0887 - Das Horror-Pendel
bisher vergeblich. Wahrscheinlich versteckte sie sich zwischen den Schatten an den Berghängen oder in irgendeiner Schlucht.
Auch der Abbé war darüber nicht genau informiert. Wir würden fragen müssen.
Aus der staubigen Piste wurde eine gepflasterte Straße. Wir konnten froh sein, mit einem Geländewagen unterwegs zu sein, bei den vielen fehlenden Steinen.
Hinter uns war der Abbé ziemlich munter geworden. Er lag nicht mehr, sondern hatte sich hingesetzt und schaute mal aus dem rechten und mal aus dem linken Fenster, während die ersten Schatten der Dämmerung die Hänge herabkrochen.
Hinter schmalen Fenstern schimmerten bereits erste Lichter. Aus den Kaminöffnungen der flachen Dächer quollen Rauchschwaden, die sich in der kalten Luft verteilten und einen typischen Geruch verbreiteten, der auf viele Menschen gemütlich wirkte.
In den Gärten waren die Blumen verblüht. Ich entdeckte auch Steinwälle, die die Felder vor dem Wind schützen sollten, sah drei Kinder, die neben unserem Wagen herliefen und dabei immer wieder in die Höhe sprangen, weil sie einen Blick ins Innere des Fahrzeugs erhaschen wollten.
Jedes spanische Dorf hat so etwas wie einen Mittelpunkt, eine Piazza. Auch Los Cantos bildete da keine Ausnahme, und Suko, der Fahrer, stoppte etwa in der Dorfmitte und auch im Schatten der Kirche, die etwas erhöht stand. Um sie zu erreichen, mußten die Gläubigen eine Treppe hochgehen.
»Das war’s«, sagte der Inspektor, als er den Motor abstellte, sich losschnallte und die Tür öffnete.
Mit ziemlich steifen Gliedern stiegen wir aus.
Der Abbé, der am besten spanisch von uns sprach, trug nicht seine Templer-Kutte mit dem Kreuz, sondern war normal gekleidet.
Eine dunkle Cordhose, Jackett, Pullover, eine dicke, gefütterte Jacke.
Unsere Ankunft war natürlich aufgefallen. Sie hatte sich herumgesprochen. Es versammelten sich einige Menschen in unserer Nähe, und der Abbé sprach einen Mann an, dessen dunkler Bart im Wind wehte. Der Mann hörte zu, schließlich nickte er, gab eine schnelle Antwort und deutete hoch zur Kirche.
Bloch bedankte sich und kam zu uns.
»Was war?« fragte ich, dem kalten Wind dabei den Rücken zudrehend.
»Ich hatte mir gedacht, daß wir uns mit einem Kenner unterhalten. Und da sind die Pfarrer erste Wahl.«
»Einverstanden.«
»Wo finden wir ihn?« fragte Suko.
»In der Kirche. Er nimmt die Beichte ab.« Bloch schaute auf die Uhr. »Allerdings nur noch einige Minuten, dann ist die Zeit vorbei. Wir können in der Kirche auf ihn warten.«
Damit waren wir einverstanden, stiegen die Treppen hoch und mußten eine alte Holztür öffnen, deren Angeln quietschten, als würden sie gefoltert. Die Kirche war ein kleiner Bau aus hellem Stein. Dementsprechend klein waren auch die Fenster. Kaum breiter als Schlitze, dafür aber sehr lang und fast bis zum Boden reichend.
Wir hatten ein schlichtes Gotteshaus ohne großen Prunk betreten.
Nur wenige Bänke boten Platz. An den Seiten standen welche quer, und dort entdeckten wir auch den Beichtstuhl, der aussah wie ein von Meisterhand gefertigter geschnitzter Schrank. Dessen Holzmaserung wiederholte sich an der Kanzel, zu der eine Wendeltreppe hochführte. Am Altar brannten zwei Kerzen. Die Flammen rahmten ein Meßbuch, einen Tabernakel und ein darüber hängendes kleines Bild der Mutter Gottes ein. Die Decke über dem Altar war bemalt.
Wir konnten die Figuren allerdings nicht erkennen.
Nahe dem Beichtstuhl drückten wir uns in eine Bank, saßen dort nebeneinander und warteten. Aus dem Beichtstuhl hörten wir die flüsternden Stimmen, als wären dort Geister dabei, sich zu unterhalten, aber es war nur eine alte Frau, die mit einem Mann sprach. Bald schon verließ sie den Stuhl. Sie war bereits älter, in Schwarz gekleidet und hatte ihren Kopf mit einer bestickten Mantilla bedeckt. Für uns hatte sie keinen Blick. Sie ging auf eine entfernte Betbank zu, um sich dort niederzuknien. An der Seite des Beichtstuhls bewegte sich der Vorhang. Wenig später erschien der Pfarrer und bekam einen ungläubigen Blick, als er uns erkannte. Daß Fremde auf ihn warteten, um zu beichten, das hatte er wohl noch nie erlebt.
Der Abbé ging zu ihm. Beide flüsterten miteinander, und wieder schaffte Bloch es, einen Mann zu überzeugen. Er winkte uns zu.
Suko und ich folgten dem Pfarrer bis zu einer Seitentür in der Nähe des Altars und traten dann in einen kleinen Raum mit gelbweiß gestrichenen Wänden ein, der schlicht eingerichtet war.
Der
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