0887 - Das Horror-Pendel
Fackel hoch und näherte sich ihm in einer leicht gekrümmten Haltung. Wieder schlurfte sie mit den Füßen über den Boden, und bei jedem Geräusch nahm die zweite Haut auf seinem nackten Oberkörper zu. Die Gestalt blieb neben ihm stehen. Sie hielt den Arm mit der Fackel sehr hoch, als wollte sie die Decke ableuchten.
Heinz Hollmann versuchte den Gegenstand zu erkennen. Noch war es für ihn nur ein Schatten, und er erinnerte Hollmann an einen Halbmond.
Die Bewegung neben ihm sorgte für eine Änderung seiner Blickrichtung. Der unheimliche Kapuzenmann war dabei, zu Hollmann hinaufzuklettern.
Erst jetzt kam ihm zu Bewußtsein, daß man ihn auf einem Steintisch festgebunden hatte. Aber der Ausdruck Tisch paßte ihm auch nicht. Es war mehr ein zweckentfremdeter Altar aus Stein, eine Opferstätte eben, auf der Menschen ihr Leben aushauchten.
Auch er?
Bestimmt…
Heinz Hollmann kam nicht dazu darüber intensiver nachzudenken. Der Kapuzenmann reckte seinen rechten Arm nach oben, und diesmal reichte das Licht der Fackel aus.
Hollmann konnte erkennen, was da so fürchterlich über ihm schwebte. Kein Mond, nein, das war ein gewaltiges Pendel. Ein Steinpendel…
Heinz Hollmann war dermaßen durch diesen Anblick geschockt, daß es ihm nicht gelang, das alles zu verdauen. Er dachte an die Gefahr, aber er brachte sie gedanklich noch nicht unter. Er war erstarrt. Nicht nur äußerlich, auch in seinem Innern, da war das Blut zu Eiswasser geworden. Sprechen konnte er auch noch nicht.
Die Gestalt kletterte wieder von der Opferplatte zurück auf den Boden. Links neben dem Gefangenen blieb sie stehen und bewegte den rechten Arm mit der Fackel.
Das Licht und auch ein Teil der Wärme glitten seinen Oberkörper hoch bis hin zum Gesicht, wo er geblendet wurde, aber zugleich froh war, wenigstens für einen Moment die Wärme gespürt zu haben.
Dann trat der andere zurück.
Hollmann erinnerte sich wieder daran, wie er gegen diese Gestalt gefallen war und keinen Widerstand gespürt hatte. Er kam damit nicht zurecht, suchte nach einer Lösung dieses Rätsels. Vergeblich.
Hier kam er mit seiner Logik nicht klar.
Andere Mächte und Kräfte hatten die Regie übernommen, und er steckte mitten im Schlamm.
Er sah den anderen nicht mehr, hörte ihn nur noch. Der Kapuzenträger verschwand rechts von ihm. Hollmann lauschte den Tritten. Er zählte sie mit.
Bei diesen hörte er auf.
Stille breitete sich aus.
Kein Atmen des Kuttenträgers, und auch er wagte nicht, die Luft auszustoßen. Dann hörte er ein Geräusch.
Zuerst war es nur ein Rumpeln und leises Knirschen. Etwas wehte von oben her auf ihn herab wie ein feines Tuch und legte sich auf seinen Oberkörper nieder.
Staub, Steinstaub…
Warum?
Heinz Hollmann schielte in die Höhe. Er ließ die Decke nicht mehr aus dem Blick und glaubte plötzlich, verrückt zu werden. Der riesige Steingegenstand, dieses überdimensionale Pendel, hatte sich aus seinem Zustand gelöst und war nach unten gesackt.
Dabei blieb es nicht.
Es glitt weiter in die Tiefe, und – was am schlimmsten war – es schwang dabei hin und her.
Ein gewaltiges scharfes Pendel. Mit langsamen, aber nicht zu stoppenden Bewegungen, und bei jedem Ausschwingen sackte es ein Stück tiefer, dem gefesselten Opfer entgegen.
Heinz Hollmann hatte es kaum glauben wollen. Er hatte die Augen geschlossen. Das Bild war geblieben, als er sie wieder öffnete.
Ein unheimlicher Todbringer bewegte sich von einer Seite zur anderen hin, und je tiefer es kam, um so besser war es für den liegenden Heinz Hollmann zu erkennen, weil es immer stärker in den grauen Lichtschein geriet, der von der Treppe her in das Gewölbe fiel. Hollmann war erstarrt.
Auch wenn er hätte schreien wollen, es wäre ihm nicht möglich gewesen. Das Entsetzen hatte ihn stumm werden lassen, aber nicht sein Gehör außer Kraft gesetzt.
Husch… husch …
Das riesige Steinpendel wurde lauter, je tiefer es sackte.
Husch… husch.
***
Wir hatten uns einen japanischen Geländewagen gemietet und waren in die Bergwelt um Madrid gefahren und damit auch in eine zum Glück trockene Kälte. Ein steifer Wind rüttelte an dem mit drei Personen besetzten Wagen.
Suko, der fuhr, ich auf dem Beifahrersitz, als Spürhund und Kartenleser, und im Fond ein Mann, der uns überhaupt erst auf die Spur gebracht hatte. Abbé Bloch, Anführer der Templer, der sein Hauptquartier und seine Heimat in Südfrankreich hatte.
Ihm hatten wir diesen Job zu verdanken, denn er wollte uns zu
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