0880 - Ich will dein Blut, Sinclair!
vergaß zu atmen.
Mit allem hatte er gerechnet, nur nicht mit einem derartigen Besuch, denn vor ihm stand eine Frau!
***
Der Förster war zu keiner anderen Reaktion fähig. Er mußte die Frau einfach anschauen. Sie war der Magnet, er das Stück Eisen, das von ihr angezogen wurde. Eine derartige Person hätte er in dieser Umgebung nicht vermutet. Er wußte auch nicht, wie er sie einschätzen sollte, denn ihn irritierte bereits ihre Kleidung.
Sie trug einen engen, kurzen, schwarzen Rock, dazu dunkle, grüne Nylons, die in Höhe der Oberschenkel einige Löcher zeigten. Als Oberteil diente eine weitgeschnittene Bluse ohne Ärmel, die allerdings mehr einem Stoffetzen glich, unter dem zwei kräftige Brüste wogten. Die Frau hatte pechschwarzes Haar, kurz geschnitten. Es klebte an ihrem Kopf wie eine Haube.
Und noch etwas fiel ihm auf.
Entweder lag es am Licht oder an seinen Augen, die nicht mehr in der Lage waren, irgendwelche Farbabweichungen aufzunehmen. Die Haut sah so stumpf, bleich und gleichzeitig fleckig aus. Eine menschliche Haut hatte normalerweise eine andere Farbe, aber die der Frau zeigte an keiner Stelle einen rosigen Schimmer. Sie kam ihm künstlich vor, als wäre sie im Labor geschaffen worden.
Das Gesicht mit den menschlichen Zügen zeigte einen harten und gierigen Ausdruck, was möglicherweise an den dunklen Augen lag, deren Brauen zusammenwuchsen. Der breite Mund war schief, und die Lippen glichen sich mit ihrer Blässe zur Hautfarbe an.
Diese Person war ein Mensch, und trotzdem fehlte ihr einfach das Menschliche, was eben einen Menschen ausmachte. Die Gedanken wirbelten durch Brandons Kopf, er kam damit nicht zurecht, er suchte nach einem Vergleich, der sein Gefühl verhärtete, aber seine Gedanken glitten ins Leere. Da war nichts zu machen.
Die Person hatte die Tür nicht geschlossen. Sie war sich ihrer Sache sicher, und sie hatte nach ihrem Eintreten auch kein Wort von sich gegeben.
Statt dessen ließ sie den anderen nicht aus dem Blick, bewegte ihren linken Arm zur Seite und legte die Taschenlampe auf den Boden. Der helle Lichtfinger wies in Brandons Richtung. Sie brachte die Lampe als Beleuchtung.
Der Förster schluckte ein paarmal. Er mußte irgend etwas tun, um sich zu fangen, weil er sich vorkam wie jemand, der über seinen eigenen Schatten sprang. »Hören Sie«, sagte er mit einer Stimme, die ihm fremd vorkam. »Ich finde es gut, daß ich hier keinem Monstrum begegnet bin, womit ich schon gerechnet habe.« Er ignorierte das kalte Lächeln auf ihren Lippen und fragte: »Aber können Sie mir erzählen, wer Sie sind und wo ich hier bin?«
Die Frau gab keine Antwort.
Sie ging einfach weiter, und sie schaute Brandon King ununterbrochen an. Es war kein normaler Blick, wie er sehr bald festgestellt hatte, diese Person da vorn tastete ihn regelrecht ab. Sie untersuchte seinen Körper, als stünde er nicht vor ihr, sondern läge auf einem Seziertisch. Das bereitete ihm Mühe, und er fühlte sich hilflos.
Je näher die Person kam, um so mehr erschreckte sie ihn. An das Aussehen hatte er sich gewöhnt, nicht aber an den Geruch, den sie ausströmte. Brandon hatte einen derartigen Gestank noch nie wahrgenommen, für ihn war er abartig. Er versuchte auch, ihn irgendwo einzustufen, was ihm schwerfiel.
Roch sie nach Blut oder nach Moder?
Vielleicht sogar nach beidem. Da kam einiges zusammen, und dieser Gestank brachte ihn noch mehr aus dem Konzept als die Person. Die ließ sich nicht stören, sie bewegte sich weiter. Ihre Füße schleiften über den Steinboden. Sie steckten in sandalenähnlichen Schuhen, die oberhalb des Fußes zusammengeschnürt waren. Die Frau bewegte auch ihre Arme. Sie kamen dem Förster sehr lang vor, was möglicherweise an den knochigen Fingern mit den langen Nägeln lag, die schon aussahen wie kleine Messerspitzen.
»Wer sind Sie?« Er versuchte es noch einmal. Eine Antwort bekam der Förster auch, allerdings eine indirekte, denn zunächst einmal blieb die Person stehen.
Nicht weit von ihm weg. Wenn er wollte, konnte er sie mit der ausgestreckten Hand berühren.
Das tat der Mann nicht, denn er sah, daß die Frau die Initiative übernahm.
Sie sagte kein Wort. Dafür zuckte ihr Mund, der schlagartig aufschnappte.
Der Förster hatte nur Augen für diesen Mund und die langen, scharfen Eckzähne, die aus dem Oberkiefer wuchsen.
Das war nicht normal.
Kein Mensch hatte derartige Zähne! Sie waren das Zeichen für Vampire, und der Förster mußte davon ausgehen, daß vor
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