0887 - Das Horror-Pendel
Gestalten aus dem Dunkel erscheinen und mußte schließlich eine Tür öffnen, die ihn in einen größeren Raum führte.
Er war mehreckig angelegt, und Harry wunderte sich über den Mann, der rechts neben der Tür auf einem Hocker saß. Er trug einen Pullover und Jeans, las in einem Magazin, schaute hoch und sagte erst mal nichts.
Harry blieb stehen. Er drehte sich und schaute sich dabei um.
Den Schrecken sah er nicht, dafür eine andere Tür, die der ersten gegenüberlag. Dort ging es weiter.
Da der Mann sich nicht geäußert hatte, wollte Harry auf die Tür zugehen, doch da wurde der Knabe lebendig. »He, noch nicht!«
Harry blieb stehen. »Wieso?«
»Sie müssen erst noch warten.«
»Auf was denn?«
»Werden Sie schon sehen.«
»Gut, wie Sie meinen.«
Es wurde wieder still. Der Aufpasser blätterte um. Harry empfand das dabei entstehende Knistern als überlaut, und ebenso laut nahm er die Stimme wahr, die plötzlich auf ihn eindröhnte und mit einem scharfen Lachen begann.
Der Mann las Zeitung, er rauchte jetzt auch und achtete nicht auf die Worte, die er kannte.
Harry mußte über den Text lächeln. Ihm wurde versprochen, daß es ab jetzt kein Entrinnen mehr gab, denn der Fahrstuhl in die Hölle wartete bereits auf ihn.
Sehen konnte er ihn nicht. Es dauerte noch eine Weile, bis die Stimme zum Schluß gekommen war. Natürlich endeten die bösen Worte wieder mit einem Lachen.
»Und jetzt?« wandte sich Harry an den Aufpasser.
»Können Sie gehen.«
»Durch die Tür?«
»Ja.«
»Und dann?«
Der Mann verdrehte die Augen. »Haben Sie nicht zugehört? Sie werden den Fahrstuhl zur Hölle betreten.«
Harry zeigte ein Grinsen. »Und Sie kommen dann, um mich aus der Hölle zu retten?«
»Nein, ich lasse Sie verrotten.«
»Danke, ich schicke Ihnen dann eine Karte.«
Der Knabe vertrug keine weiteren Spaß mehr. Er hatte sich wieder in seinen Lesestoff vertieft. Harry Stahl schritt über die Holzbohlen auf die gegenüberliegende Tür zu, die hinter der der Fahrstuhl zur Hölle liegen sollte.
Die Tür sah wirklich so aus, als würde sie in ein Verlies führen, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. Harry Stahl betrat ein düsteres Viereck, eine unheimliche Kammer mit einem unebenen Boden, der aus Wellen bestand. Eine Steinimitation, allerdings etwas weich und nachgiebig, wie es nur Kunststoff sein konnte.
Es sollte tatsächlich ein Fahrstuhl sein. Zumindest einer der älteren Generation. Harry sah auch eine Leiste, auf der die einzelnen Stockwerke in Form von Zahlen abgebildet worden waren. Es ging bis zur Zahl 500. Da also lag die Hölle.
Er schmunzelte und hörte plötzlich die Stimme, die ihn begrüßte.
Es war dieselbe wie im Vorraum, das Band lief weiter, und diesmal klang sie nur höhnisch und triumphierend. Sie erklärte Harry, daß es kein Entrinnen mehr für ihn gab, daß alle Gesetze der Physik aufgehoben waren und ausschließlich die Hölle regierte. Ihm wurde noch eine gute Reise in die Verdammnis gewünscht, dann ging es los.
Das Licht fing an zu flackern, der Boden vibrierte, und das Zittern übertrug sich auch auf den wartenden Mann. Über sich sah er eine gut nachgemachte Steindecke, die so aussah, als würde sie jeden Augenblick herunterkommen.
Durch rasch vorbeilaufende Bilder an den Seiten – sie wischten von unten nach oben davon, sollte der Gefangene das Gefühl bekommen, in die Tiefe zu rasen, und die Zahlen leuchteten in rascher Folge auf: vierzig, fünfzig, sechzig…
Tiefer und tiefer ging es.
Die schaurige Stimme begleitete die Reise in die Tiefe. Harry achtete nicht auf die Worte. Seine Gedanken drehten sich um ganz andere Dinge. Sie beschäftigten sich mit den verschwundenen Personen. Er konnte sich sogar vorstellen, daß sie haargenau in diesem Verlies hier verschwunden waren, aber er sah nicht, auf welche Art und Weise das geschehen konnte.
Oder würde nichts passieren?
Die Stimme überschlug sich plötzlich. Sie sprach davon, daß das Seil gerissen und damit die letzte Chance vorbei war. Jetzt gab es keine Rettung mehr. Die Hölle hatte ihre Pforte geöffnet und zerrte den Menschen in ihr Reich.
Sie rasten!
Gut gemacht, das gab Harry zu. Der Boden zitterte stärker, das Licht flackerte.
Schatten und Helligkeit huschten über die Wände, den Boden und seine Gestalt. Er hatte sich breitbeinig hingestellt, um das Gleichgewicht zu halten.
Der schaukelnde Boden wollte auch ihn erwischen, und er fühlte sich von einer Seite auf die andere geschleudert.
Weiter, noch
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