0880 - Ich will dein Blut, Sinclair!
sackte wieder tiefer in die Mulde hinein, so daß erste feuchte Blätter über mein Gesicht glitten, und ich versuchte es anschließend mit einer weiteren Attacke.
Diesmal wuchtete ich die Knie in seinen Leib.
Er flog in die Höhe und von mir weg.
Der Griff löste sich, weil seine Hände abglitten wie an einer Eisfläche. Er schlug mit den Armen um sich, erwischte mich leider am Kopf, so daß ich für einen Moment Sterne sah, aber diesen Treffer des Ellbogens überstand ich ebenfalls und keilte nun mit dem rechten Bein aus. Die Fußspitze erwischte seine Hüfte und auch den Rücken. Hinter dem Treffer hatte eine große Wucht gelegen. Der Vampir wirbelte zweimal um seine eigene Achse, schleuderte feuchtes Laub in die Höhe, und es sah für einen Moment so aus, als wollte er in den dichten Nebel am Boden einfach eintauchen.
Er kam nicht weit.
Ich war mit einem Sprung wieder auf den Beinen, und auch der Förster drehte sich um.
Er kniete plötzlich vor mir, den Kopf erhoben, die Beine im Laub verschwunden, Nebelfetzen vor seinem Gesicht. Er starrte auf die Mündung der Beretta.
»Es ist aus, Brandon!« keuchte ich. »Es ist aus, verdammt noch mal, ich muß es tun!«
Er zerrte seinen Mund in die Breite, als wollte er, daß die Lippen an den Winkeln rissen. Seine Haut war so blaß, gleichzeitig schmutzig, als wäre er aus einem Grab gestiegen.
Es fiel mir verdammt nicht leicht, aber es gab keine andere Möglichkeit. Ich wußte, daß er verheiratet war, ich würde seine Frau zur Witwe machen. Der Besuch ihres veränderten Mannes mitten in der Nacht bei ihr war die schreckliche Alternative.
Er lachte.
Seine Zunge schnellte dabei hervor. Er umleckte seine Lippen, als wären sie mit Blut benetzt, dann stemmte er sich hoch. Es blieb beim Versuch. Bevor er noch auf die Beine kommen konnte, hatte ich schon abgedrückt. Die Kugel jagte aus dem Lauf, die Stirn des Mannes war nicht zu verfehlen, und das geweihte Silbergeschoß traf dicht unter dem Haaransatz und verschwand im Schädel des Vampirs.
Ich trat nach dem Schuß zurück. Brandon King aber blieb noch hocken. Die Beine sehr breit, und er zitterte. Er bewegte seine Arme nach oben, was ich mit den letzten Zuckungen eines jetzt endgültig toten Untoten umschreiben konnte.
Das geweihte Silber hatte ihn zerstört und ihn von seinem kurzen Vampirdasein erlöst.
Wie ich mich fühlte?
Bei Gott, alles andere als großartig. Ich war nicht der tolle Sieger, ich war fix und fertig, denn dieser Vampir hatte mir als lebender Mensch einfach zu nahe gestanden, auch wenn wir nur Stunden miteinander bekannt gewesen waren.
Das war jetzt vorbei.
Er lebte nicht mehr, aber es gab jemand, der ihn zu diesem Wesen gemacht hatte, und da kam nur der gewaltige Schatten in Frage oder der Wolf, von dem mir Ken Bromley berichtet hatte.
Ihn gab es, beide existierten. Oder waren sie doch nur eine Person? Ich würde die Antwort auch noch finden, zunächst mußte ich mich jedoch um ganz andere Dinge kümmern.
Ich verdrängte den Gedanken an das Ende des ehemaligen Försters und dachte mehr an sein Fahrzeug, das mir gute Dienste erwiesen hatte, denn meinen Rover hatte ich weiter entfernt an seinem Haus abgestellt. Ich rollte den Leblosen auf den Rücken, damit er ganz flach lag, und untersuchte kniend seine Hosentaschen, in der Hoffnung, den Wagenschlüssel zu finden.
In der rechten Hosentasche hatte ich kein Glück, in der linken fand ich das kleine Lederetui, das den Schlüssel umschmiegte. Jetzt ging es mir etwas besser.
Das Wegfahren sollte keine Flucht sein. Ich würde am nächsten Tag bei Sonnenlicht zurückkehren, denn der Wetterbericht hatte wieder einmal einen goldenen Oktobertag vorausgesagt. Wenn der Nebel einmal weggedampft war, würde die Sonne strahlen, tödlich für Vampire, aber soweit war es noch nicht.
Ich selbst kam mir vor wie ein Gespenst im Nebel, als ich wieder aufstand. Die Richtung wußte ich, außerdem war ich nicht zu tief in den Wald eingedrungen, aber ich war nicht allein.
Das Lachen störte mich.
Es klang schrill und hell, es war von einer Frauenstimme abgegeben worden, und obwohl diese Person kein Wort sprach, kam es mir vor wie ein düsteres Versprechen.
Ich lauschte dem Lachen, auch darauf wartend, daß es sich mir nähern würde.
Das war leider nicht der Fall. Es blieb in dieser Entfernung und war sehr bald verstummt. Ich wartete etwas ab, es wiederholte sich nicht, und so machte ich mich wieder auf den Weg. Auf keinen Fall weniger vorsichtig als auf
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