0884 - Sklaven der Hölle
wieder auf. Dann geht alles von vorne los. Nein, das will ich nicht. Wir müssen sie töten. Hier!«
Nicole sah in die Augen der jungen Frau. Viel von dem, was sie dort sah, erinnerte sie an Mirjad. Die Korsin hatte mit den Augen vermitteln können, dass es für sie keine Alternativen gab. Rola tat es ihr nun gleich. Nicole würde also erneut ausführen müssen, dass sie alles andere als Rücksicht auf Vampire und andere Kreaturen der Hölle nahm, doch etwas war zu einer Art Grundsatz für das Zamorra -Team geworden: Sie waren Verteidiger, wehrten sich mit allen ihren Kräften, wenn man sie oder andere attackierte. Und wenn es in diesem ewigen Kampf unausweichlich wurde, dann vernichteten sie ihre Feinde auch. Es machte keinen Sinn, einen erbarmungslosen Gegner, der nicht vor Mord und anderen Gräueltaten zurückschreckte, immer und immer wieder entkommen zu lassen, wenn man die Möglichkeit hatte, ihn für alle Zeit unschädlich zu machen.
Doch sie waren sicher keine Jäger, die ihre Feinde hetzten, um sie dann zu erlegen.
Das ganz sicher nicht.
Die Zeit für eine solche Rede blieb Nicole jedoch nicht, denn absolut unvermittelt landete plötzlich Merlins Stern in ihrer rechten Hand… und verschwand eine Sekunde später wieder.
Wenn Zamorra ihr das Amulett gesandt und dann wieder zu sich gerufen hatte, war das eine mehr als deutliche Nachricht für Nicole. Zamorra wollte sich bemerkbar machen. Wahrscheinlich hielt er sich nicht weit von ihr auf, konnte oder wollte aber besser nur stille Post spielen. Nicole Duval fühlte, wie eine Last von ihr fiel. Es ging ihm also wahrscheinlich gut. Das Höllenfeuer hatte ihn nicht klein kriegen können. Wieder einmal nicht…
Sie wandte sich an Rola. »Das können wir alles später besprechen. Jetzt müssen wir uns um den Ductor kümmern. Er hat den Sklavenmarkt so drastisch vernichtet. Wenn Sinje-Li eins und eins zusammenzählen kann, dann wird sie ihm folgen. Sie scheint mir der rachsüchtige Typ zu sein, oder?«
Duval hatte natürlich Recht. Vielleicht bot sich dort am Kokon die Möglichkeit für Rola, die Geschichte für sich und Artimus ein für alle Mal zu beenden.
Rola DiBurn nickte der Französin zu.
Geduckt hasteten die beiden Frauen in Richtung Kokon, der im grellen Licht der Flammen absolut surreal erschien.
So surreal wie im Grunde alles in den Schwefelklüften…
***
Zamorra war rasch wieder zu sich gekommen.
Mühsam erhob er sich. Die Hitzeentwicklung war nun im Bereich des Erträglichen angelangt, doch noch immer fiel es dem Professor schwer normal durchzuatmen. Er blickte an sich hinunter. Die Fasern des Stoffes, aus dem Hose und Oberteil bestanden, die er auf dem Markt erstanden hatte, waren sicher nicht für sonderlich hohe Temperaturen geeignet. Gut, es war nicht alles weggebrannt, doch Hose und Hemd wiesen große Löcher auf, zudem hatte er sich bei dem Sturz einen heftigen Winkel in den rechten Ärmel gerissen.
Als Kind war er mehr als nur einmal so… oder doch so ähnlich nach Hause gekommen. Es waren keine freundlichen und liebevollen Worte, die ihn dann dort erwartet hatten. So ging man doch nicht mit seiner teuren Kleidung um! Doch - genau so machte man das, wenn man ein lebhaftes und gesundes Kind war. Eltern begriffen so etwas nur meist nicht.
Gut, heute war er erwachsen. Allerdings hatte sich die Qualität seiner Spielplätze auch erheblich verändert…
Zamorra riss den Ärmel mit einem kräftigen Ruck ab. Besser so, als einen hinderlichen Fetzen am Arm zu haben. Er blickte sich suchend um. Der Kokon war nur knapp einhundert Schritte hinter ihm. Die Position, an der Zamorra sich befand, mochte ungefähr richtig sein. Das bedeutete, der Ort, an dem Sinje-Li van Zant erwartete, der war nicht weit von hier.
Doch das war jetzt nicht einmal Zamorras vordringlichster Gedanke. Nicole war auf der Suche nach Rola. Sie würde mit der mehr als giftig agierenden Vampirin sicher fertig werden. Zamorra musste wissen, was der Ductor vorhatte. Was wollte er mit zwei Sklavinnen von der Erde anfangen? Junge, gesunde Frauen… die Antwort war doch so einfach, zu einfach, um Eingang in Zamorras Denken zu finden.
Der Sklavenmarkt brannte nach wie vor. Es schien so, als würde das Feuer noch immer ausreichend Nahrung finden, um nicht selbst verenden zu müssen. Vor dem hell erleuchteten Horizont zeichnete sich die Figur des Ductors klar und deutlich ab. Er lief nicht, er schritt gleichmäßig voran. Nichts und niemand würde sich ihm in den Weg stellen,
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