine der beiden zahnlosen Vetteln. Sie grinste gemein. »Du wirst es noch früh genug erfahren. Du bist für etwas Großes ausersehen. Anfangs wird es dich entsetzen, aber später wird es dir gefallen.«
»Wozu muß ich nackt sein?«
»Du schämst dich doch nicht etwa? Du hast doch einen wunderbaren Körper.«
»Mir ist… kalt. Könnt ihr nicht wenigstens eine Decke über mich legen?«
»Du bleibst, wie du bist«, erwiderte die Hexe hart.
Denise hörte, wie Wendell Aldrich geschlagen wurde und schrie. Obwohl sich der Mann das alles selbst eingebrockt hatte, tat er ihr
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