0884 - Sklaven der Hölle
da war er sicher. Und hinter ihm… verbrannte Erde, die niemand überlebt haben konnte. All das las Zamorra aus den besonnen wirkenden Bewegungen der Kreatur heraus.
Der Ductor war sich so sicher. Zamorra konnte erkennen, dass eine der beiden Sklavinnen mittlerweile wie leblos wirkte - wahrscheinlich hatte sie das Bewusstsein verloren. Die andere machte nach wie vor abwehrende Bewegungen, die der Ductor wahrscheinlich nicht einmal registrierte. Für ihn waren die Frauen sicher nur lästige Insekten.
Für ihn… doch irgendwer wartete vielleicht schon sehnlich im Kokon darauf, dass der Ductor sie nach Armakath brachte. Ganz plötzlich war die Erkenntnis in Zamorras Kopf angekommen. Wie hatte er das nur vergessen können?
Die Wächterin der weißen Stadt Armakath - Sabeth, die ehemalige Königin des Asanbosam-Stammes aus dem tiefsten Afrika… die dunkelhäutige Schönheit… sie war ein Vampir!
Der Ductor tat hier nichts anderes, als Sabeth das Überleben zu sichern. Er besorgte ihr das frische Blut, ohne das sie einfach nicht sein konnte. Was für ein Fehler! Da war es wieder - dieses immer weiter wachsende Gefühl, dass die Herrscher über die weißen Städte ganz einfach weit von einer perfekten Kontrolle entfernt waren. Der Plan, ihr großes Ziel, das wohl die Furcht vor einer gewaltigen Bedrohung endgültig beseitigen sollte, schien von Anfang an ihrer Kontrolle zu entrücken.
Die neue, die junge und starke Wurzel Armakaths hatte sich Sabeth als Wächterin erwählt. Die Schwarzafrikanerin mochte eine gute Wächterin abgeben, doch sie war ein Wesen, das man nicht einsperren durfte. Sie musste jagen… jagen nach frischem und warmem Menschenblut. Im Kokon war ihr das nicht möglich.
Zamorra konnte sich in etwa die Qualen vorstellen, die Sabeth erlitten hatte. Wenn er die Praetoren und ihren Ductor richtig einschätzte, dann hatten die sicher kein großartiges Verständnis für die Wächterin, die sich in Schmerzen wand.
Wahrscheinlich hatte die Wurzel selbst eingegriffen, und der Ductor musste für Sabeths Wohl sorgen. Es gab demnach auch die Möglichkeit, den Kokon zu verlassen, ihn wieder zu betreten.
Genau das war es, was Zamorra erkunden wollte. Auf eine Auseinandersetzung mit der Kreatur legte er keinen Wert. Erneut dachte er an Laertes, doch der Freund war nicht hier. Seine Kampfkraft, gepaart mit Merlins Stern und Zamorras magischen Fähigkeiten, hätte die Chancen bei einem Angriff auf den Ductor steigen lassen.
Zamorra blieb vorerst in Deckung. Die Aufmerksamkeit des Ductors war etwas, auf das er liebend gerne verzichten konnte. Dann sah er seitlich von sich die Anhöhe, der er bisher noch keine Aufmerksamkeit gewidmet hatte. Da waren Schatten - und der eine von ihnen zeigte unverkennbar die Silhouette Nicoles. Zamorra reagierte rasch. Er schickte Merlins Stern zu seiner Gefährtin, rief ihn wieder zu sich. Das war so etwas wie eine Visitenkarte, ein vereinbartes Zeichen, das für »Ich seh dich - bin in deiner Nähe« stand.
An Nicoles Reaktion erkannte er, dass die Botschaft angekommen war. Jetzt waren es drei Personen, die der Kreatur aus dem Kokon folgten.
Nein, es waren vier, doch davon wussten die drei jetzt noch nichts.
***
Sinje-Li hatte Artimus van Zant vergessen.
Sinje-Li hatte Rola DiBurn vergessen.
Rache? Dieses Wort hatte nun für sie eine neue Bedeutung bekommen. Wie sehr konnte man einen solchen Begriff steigern? Wie sehr konnte man ihn für sich selbst erhöhen? Ihn in seiner Wichtigkeit so weit aufstocken, bis er zu bersten drohte, war das überhaupt noch möglich?
Was van Zant ihr angetan hatte, das war doch nur, Sinje-Li in ihrer Eitelkeit zu kränken. Sie, die sich für nahezu unbesiegbar gehalten hatte, war von einem Menschen gestoppt worden. Jetzt erschien ihr dies beinahe als belanglos, auch wenn es vor wenigen Stunden ihr ganzes Denken eingenommen hatte.
Der qualvolle Tod ihres Bruders… damals in Kanada… oh ja, all die Schmerzen und Leiden, die auch Sinje-Li und die anderen Kinder dort hatten ertragen müssen - sie waren eine gute Rechtfertigung für grausame Rache. Sinje-Li hatte diese Rache genommen, ohne dabei wirklich Erleichterung verspürt zu haben.
Manchmal war Rache eben nicht süß, nicht mit Lustgewinn behaftet, sondern schmeckte am Ende eher fade. Befreiend war sie im Grunde genommen nie.
Das alles interessierte die Raubvampirin jetzt nicht mehr. Sie hatte von ihrem gesamten Clan nichts mehr vorgefunden. Nicht einmal verkohlte Körper… die Hitze
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