0884 - Sklaven der Hölle
dass Sinje-Li ihre erbitterte Feindin war. Sie wollte van Zant töten, sie wollte auch Rolas Tod, keine Frage.
Und warum könnte ich jetzt vor Mitleid zu heulen beginnen? Die Amerikanerin blickte zu Nicole. Die Französin hatte sich weitaus besser im Griff, denn für sie stand dort nur eine gefährliche Vampirin ohne Background, ohne wirkliche Geschichte. Rola wusste genau, dass Nicoles Einstellung die richtige war. Dennoch…
In den Augenwinkeln erkannte DiBurn, wie Zamorra sich geschickt weiter vorarbeitete. Nicole flüsterte nahe an Rolas Ohr. »Halte dich ganz zurück, bleib in Deckung, was auch immer passiert. Vielleicht können wir dem Ductor die Sklavinnen abjagen. Wenn der Riese in den Kokon eindringt, konzentriere dich auf jede Kleinigkeit, die er tut. Das kann später wichtig sein.« Rola nickte. Sie hatte wahrhaftig kein Interesse sich in eine Auseinandersetzung aktiv einzumischen. Mit welcher Waffe hätte sie auch vorgehen sollen? Rola war alles andere als eine ausgebildete Nahkämpf erin wie Nicole oder Sinje-Li.
Als die Stimme der Vampirin ertönte, war sie wie eine einzige Anklage…
***
Der Ductor stutzte.
Direkt vor dem Kokon stand eine Gestalt, die er zuvor niemals gesehen hatte. Ein zweiter Blick sagte ihm, dass diese Frau wohl in dem Flammenmeer gewesen sein musste, in das er den Sklavenmarkt getaucht hatte. Zumindest aber in dessen Nähe, denn sie war mit Verbrennungen übersät. Wahrscheinlich war auch sie eine Vampirin, vielleicht sogar die einzige Überlebende der ganzen Sippe?
Die Flammen hatten ihr böse zugesetzt, doch soweit der Ductor überhaupt über die Kreaturen hier informiert war, besaßen speziell die Vampire erstaunliche selbstheilerische Kräfte. Vielleicht würde sie die Verbrennungen also ohne Schaden überstehen - unter Umständen würde ihr Körper nicht einmal hässliche Narben übrig lassen.
Sie hatte also überlebt. Was wollte sie dann hier? Ihn zur Rede stellen? Aber das war ja lächerlich. Sie sollte sich glücklich schätzen, dem Feuer entkommen zu sein. Wäre der Ductor an ihrer Stelle, dann hätte er sich jetzt irgendwo verkrochen, hätte auf die Kräfte seines Körpers gehofft und abgewartet.
Die Frau dort vor ihm schien das aber anders zu sehen.
Der Ductor war nicht leicht zu beeindrucken, und die Anwesenheit dieser Verrückten irritierte ihn auch nicht sonderlich, doch als er ihre Stimme hörte, blieb er wie angewurzelt stehen. Vielleicht hatte sie zu viel Rauch schlucken müssen… oder ihre Stimmbänder hatten anderweitig gelitten. Als sie zu sprechen begann, klang das wie Steine, die aufeinander geschlagen wurden, hart und rau, drohend und in den Ohren des Zuhörers schmerzend. Dennoch verstand er jedes einzelne ihrer Worte.
»Warst du es? Hast du einfach so alles getötet, was ich noch zu besitzen glaubte?«
Der Ductor fasste die beiden Sklavinnen fester. Er wollte sich nicht lange mit der Irren aufhalten. Im Kokon wurde seine Ankunft sicher schon schmerzlich erwartet. Schmerzlich war das richtige Wort, denn als er seinen Ausflug gestartet hatte, da lag die Wächterin der weißen Stadt bereits beinahe in Agonie. Normalerweise hätte er sie ganz einfach verrecken lassen. Eine dreckige Vampirin weniger. Er sah ja jetzt ganz deutlich, dass man mit denen nur Ärger bekam.
Doch die Wurzel war deutlich in ihrer Aussage gewesen. Sie brauchte und wollte die Wächterin. Diese und keine andere. Es stand dem Ductor nicht zu, den Plan infrage zu stellen, doch für ihn war klar, dass die Wahl einer solchen Wächterin einen Eklat darstellte, der einiges relativierte. Perfektion sah anders aus. Doch das sollte ihn nicht stören. Er war allerdings gezwungen, die Mär von der Unmöglichkeit den Kokon zu verlassen, zu zerstören.
Nur er war dazu in der Lage. Das war die Sollbruchstelle , die von den Herrschern eingerichtet worden war, als sie die Kokons planten. Nur der Ductor besaß die Fähigkeit, den Kokon an einer bestimmten Stelle zu verlassen, ihn wieder zu betreten. Das allerdings bedeutete für ihn auch, dass er der Einzige war, der die Gier der Wächterin befriedigen konnte. Das blieb an ihm hängen. Sie allerdings war vollkommen abhängig von ihm. Er gedachte, das zu gegebener Zeit auszunutzen.
Jetzt jedoch hatte er genug Zeit hier draußen verbracht. Er wollte sich auch von dieser Vampirin nicht mehr aufhalten lassen.
Seine Stimme klang wie Theaterdonner.
»Ja, das war ich. Und nun? Mach den Weg frei, sonst ergeht es dir wie den anderen, die mich
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