0880 - Ich will dein Blut, Sinclair!
einer Insel Ferien.
Die Strecke war mir zu weit. Zum Hochsitz wollte ich auch nicht laufen, und ich entschied mich, die restlichen Stunden in der Nähe des Gemäuers im Wald zu verbringen, bedeckt mit Laub, wie jemand, der sich auf der Flucht befand und sich vor irgendwelchen Häschern versteckte.
Ich entdeckte eine Mulde, in die ich mich bequem legen konnte. Dann schaufelte ich Laub über mich und mußte plötzlich grinsen. Wenn mich jemand so sah, würde er einen Schreck bekommen, denn in dieser Haltung wirkte ich wie ein Zombie, der dabei war, aus seinem Grab zu klettern.
Die Umgebung hätte gepaßt.
Es war genau halb vier, und ich war überzeugt, daß diese Nacht noch nicht vorbei war…
***
Ein Vampir!
Es war wie ein Schrei, der durch den Kopf des Mannes toste und ihn beinahe wahnsinnig werden ließ. Er wußte mit nahezu tödlicher Sicherheit, daß er einem traumatischen Wesen gegenüberstand.
Diese Zähne waren echt. Sie gehörten nicht zu einem künstlichen Gebiß, das sich oft genug Kinder kauften, um ihre Freunde als Vampir zu erschrecken.
Die Frau sagte nichts. Sie zeigte ihm nur die Zähne. Sie starrte ihn böse an, und Brandon wäre gern zurückgewichen, was die Mauer nicht zuließ.
Er hörte sich keuchen. Plötzlich spürte er sein Blut. Das hatte er noch nicht erlebt, aber er wußte auch, daß Vampire vom Blut der Menschen existierten, und er hatte jetzt den Eindruck, daß seines besonders warm durch die Adern floß.
Sein Blick flackerte. Er wußte nicht, was er tun wollte. Die Tür stand offen, aber diese Frau sah verdammt stark aus. Sie würde es nicht zulassen, daß er an ihr vorbeihuschte und einfach verschwand. Sie war die Herrin in dieser verdammte Unterwelt, und die Gier in ihren Augen sagte ihm mehr als Worte.
Die Frau hatte Hunger, sie hatte Durst, und sie wollte einzig und allein sein Blut.
Er wußte nicht, wieviel Zeit seit dieser neuen Entdeckung vergangen war, denn sie gab es für ihn nicht mehr. Die Situation war für ihn so verrückt und gleichzeitig überspitzt, so daß er damit nicht mehr zurechtkam.
Wichtig war, daß er sich rettete, aber wie?
Er fing plötzlich an zu reden, obwohl er es kaum gewollt hatte. Die Worte drangen automatisch über seine Lippen. Er reihte sie aneinander, ohne darauf zu achten, daß sie einen Sinn ergaben, und er stoppte erst, als die Vampirin den Kopf schüttelte.
Tief atmete Brandon aus. Er zitterte. Ihm war kalt geworden. Die Adern in seinem Innern hatten sich in kühle Fettschienen verwandelt. Seine straffe, gesunde Haut verlor ihr ebenfalls gesundes Aussehen, und er glaubte daran, ebenso bleich zu sein wie die unheimliche Gestalt vor ihm.
»Wer bist du?« Plötzlich konnte er wieder normal fragen. Er wunderte sich nicht mal mehr, daß er auch eine normale Antwort bekam.
»Ich bin Dorena. Ich bin zurückgekehrt in das Reich meiner Vorfahren. Ich war lange weg. Ich habe den Weg zu den düsteren Schlössern Rumäniens gefunden. Ich habe mich dort umgeschaut, und ich habe einen Meister gefunden, dem ich zu großem Dank verpflichtet bin. Ich war einmal das schwarze Schaf der Familie Camdon, sie aber gibt es nicht mehr. Keiner ist mehr am Leben, nur ich, aber mich haben sie vergessen, und das ist gut so, denn nun bin ich hier, um zu leben und mich am Blut der Menschen zu laben. Ich bin der Fluch, ich werde zur Geißel der Menschheit werden, das verspreche ich dir…«
Er hatte gehört und nichts begriffen. Es war ein Fehler, sich nicht mit der Familiengeschichte des Hauses Camdon zu beschäftigen, aber wer hatte das schon wissen können, daß es einmal vonnöten gewesen wäre? Wohl keiner. Als Brandon King seinen Job als Förster angetreten hatten, da hatte er die Ruine in seinem Revier akzeptiert, mehr auch nicht. Die Vergangenheit war für ihn zweitrangig gewesen, nun aber hatte sie ihn eingeholt.
Dorena Camdon stierte ihn an. Ja, es war ein Stieren, ein genaues Schauen, ein Abschätzen, als dächte sie darüber nach, wie viele Liter Blut durch seine Adern flossen.
Dann nickte sie.
Ein zufriedenes Nicken?
Brandon wußte es nicht. Den Schock hatte er zwar nicht überwunden, aber in seinem Körper machte sich zugleich der Wille breit, um dieses Grauen zu erleben. Er wollte nicht zum Opfer dieser Frau mit ihrem weit geöffneten Maul werden.
Er stieß sich von der Wand ab.
Zu langsam, schoß es ihm durch den Kopf. Du bist viel zu langsam. Du bist noch durch deine schmerzenden Muskeln und Glieder behindert. Du wirst es nicht schaffen, und
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