0883 - Die große Pyramide
nicht falsch, wenn es um die Beurteilung anderer Menschen und ihrer Fähigkeiten geht. Vertagen wir die Problematik."
Sie winkten zurück und sahen, wie die vier Personen zum Lift gingen. Für morgen früh war bereits eine Besprechung während des Frühstücks arrangiert worden. Melissa blickte Torn spekulativ von der Seite an und fragte interessiert: „Rechnest du wieder mit einem Attentat?"
„Nicht heute. Aber ich rechne damit, daß unsere Arbeit alles andere als leicht oder glatt vor sich geht."
Sie fragte weiter; diesmal wollte sie seine ehrliche Meinung hören. Schließlich hatten sie zwölf Stunden lang ununterbrochen Material über diese Pyramide durchgesehen, in Ton, Schrift und Bild.
„Erwartest du, daß wir etwas finden?"
„Ja", gab er ohne zu zögern zurück. „Jeder, der mit einem solchen Aufwand sucht, wird etwas linden. Ob es das sogenannte Geheimnis der Pyramide ist, das weiß ich allerdings nicht."
„In Ordnung. Gehen wir schlafen. Bis morgen, Chef!"
Er grinste sie schief an und versicherte: „Du darfst mich Torn nennen!"
Er war zu müde, um sich ernsthafte Gedanken über ernsthafte Themen machen zu können.
Trotzdem schaltete er die Raumsicherungsanlage ein, legte den entsicherten Strahler auf den Tisch unmittelbar neben dem Bett und warf einerl langen Blick aus dem offenen Fenster. Die Landschaft und die nähere Umgebung des Hotels wirkten unwahrscheinlich friedlich.
Das zehnte oder elfte Signal des Interkoms weckte Don Harris. Don sprang mit einem Fluch auf, stieß mit dem Schienbein gegen einen harten Gegenstand und fluchte lauter. Dann hatte er das Gerät und aktivierte den Sensor.
Auf dem Bildschirm erschien ein Kopf, der offensichtlich wilder Phantasie entsprungen war.
Der Lautsprecher klirrte, als eine heisere, harte Stimme losschrie: .,Ihr seid Grabräuber! Ihr seid Schänder des ewigen Friedens der Pharaonen! Gewürm!"
Harris sah ein braunhäutiges Gesicht, von fanatischem Haß entstellt. Schwarze Augen funkelten ihn stechend an.
„Sind Sie verrückt?" rief Harris und drosselte die Lautstärke. Inzwischen mußten die anderen wach geworden sein; dieses Geschrei hatte sie zweifellos aufgeschreckt. Der fanatische Mann vor ihm schrie weiter.
„Ich bin Hachmad Manran, der Freund der Pharaonen und der Hüter ihrer Ruhe. Ich verfluche euch...!"
„Ich verfluche Sie, weil Sie meinen Frieden stören!" donnerte Harris zurück. Der Mann trug das Agal und die Keffije, das Kopftuch der Araber, gefaltet wie auf alten Bildern und Plastiken der Pharaonen. Schwarze Augenbrauen und ein schwarzer, konisch geschnittener Kinnbart vervollständigten den wilden und phantastischen Eindruck. Hachmad hörte Harris nicht zu, er erging sich weiter und geiferte: „Ich verfluche diejenigen, die den Auftrag gaben. Und jeder von euch, der es wagt, die Ruhe des Pharaos zu stören...!"
„Der Pharao ist längst im Museum, Sie Irrer!"
„... wird auf grauenvolle Weise sterben. Ihr seid Schurken, Grabrau-ber!"
Harris war nicht einzuschüchtern, aber es durchfuhr ihn tatsächlich. Nicht die Drohungen, sondern der offensichtliche Haß und Fanatismus, die bösartige, fast magische Kraft, die von diesem schreienden Phantasten ausging. Was er den Wissenschaftlern vorwarf, erreichte den Gipfel haltloser Argumente. Es gab innerhalb der Pyramide nichts mehr, dessen Ruhe jemand stören konnte. Das alles ging Harris durch den Kopf, während er mit halbem Ohr auf die Beschimpfungen und Drohungen lauschte.
„Hören Sie auf, Sie Narr!" sagte er schließlich. „Sie bezwecken nichts,'" Die Stimme kippte in ein hysteri- tsches Kreischen um und schrie: „Ich habe euch gewarnt! Hachmad
*
" Manran, der Wächter der Pharaonen wird euch strafen.
Ich bin nicht zu fassen. Ich bin überall, ich ..."
Harris schaltete ab, drückte den Gerät-nicht-anrufbar-Knopf und ging zum Fenster. Er ließ es aufglei- ,ten und atmete die kühle Nachtluft tief ein. In seinen Ohren dröhnten /' die Flüche und Drohungen nach. Schließlich beruhigte er sich, nahm
*
" den Minikom und tippte eine Kodezahl.
„Ja? Sind Sie es, Torn?" fragte die Stimme des Sicherheitschefs.
„Harris hier", sagte Harris und setzte sich auf die Bettkante. „Tut 'mir leid, Uchillos. Mich hat eben ein .Wahnsinniger geweckt, der sich Hachmad Manran nannte, der Uchillos ließ ein ungläubiges Staunen hören.
„So etwas gibt es tatsächlich? Ich werde verrückt."
„Er ist es schon. Er ermittelte meine
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