0884 - Sklaven der Hölle
wenn wir in der Absicht gekommen wären, die Wurzel zu zerstören? Es wäre uns relativ leicht gemacht worden, nicht wahr? Es ist etwas faul im Staate Dänemark.«
Van Zant musste grinsen, als er die fragenden Blicke seiner Freunde sah. Er hatte den guten alten Shakespeare aus dessen Hamlet zitiert… und die Paromer verstanden nun nur noch Bahnhof.
»Vergesst mein Geschwafel. Tatsache ist, dass der großartige Plan anscheinend mit Haken und Ösen durchsetzt ist. Nichts ist so durchdacht und perfekt, wie man uns glauben machen will. Die Praetoren, speziell die Ductoren scheinen ihr eigenes Süppchen zu kochen.« Die Erwähnung von Nahrung ließ Artimus das mächtige Loch spüren, das in seinem Bauch existierte. Wieder eine der Sachen, die hier vollkommen unzureichend, oder auch überhaupt nicht durchdacht worden waren. Die Krieger, die Wächterinnen - sie mussten essen und trinken. Nicht unbedingt alle von ihnen Blut wie Sabeth, aber so ziemlich jeder hatte seine besonderen Bedürfnisse. Wie war dies geregelt?
Es gab hier im Kokon so etwas wie ein Vorratslager, aus dem Vinca und Artimus sich auch bereits bedient hatten. Relativ sauberes Wasser in Krügen, Gemüse und auch etwas gepökeltes Fleisch hatten sie dort gefunden. Wie lange sollte dieser magere Vorrat reichen? Die Nahrung war alles andere als ausgewogen - Mangelkrankheiten würden über kurz oder lang das Resultat sein.
Wenn das Lager leer war… was dann? Den Kokon konnte man ja angeblich nicht verlassen. Selbst wenn - Parom war eine tote Welt. Fleisch würde man dort nirgendwo mehr auftreiben können, Gemüse und Obst waren sicher ebenfalls Fehlanzeige.
Das war nur nachvollziehbar, wenn der Plan binnen kürzester Zeit Abschluss finden würde. Doch danach sah es nun wirklich nicht aus.
»Wir müssen von hier verschwinden. Wie auch immer…«
So etwas wie der erste Zipfel einer Idee meldete sich in Artimus' Verstand. Wirklich nur ein kleiner, unbedeutender Zipfel, aber immerhin, er war da.
Der Südstaatler blickte seine Freunde an. Ja, sie würden es versuchen…
Sicher nicht jetzt, nicht heute, aber nun war es Artimus van Zant, der seinen ganz ureigenen Plan schmiedete.
***
Zamorra, Nicole und Rola DiBurn näherten sich im Rücken des Ductors von verschiedenen Seiten her. Sie verständigten sich mit Handzeichen, doch im Grunde war das überhaupt nicht notwendig, denn Zamorra und Nicole verstanden sich bei solchen Aktionen einfach blind, ahnten, was der andere vorhatte.
Sie alle stoppten ruckartig und gingen in Deckung, als direkt vor dem Kokon eine Gestalt sichtbar wurde.
Sinje-Li - die Raubvampirin.
Zamorra fragte sich ernsthaft, was die Blutsaugerin plante. Glaubte sie tatsächlich, sich dem Ductor in den Weg stellen zu können? Der Parapsychologe ahnte, dass Sinje-Li das Desaster auf dem Sklavenmarkt entdeckt haben musste. Zamorra kannte die Verhältnisse, die Beziehungen nicht tfut genug - besser gesagt überhaupt nicht - in denen Sinje-Li zu diesem Clan von Vampiren gestanden hatte. Das Auslöschen der kompletten Vampirsippe mochte etwas in ihr ausgelöst haben, das er nicht begreifen konnte.
Rola DiBurn begriff dafür umso besser. Sie kannte Sinje-Lis Geschichte. Die des Menschen Sinje-Li hatte vor vielen Jahren in Kanadas Wäldern geendet - die des Vampirs Sinje-Li, der Raubvampirin, hatte hier begonnen, im Schutz dieses Clans, der ihre Heimat war. So unverständlich das in den Ohren eines normalen Menschen auch klingen mochte - Geborgenheit, Familie, Sinn im Dasein, das alles schien man auch bei den Kindern der Nacht finden zu können.
Sinje-Li sah das zumindest so.
Was mochte in der Vampirin vorgegangen sein, als sie entdeckt hatte, was davon übrig geblieben war? Asche… längst verweht über die Ebenen der Schwefelklüfte. Nichts als feinste Asche. Rola DiBurn sah, dass Sinje-Lis Haare beinahe vollständig verbrannt waren; die Arme, der Hals und die nackten Beine der Vampirin waren übersät von Brandblasen, die ihr entsetzliche Schmerzen verursachen mussten. Sie hatte sich viel zu lange in der Feuersbrunst aufgehalten.
Spürte ein Vampir Schmerzen?
Rola konnte das nicht beantworten, doch wenn es so war, dann schien Sinje-Li in einer Form Schockzustand gefangen zu sein, der Schmerzen ganz einfach nicht zuließ. DiBurn war zu weit von Sinje-Li entfernt, um deren Blick interpretieren zu können. Sie konnte nicht sagen warum, aber sie war sich ganz sicher - darin musste entsetzliches Leid liegen. Leid und Hass! Rola war klar,
Weitere Kostenlose Bücher