0880 - Ich will dein Blut, Sinclair!
die Kugeln lautlos, da glitten sie über den Boden hinweg oder umklammerten die Hindernisse, die ihnen im Weg standen.
Meine Augen schmerzten leicht vom langen Starren. Ich spürte auch die Tränen in den Winkeln, wischte sie weg, sah wieder klarer - und stand plötzlich unbeweglich.
Vor mit hatte sich etwas bewegt! Eine Täuschung?
Sehr leicht möglich, denn Nebel und die Dunkelheit schufen völlig andere Verhältnisse.
Ich wartete ab.
Die Bewegung blieb, und sie stammte nicht von einer Dunstsäule her, denn da kam jemand auf mich zu.
Eine Gestalt!
Ich hielt den Atem an, gleichzeitig holte ich meine kleine Leuchte hervor. Auch wenn sie wegen des Nebels nicht viel brachte, sie würde schon einen hellen Fleck in diese dichte Suppe hineinleuchten und den anderen vielleicht irritieren.
Das Licht wurde von zahlreichen Tropfen gebrochen. Es breitete sich aus; die Schwaden sahen aus wie Rauch, der durch die Scheinwerfer einer Bühnendekoration dampfte, und praktisch in ihrer Mitte zeichnete sich der menschliche Körper ab.
Ein Mann!
Ich hatte die Lampe bisher zu tief gehalten, drückte sie nun höher, um mir die Person näher anzuschauen.
Der Förster war es wohl nicht, denn der Mann trug nur ein Hemd und eine Hose. Bei dieser Kälte konnte er sich damit den Tod holen. Aber er ging weiter und ließ sich durch nichts und niemand stören. Er hatte ein Ziel, das war ich, und seine Füße bewegten sich durch das Laub, wo sie raschelnde Geräusche hinterließen.
Höher, noch höher fiel das Licht.
Es traf das Gesicht.
Und mich traf fast der Schlag!
Vor mir stand Brandon King, der Förster, der Mann, den ich so verzweifelt gesucht hatte.
Ohne seine dicke Jacke, nur mit einem Hemd und einer Hose bekleidet, und er machte mir nicht den Eindruck, als würde er frieren. Mich durchrann ein Schauer. Mein Herzschlag beschleunigte sich, denn ich ahnte Schreckliches, obwohl ich es noch nicht wahrhaben wollte und den anderen noch einen Schritt näherkommen ließ. Er war auf eine feuchte und zugleich glatte Stelle getreten, rutschte aus und schwankte, als würde der Boden unter ihm zittern.
Dann kippte er zur Seite, stemmte sich aber ab und kam wieder hoch. Er knurrte leise dabei, und dieses Knurren klang wenig menschlich, so daß sich meine Befürchtungen auch weiterhin verstärkten. Dennoch versuchte ich alles und sprach ihn an.
»Brandon…?«
Ich erhielt keine Antwort.
»Was ist mir Ihnen, Brandon?«
Ich hörte ihn nicht atmen, sondern schluchzen oder ein anderes Geräusch ausstoßen.
Und dann fiel er mich an.
Er warf sich einfach vor. Obwohl ich ihn unter Kontrolle gehabt hatte, wurde ich von dieser Attacke überrascht. Es gelang ihm, sich an mir festzuklammern und mich zurückzustoßen. Gemeinsam fielen wir hin. Ich lag auf dem Rücken, er über mir, und wir rutschten wie im Zeitlupentempo wieder zurück in meine Mulde.
Ich hatte die Lampe losgelassen. Das Gesicht war nahe genug über mir, um es genau erkennen zu können.
Ja, das war Brandon King, aber er war auch noch mehr. Er war zu einem Vampir geworden, das war deutlich an den langen Zähnen zu erkennen, die wie kleine, bleiche Dolche auf mich gerichtet waren.
Er wollte mein Blut!
Er drückte mich zu Boden. Mein Gott, hatte dieser Kerl Kraft! Er hackte dabei mit seinem Kopf.
Einmal vor, dann wieder zurück, weiterhin nach vorn und wieder zurück. Es waren stets die gleichen Bewegungen, und mit ihnen zusammen drangen Laute aus seinem Mund, die ich noch nie bei einem Blutsauger gehört hatte. Es war eine Mischung aus Knurren und Quietschen, Röcheln und Keuchen, aber eines stand fest: Er war hier nicht erschienen, um mich mit seinem seltsamen »Gesang« zu beglücken, er wollte mein Blut trinken, und ich mußte mich schon mit der Kraft der Verzweiflung dagegenstemmen.
Es war mein Glück, daß mir der Erdboden keinen zu harten Widerstand entgegensetzte. Wegen des weichen Laubs wurde ich auch bei jeder seiner Bewegungen tiefer gedrückt. Ich gab also immer mehr nach, so daß er seine Schwierigkeiten hatte, mich so hinzulegen, wie es für einen Blutbiß günstig war.
Das war meine Chance.
Seine Hände drückten nur gegen meine Schultern, sie umfaßten nicht die Kehle. Zwar lagen seine Arme dabei über Kreuz, so daß sie sich auch vor meine Gurgel pressen konnten, das ließ sich ertragen, und ich zog zuerst das rechte und danach das linke Bein an, denn diese Lücken hatte er mir gelassen.
Dann drückte ich die Beine hoch, verschaffte mir etwas Luft,
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